
Warburg. Der Blick in die Wälder zeigt teilweise ein trauriges Bild. Flächenweise stehen trockene Fichten dicht an dicht. Welche Gefahr bedeutet dieses Totholz für Waldbesucher und müssen sogar Waldwege gesperrt werden? Wie berichtet, hatte Gutsbesitzer Konstantin Freiherr von Wrede aus Sorge um das Wohlergehen der Wanderer und Radfahrer die Wege am Pascheberg in Willebadessen in Teilen seines Privatwaldes kurz vor den Pfingstfesttagen für die Öffentlichkeit gesperrt. Doch ist das auch in weiteren Wäldern möglich und vielleicht sogar nötig?
„Wir sind derzeit noch nicht in der Phase, dass wir Waldwege sperren müssen", sagt Roland Schockemöhle, Leiter des Regionalforstamtes Hochstift. Zwar gebe es auch in dieser Region zahlreiche Totholzflächen, aber eine besondere Gefahr bestehe noch nicht. „Es gilt allerdings immer, dass Waldbesucher vorsichtig sein müssen, aber derzeit gibt es keine weitere besondere Gefährdung in unserer Region", so der Experte.

Dadurch, dass das Hochstift vor allem eine laubbaumreiche Region sei, sei es hier vor Ort auch eine andere Situation als in anderen Gebieten mit mehr Nadelhölzern. Zwar können auch in Laubbäumen Äste faul und trocken sein oder nach Stürmen auf die Wege fallen, doch das seien allgemeinbekannte waldtypische Gefahren. Dazu zählen auch Fahrspuren in Wegen, Reisig im Bestand, Trockenzweige in Baumkronen, herabhängende Äste nach Schneebruch. „Damit müssen Waldbesucher immer rechnen", so Schockemöhle. Auch die Waldbrandgefahr steige bei erhöhter Dürre und vermehrtem Totholz. „Aber auch das sind natürliche Gefahren und jeder Waldbesucher sollte wissen, dass man bei Trockenheit kein Feuer im Wald machen sollte."
Gefahren im Wald
Vor allem jetzt durch den Corona-bedingten Lockdown hätten viele Menschen den Wald neu entdeckt. „Und dabei seine Funktion als Puffer gegen den stressigen Alltag entdeckt", weiß der Forstamtsleiter und betont, dass sich alle dabei sehr diszipliniert verhalten hätten.
Für Fichten gelte, dass sie eine sehr lange Standzeit haben. „Irgendwann werden sie natürlich zusammenbrechen", sagt Schockemöhle, doch das Fichtenäste einfach auf den Weg fallen, sei allein aufgrund ihrer Kronen eher selten. „Es ist eher so, dass Fichten stückchenweise von oben nach unten abbrechen, das hat uns die Erfahrung gezeigt", so der Forstamtsleiter. Demnach rät das Regionalforstamt Hochstift die Waldbesitzer zunächst nicht zu Sperrungen. Schlussendlich müsse das aber jeder Forstbetrieb und Waldbesitzer selbst entscheiden.
Auch die Abholzung ist in jedem Fall individuell zu betrachten. „Der Waldbesitzer hat eine Verkehrssicherungspflicht, daher raten wir, trockene Bäume entlang von Wegen abzuräumen. Sie sind beim nächsten größeren Sturm einfach anfälliger", so Schockemöhle. Doch Bäume im hinteren Bereich können durchaus stehengelassen werden. „Auch das muss jeder Forstbetrieb für sich entscheiden, welche Bestände sich lohnen, abgeholzt zu werden. Das hat finanzielle und ökologische Gründe, der Holzmarkt ist derzeit stark übersättigt", erklärt der Forstamtsleiter.
Schlimm, aber nicht gefährlich
Auf einigen Flächen wachsen bereits neue Bäume. „Da ist es hilfreich, die Bestände stehenzulassen, da es den neuen Pflanzen hilft, wenn der Boden beschattet ist und Restbestände den Wind in Bodennähe brechen", so der Experte. Die Situation sei schlimm, aber derzeit noch nicht gefährlich, fasst Roland Schockemöhle die Situation in den Wäldern zusammen. „Es wird aber unbeständiger werden. Auch wenn es derzeit ein normaler deutscher Sommer ist und es bisher keine größere Dürre wie in den Jahren 2018 und 2019 gibt, die Fichten sterben weiter.
Wie die hiesige Region mit den Problemen im Wald umgeht, darüber haben sich auch kürzlich Förster aus Süddeutschland informiert. Gemeinsam mit den Förstern aus dem Regionalforstamt Hochstift haben sie sich über die Themen Klimawandel, Waldschäden und Wiederbewaldung ausgetauscht. „Wir spüren die Auswirkungen des Klimawandels auch im Südschwarzwald in Baden-Württemberg", so Helge von Gilsa, Leiter des Kreisforstamtes Waldshut.
„Der Borkenkäfer schlägt sogar in unseren Hochlagen zu, die Schäden im Wald werden immer größer." Da die Borkenkäfer-Massenvermehrung in NRW weiter vorangeschritten sei als in Südbaden, blicke man nun über den Tellerrand. So sollten Erkenntnisse für das Krisenmanagement vor Ort gewonnen werden, berichtet der Forstmann und Waldbauexperte aus Baden.
Strategien der Krisenbewältigung
Die Forst-Delegation aus dem „Ländle" erkundigte sich an verschiedenen Exkursionspunkten in Warburg, Lichtenau und dem Waldinformationszentrum Hammerhof nach Strategien in der Krisenbewältigung, dem Umgang mit der Belastungssituation beim Waldbesitz wie Forstpersonal und vor allem unterschiedlichen Methoden der Wiederbewaldung. Auch Themen rund um die Wald-Förderprogramme von Land und Bund wurden besprochen. Insbesondere der Blickwinkel auf Zivilschutz in Waldbrandsituationen, Verkehrssicherungs-Gefährdungen durch dürrstehende Fichten bis hin zu arg in Mitleidenschaft gezogenen Waldwegen wurden von der süddeutschen Kollegenschaft interessiert aufgenommen. Dass es neben den dramatischen Waldbildern auch Hoffnung gibt, zeigt das Beispiel einer Bürgerpflanzaktion aus 2019 im Privatwald in der Nähe von Warburg.
„Wir nehmen viele Anregungen und Tipps mit", bedankt sich von Gilsa. „Jammern bringt nichts", das sei bei den süddeutschen Kolleginnen und Kollegen besonders hängengeblieben. „Gehen Sie weiter zukunftsorientiert und konstruktiv mit der Krisensituation um und arbeiten sie am Wohl des Waldes", gab Schockemöhle den Exkursionsteilnehmerinnen und Teilnehmern mit auf ihren Weg in die Heimat.
INFORMATION
Regionalforstamt Hochstift
Das Regionalforstamt Hochstift – eines von 16 Forstämtern von Wald und Holz NRW – ist forstfachlich zuständig für die Kreise Höxter und Paderborn (244.500 Hektar) mit einem Waldanteil von 30 Prozent (72.600 Hektar). In dieser Region wachsen in Nordrhein-Westfalen die meisten Buchen. Zusammen mit Südniedersachsen und Nordhessen ist es das Buchengebiet in Europa.