Windkraft: Spielt Nieheim mit dem Geld der Steuerzahler?

Nieheim. Soll sich Nieheim an Windkraftprojekten direkt mit eigenem Geld beteiligen? Auf der Seite der Chancen steht vor allem ein Punkt: zusätzliche Einnahmen für die klamme Stadtkasse. Und die braucht Nieheim dringend, zumal andere Geldquellen kaum in Sicht sind. Auf der Seite der Risiken zählte Nieheims Bürgermeister Johannes Schlütz im jüngsten Haupt- und Finanzausschuss gleich neun größere Gefahren auf, die das Geschäft zum Verlust machen könnten – vom Realisierungsrisiko über Erlösrisiko bis hin zum Insolvenzrisiko reichte die Liste. Und dass sie längst nicht abschließend ist, beweist das &bdquo;etc.“ am Ende. Trotz der Gefahren ist Johannes Schlütz bekanntermaßen großer Verfechter einer direkten Beteiligung an Windrädern, wie es beispielsweise auch die Nachbarstadt Marienmünster macht. Seit Jahren treibt er die Diskussion darum voran und möchte nun auch eine Entscheidung vom Rat. Nieheims Stadtrat ist noch nicht bereit für eine Entscheidung Die Ratsmitglieder zeigten sich mehrheitlich zwar grundsätzlich aufgeschlossen, fühlen sich jedoch noch nicht bereit für ein endgültiges Votum. Nicht nur der CDU-Fraktionsvorsitzende Elmar Kleine pochte mehrfach darauf, erst konkrete Zahlen sehen zu wollen. Auch nachprüfbare Prognosen und Gutachten wurden eingefordert. All das soll von den Projektierern in den kommenden Wochen geliefert werden. Lesen Sie auch: Nieheim legt Flächen für Windräder fest - 880 Hektar in sechs Arealen Dabei wäre die grobe Richtung schon klar, wie Schlütz in seiner Präsentation vorstellte. Denn so viele Beteiligungsmöglichkeiten hat die Stadt in Wirklichkeit gar nicht. Ein vertraglich gesichertes Beteiligungsrecht hat sie nur am Windpark Oeynhausen, wo elf Anlagen entstehen sollen, sowie am Windpark Sommersell, wo auf Nieheimer Seite bisher drei Anlagen genehmigt sind und vier weitere derzeit geplant seien, so Schlütz. Auf Bredenborner Gebiet kommen drei weitere Anlagen dazu. Um es noch etwas komplizierter zu machen: Im Windpark Merlsheim-Reelsen mit drei Anlagen hat die Stadt eine zehnprozentige Anteilsmöglichkeit ausgehandelt. 1,35 Millionen Euro für Beteiligung an Windrädern Das Beteiligungsrecht hat die Stadt, weil sie teilweise selbst Flächeneigentümerin ist. Will sie es in vollem Umfang nutzen, muss sie einen entsprechenden Eigenanteil aufbringen. Insgesamt 1,35 Millionen Euro, rechnete Schlütz vor. Geld, das die Stadt freilich nicht hat. Sie müsste einen Kredit aufnehmen. Windkraft: Heimatpfleger sieht massive Bedrohung für den Kreis Höxter Will man das überhaupt? Eine wichtige Frage, zu der CDU-Ratsherr Johannes Kros die Grundsatzdebatte fehlt. &bdquo;Wir spielen und arbeiten hier mit geliehenem Geld“, warnte er denn das Risiko, wenn es schief geht, würden alle, also die Nieheimer Steuerzahler, tragen. &bdquo;Da sehe ich die große Gefahr.“ Zuerst müsse die grundsätzliche Entscheidung diskutiert und gefällt werden, mahnte Kros, der zugleich bekannte, selbst an Windkraftprojekten beteiligt zu sein, und es &bdquo;immer wieder tun würde“. Ratsmitglieder sehen noch viel Klärungsbedarf Auch die anderen Ratsmitglieder sahen noch viel Klärungsbedarf. Die vom Bürgermeister präsentierte Beschlussvorlage ging den Parteien unisono zu weit. Der Gründung einer stadteigenen Windprojekt GmbH wollten sie noch nicht zustimmen, ebenso wenig erteilten sie der Aufnahme des Millionenkredits eine Zusage. Beides soll die Stadt aber schon mal – unverbindlich – vorbereiten, bevor der Rat anhand konkreter Zahlen zu Kosten und Gewinnprognosen entscheiden wird. Viel Zeit lassen können sich die Lokalpolitiker allerdings nicht – denn bis auf Merlsheim-Reelsen sind alle Projekte schon genehmigt und beginnen bald die Umsetzungsphase. Als Zeithorizont gab Johannes Schlütz vor, dass sich die Stadt bis spätesten Ende März entscheiden müsse. Er betonte auch, dass sich diese Beteiligungschance wahrscheinlich nicht so schnell wieder biete. Bürgermeister erklärt den &bdquo;schlimmsten Fall“ Auch andere größere Einnahmequellen seien derzeit nicht in Sicht, erklärte der Bürgermeister. Auch wenn er selbst viele Risiken dieses Geschäfts aufzählte, glaubt er fest daran, dass die Stadt langfristig zumindest nicht draufzahlen wird. &bdquo;Bei realistischer Betrachtungsweise ist das Risiko einer Beteiligung an Windkraftanlagen im annehmbar schlimmsten Fall darauf beschränkt, dass man zwar keinen Gewinn aus der Beteiligung erzielt, aber dennoch einen für die Aufbringung des Eigenanteils aufgenommenen Kredit aus den Kapitalrückflüssen vollständig zurückzahlen kann“, so Schlütz in der Sitzungsvorlage für den Rat. Lesen Sie auch: Marienmünster will Windrad in Nieheim bauen Er glaubt aber fest an einen guten Gewinn, räumt aber ein, dass man erst am Ende der Projektlaufzeit nach 20 Jahren wisse, wie hoch er wirklich ausfällt. Große Erlöse könne die Stadt zudem erst nach einigen Jahren erwarten. &bdquo;Das werden wir wohl im Stadtrat nicht mehr erleben“, so Schlütz. Es wäre also eine langfristige Investition. Nur einer stimmt dagegen Am Ende stimmte nur CDU-Ratsherr Simon Rieks aus grundsätzlichen Erwägungen dagegen, dass Nieheim weiter an einer direkten Windkraftbeteiligung arbeitet. Aus seiner Sicht seien die kreditfinanzierten Risiken, für die im Ernstfall der Steuerzahler haften muss, zu groß.

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