Nieheim lebt auf Pump und ist nur durch Millionenkredite zahlungsfähig

Nieheim. Für das alltägliche Leben – Brot und Butter – einen Kredit aufnehmen, weil nichts mehr auf dem Konto ist: Da würde jede Bank bei einer Privatperson kopfschüttelnd ablehnen. Leben auf Pump, keine Dauerlösung. Die chronisch finanzschwache Kommune Nieheim macht gezwungenermaßen genau das: Kassenkredite aufnehmen, um das laufende Geschäft, wie Löhne und Rechnungen noch bezahlen zu können. Die Summen, um die es dabei geht, lassen den Normalbürger schwindlig werden: Zwei kurzfristige Kassenkredite hat Nieheim in diesem Jahr schon aufgenommen, in Höhe von je einer Million Euro. Das berichtete Nieheims Bürgermeister Johannes Schlütz bei der Vorstellung der aktuellen Finanzsituation im Hauptausschuss. Und er machte klar, dass die Situation sogar geschönt ist. Düstere Finanzprognose für Nieheim: &bdquo;Todeszone der Kämmerer“ Hohe Zinsen für kurzfristigen Millionenkredit für Nieheim Den einen Millionenkredit muss Nieheim – nebst Zinsen in Höhe von fast 28.000 Euro – bereits im Dezember zurückzahlen. Den anderen im März. &bdquo;Und wir werden direkt neue aufnehmen müssen, weil es nicht reicht“, kündigte er an. Dass es im Moment nicht noch schlimmer ist, liegt daran, dass die Verwaltung mit vielen geplanten Projekten nicht hinterherkommt. Ein Phänomen, was in vielen Städten und schon seit vielen Jahren zu beobachten ist. &bdquo;Wir bräuchten ein Bauamt mit sechs oder sieben Leuten, um alles abzuarbeiten, was geplant ist“, sagt Schlütz. Es sind in Nieheim nur drei. &bdquo;Es ist zweischneidig. Denn andererseits hilft es der Liquidität, weil wir das Geld nicht ausgeben“, schiebt er hinterher. Das Lächeln dabei wirkt etwas gequält. Viele Vorhaben werden nicht zeitnah umgesetzt 5,9 Millionen Euro wollte Nieheim 2025 für Baumaßnahmen, die der Rat beschlossen hat, ausgeben – aktuell sind es gerade mal 1,9 Millionen Euro geworden. Ein Beispiel: Für den Ausbau von Wirtschafts- und Radwegen waren fast 970.000 Euro vorgesehen, bisher wurden nur 185.000 Euro ausgegeben. Viele Vorhaben, wie der Suhrenweg von Himmighausen und Oeynhausen, werden ins kommende Jahr geschoben. Anderes, wie die Erneuerung von Friedhofswegen, wurde anders und mit Eigenleistung umgesetzt. Gerade 141 von geplanten 5.000 Euro wurden ausgegeben. Peanuts, angesichts der riesigen Fehlbeträge. Deutlicher gespart hat die Stadt beispielsweise bei der Kletterwand der Grundschule und einer Photovoltaikanlage. &bdquo;Aber diese Puls-Zahlen sind schon wieder woanders eingeplant“, sagt Johannes Schlütz. Desolate Finanzlage: Nieheims Streichliste des Grauens Projekt Bauhof-Neubau in Nieheim wird um ein Vielfaches teurer Damit meint der wiedergewählte Bürgermeister nicht die Großprojekte, die in Nieheim neben der Stadthalle anstehen, allen voran der Neubau des Bauhofes, um endlich eine langfristige effiziente Lösung zu finden. 250.000 Euro waren dafür einst vorgesehen. Inzwischen ist klar, dass es um ein Vielfaches teurer werden würde. &bdquo;Wenn wir den Bauhof so bauen, wie wir ihn haben müssen, wird es um mindestens 1,5 Millionen Euro gehen.“ Geld was die Stadt nicht hat, weshalb sie auch dafür schon mal einen &bdquo;hohen Investitionskredit“ ankündigt. Zugleich sucht die Stadt nach Alternativen zum Neubau. &bdquo;Fremdfinanziert“ also mit Bankkrediten, werden auch die Stadthallensanierung und der Neubau weiterer Feuerwehrgerätehäuser. Die Stadtverwaltung hat es mal zusammengerechnet: 6,4 Millionen Euro braucht sie kurz- und mittelfristig als Liquiditätsbedarf für Bauprojekte. Und damit noch mehr Liquiditätskredite, wie Schlütz erklärt. Aufschrei aus Nieheim: Burger ist Beispiel für finanziell dramatische Lage Ein kleiner Lichtblick für die Stadt Ein tropfen auf den heißen Stein: Nieheims Kämmerer Dietmar Becker hat damit gerechnet, dass die Stadt in diesem Jahr rund drei Millionen Euro mehr ausgibt, als sie einnimmt. Ein riesiges Loch. Ganz so schlimm wird es wohl nicht kommen. Denn die Gewerbesteuern werden wohl um etwa 500.000 Euro höher ausfallen als geplant, und bei den Personalkosten werden es wohl 200.000 Euro weniger, weil geplante Stellen nicht besetzt wurden. Macht aber immer noch ein Defizit von gut zwei Millionen Euro. Ist aber nur eine Prognose. Deshalb hat der neu gewählte Stadtrat eine besonders schwere Entscheidung gleich zu Beginn vor der Brust: Wird er, wie geplant, der Erhöhung der Grundsteuer B für Nieheims Hausbesitzer um satte zehn Prozent zustimmen? Die Steuererhöhung – im Jahr 2027 soll es nochmals um zehn Prozent raufgehen – ist teil eines Konsolidierungspaketes für Nieheim.Bis Ende des Jahres werden es die Bürgerinnen und Bürger erfahren.

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