Aus finanzieller Not bricht die Stadt Nieheim ein bisheriges Tabu

Nieheim. Bei Pressegesprächen zum Haushalt wird immer auch ein Foto gemacht. Doch mit der Grafik der explodierenden Schulden in Nieheim wollte sich Nieheims Kämmerer Dietmar Becker nicht abbilden lassen. &bdquo;Die Folie bereitet mir Albträume“, erklärte er. So ganz scherzhaft war das wohl nicht gemeint, denn dass, was auf Nieheim in den nächsten Jahren finanziell zukommt, lässt mit Superlativen kaum beschreiben.“ &bdquo;Das sind gigantische Summen“, sagt Becker. In Zahlen: 30 Millionen Euro Schulden wird die Stadt in den kommenden drei Jahren anhäufen – Ende 2024 war Nieheim gerade mal mit sechs Millionen in den Miesen. Das besonders Fatale: Seit Ende vergangenen Jahres ist so wenig Geld auf dem Konto, dass die Stadt ihre Rechnungen nicht mehr bezahlen kann. Sie musste einen Kassenkredit über eine Million Euro aufnehmen, um beispielsweise den fälligen Abschlag für die Kreisumlage überweisen zu können. Ein Tabubruch. &bdquo;Ein Sakrileg“, nennt es Becker. Denn den Kredit, das weiß er jetzt schon, kann die Stadt nicht so schnell zurückzahlen – im Gegenteil. Bis auf zwölf Millionen Euro sollen die Kassenkredite anwachsen. Jammert der Kämmerer? Eigentlich aber wollten Dietmar Becker und Bürgermeister Johannes Schlütz ihren Plan für das aktuelle Jahr vorstellen. Wirklich berauschend sind die Zahlen aber auch nicht. Und der Kämmerer versuchte auch gar nicht erst, drumherum zu reden. &bdquo;Die Lage ist genauso desaströs wie letztes Jahr.“ Eigentlich ist sie noch schlechter, weil die Rahmenbedingungen noch miserabeler geworden sind. Passend dazu: Wie die Stadt Nieheim den Finanzkollaps verhindern will Er wisse, dass den Kämmerern immer vorgeworfen werde, dass sie gebetsmühlenartig Trübsal blasen und zum Lachen in den Keller gehen. Aber die dramatische Beschreibung der Lage als &bdquo;bedrohlich“ sei keinesfalls übertrieben. Nieheim sei damit keinesfalls allein. Und das ist die Lage: Knapp drei Millionen Euro wird das Defizit der Stadt Nieheim planerisch betragen. Becker gibt zu, dass es eigentlich fast 3,5 Millionen Euro sind, doch er muss unter anderem den sogenannten globalen Minderaufwand offiziell herausrechnen. Während sich die Einnahmeseite mit Grund-, Gewerbe und Einkommenssteuer sowie Schlüsselzuweisungen und einigen Zuschüsse so gut wir gar nicht verändert, steigen die Ausgaben deutlich. Die großen Ausgabeposten Allein die Jugendamtsumlage steigt um 300.000 Euro auf 3,03 Millionen Euro – das sind allein 15 Prozent des gesamten Haushalts. &bdquo;Das sind Wachstumsraten, die können wir nicht kompensieren“, klagt Becker. Weitere knapp 20 Prozent gehen für die Kreisumlage drauf. Und dass die Personalkosten bei 6,1 Millionen Euro (31 Prozent des Haushaltes) verharren, liegt allein daran, dass ein paar Mitarbeiter seit Januar offiziell über den städtischen Eigenbetrieb (VEIB) laufen. Allein diese drei Positionen machen zwei Drittel der Gesamtausgaben aus. Hoffnung, den Trend aus eigener Kraft umzukehren, gibt es in Nieheim nicht. Irgendwann wird die Stadt die Notlage ausrufen und ein Haushaltssicherungskonzept aufstellen müssen. Warum also nicht gleich den bitteren Weg gehen? Keine Option für Becker und Schlütz. &bdquo;Das hieße, sich aus Angst vor dem Tod zu erschießen. Dann würde nicht mehr diskutiert, dann würden alle freiwilligen Leistungen gestrichen“, sagt Becker. Als Beispiel nennt er, dass sofort das Schwimmbad geschlossen würde. Was wird trotzdem in Nieheim gemacht? An dieser Stelle würde normalerweise eine Auflistung von Investitionen, die die Stadt trotzdem in Angriff nimmt, weil sie dafür Fördergeld bekommt. Viel ist es aber nicht, weil die Stadt noch viele Maßnahmen aus dem Jahr 2024 vor sich herschiebt. &bdquo;Das reicht eigentlich fürs ganze Jahr“, sagt Becker. 705.000 Euro für den Endausbau &bdquo;Am Park“ in Nieheim – das bezahlen aber weitgehend die Anwohner. Lesen Sie auch: Düstere Finanzprognose für Nieheim: &bdquo;Todeszone der Kämmerer“ Und die Rad- und Wanderwegsanierung von Himmighausen nach Oeynhausen für gut 580.000 Euro kommt auch nur, wenn es eine hohe Förderung gibt. Vergleichsweise viel Geld gibt es für die Feuerwehr: 380.000 Euro für zwei neue Fahrzeuge Schutzausrüstung und mehr. Auch der Bauhof bekommt ein neues Fahrzeug und die Grundschule eine neue Kletterwand und einen Outdoorkicker. Die größten Investitionen gibt es im Abwasserbereich: 1,5 Millionen Euro kostet der Neubau des Belebungs- und Nachklärbecken. Auch ein neuer zentraler Hochbehälter muss gebaut werden – die Gesamtkosten liegen bei 3,3 Millionen Euro – in diesem Jahr werden davon 350.000 Euro fällig. Kosten, für die die Wasser- und Abwassergebühren in den kommenden Jahren steigen werden.

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