Politische Urgesteine aus dem Kreis Höxter: „Ich lebe hier, hier will ich gestalten“

Kreis Höxter. Die Stimmzettel sind ausgezählt, acht von zehn Bürgermeistern sowie die Vertreterinnen und Vertreter der Stadträte sind gewählt. Bekannte Namen mischen sich in den Gremien mit Neulingen. Doch manch ein politisches Urgestein zwischen Bad Driburg und Höxter, zwischen Steinheim und Warburg taucht in den neu gewählten Parlamenten gar nicht mehr auf. Nach teils Jahrzehnte langem ehrenamtlichen Engagement für die Stadt und/oder den Kreis. &bdquo;Nach 31 Jahren darf man aufhören“, sagt Günther Ludwig, noch Fraktionsvorsitzender der CDU im Höxteraner Stadtrat. Im September 1994 sei er &bdquo;eingestiegen“. &bdquo;Klaus Behrens war damals noch ehrenamtlicher Bürgermeister“, erinnert er sich. Bürgermeister kamen und gingen. &bdquo;Dann kam Hecker zehn Jahre, dann Fischer zehn Jahre, dann Hartmann. Und da sind wir jetzt“, rekapituliert Ludwig. Er war immer da. Mit 69 Jahren und 31 Jahren im politischen Amt habe er gemeinsam mit der Familie entschieden, dass es reicht. Komisch sei es trotzdem gewesen, nicht mehr auf dem Wahlzettel zu stehen. &bdquo;Zu sagen, das ginge spurlos vorbei, wäre nicht aufrichtig“, sagt der Christdemokrat. Im November wird der ehemalige Polizist bei der konstituierenden Sitzung des neuen Stadtrats verabschiedet werden. Zum Nachlesen: Der Live-Ticker zur Kommunalwahl im Kreis Höxter CDU-Chef in Höxter macht Platz frei für Jüngere Er freut sich auf eine neue Rolle: die des Zuschauers in der zweiten Reihe. Er wolle die Politik verfolgen, sich aber nicht einmischen. &bdquo;Die, die jetzt kommen, die können das auch“, ist der Ovenhäuser überzeugt. Und er persönlich hätte es auch nicht gemocht, ständig Ratschläge von Ehemaligen zu erhalten. Schaut er zurück, ist er besonders auf die Landesgartenschau 2023 stolz. &bdquo;Das war sicher die ganz herausragende Sache“, sagt Ludwig. Doch auch, dass &bdquo;auf der letzten Rille“ noch der Radweg zwischen Ovenhausen und Bosseborn, &bdquo;den wir uns so, so gewünscht haben“, angestoßen wurde, mache ihn froh. Lesen Sie auch: Neuer Bürgerradweg bei Höxter: Weitere 730 Meter für Radfahrer Mit Günther Ludwig geht zum Beispiel auch Stellvertreterin Karin Wittrock, die erstmals 2004 als Ratskandidatin aufgestellt wurde. Auch Hans-Josef Held, SPD-Urgestein, Bundesverdienstkreuzträger und stellvertretender Bürgermeister, ist nicht mehr Teil des neuen Stadtrates. Politik-Urgestein aus Borgentreich fürchtet keine Langeweile Wie Günther Ludwig war auch Franz-Josef Wegener 31 Jahre lang Ratsmitglied in Borgentreich, dazu elf Jahre Ortsvorsteher von Borgholz. Ein paar Sitzungen noch, dann winkt der lokalpolitische Ruhestand. Angst vor Ruhe kennt der ehemalige Sozialdemokrat und Mitbegründer der UWB nicht. Als Kriminalpolizist hatte er einen spannenden Job, dazu viele Hobbys wie Jagen, Laufen und Radfahren, einen großen Garten und seit zehn Monaten Enkeltochter Malina: &bdquo;Langeweile habe ich noch nie gehabt.“ Stattdessen Gestaltungswillen. Allein in Borgholz schüttelt er einige wichtige Projekte aus dem Ärmel. Vom ausgebauten Ortskern über Glasfaser und Bushaltestellen bis hin zur teilsanierten Dorfhalle. Es ist offensichtlich: Die Politik treibt ihn weiter um. Viele anstehende Projekte – und vor allem die Kosten – bereiten ihm Bauchschmerzen. Auch warnt Wegener vor dem Irrglauben, mit Windkraft die Stadtfinanzen sanieren zu können. Ganz abgesehen davon, dass es ihm zu viele Windräder werden. &bdquo;130 Anträge nur für das Stadtgebeit Borgentreich“, konstatiert er, &bdquo;das verändert unsere Umwelt und unsere Natur“. Herausforderungen, vor denen künftig andere stehen. Zum Thema: Wird die ganze Windkraft-Planung im Kreis Höxter jetzt ad absurdum geführt? Grünen-Politiker sitzt seit 40 Jahren im Beverunger Rat Seinen Nachfolgerinnen und Nachfolgern bei der UWB will er &bdquo;etliche Tipps“ mit auf den Weg geben, und sie &bdquo;so lange nicht allein lassen“, bis sie &bdquo;das Laufen lernt“. Dabei kann die Wählergemeinschaft sich über Erfolge bei der Kommunalwahl freuen. &bdquo;Wir haben einen Sitz dazugewonnen“, konstatiert Wegener, leider jedoch sei das Direktmandat in Borgholz knapp an die CDU gefallen, die nun das Vorschlagsrecht für den Ortsausschussvorsitzenden habe. Auch interessant: Beverungen: CDU bleibt die stärkste Kraft im Rat 31 Jahre im Rat hat Gisbert Bläsing von den Grünen in Beverungen schon lange voll. Der 77-Jährige ist seit vier Jahrzehnten Ratsmitglied und hat davor bereits im Bezirksausschuss mitgewirkt. &bdquo;Mir ging es immer um Beverungen“, erklärt Bläsing: &bdquo;Ich lebe hier, ich wohne hier, hier will ich gestalten und das nicht anderen überlassen.“ 1984 zogen die Grünen in den Beverunger Stadtrat ein. &bdquo;Wir waren zu zweit und ganz was Neues“, erinnert sich Bläsing. Seine Partei holte damals &bdquo;Fünf-komma-und“ Prozent. Seitdem hat er Höhen und Tiefen erlebt. Mehr als 16 Prozent 2020 – bei dieser Kommunalwahl nur rund die Hälfte. Schimpf, Schande und ein Drohanruf Bläsing, ein leidenschaftlicher Demokrat, akzeptiert den Wählerwillen. Doch den leidenschaftlichen Beverunger in ihm ärgert es, dass Menschen in den neuen Stadtrat eingezogen sind, die &bdquo;soweit ich das überblicken kann, noch gar nichts für Beverungen getan haben“. Er selbst hat sich aus Altersgründen entschieden, nicht erneut zur Wahl anzutreten. &bdquo;Obwohl es mir immer noch Spaß macht“, sagt er und lässt die Tür so vielleicht ein Millimeterchen weit auf. Werde er gefragt, helfe er, springe er ein, versichert Bläsing. In den vielen Jahren in der Lokalpolitik hat Bläsing gelernt, worauf es ankommt. Ein dickes Fell ist notwendig, um politischen, aber auch persönlichen Gegenwind aushalten zu können. &bdquo;Zwei, drei Mal wurde ich derbe beschimpft“, erinnert er sich, von Rechtsextremen auf der Straße als &bdquo;Scheiß-Grüner“ tituliert. In den 80ern drohte mal einer am Telefon, sein Haus anzuzünden. &bdquo;Da habe ich abends eine Extra-Runde ums Haus gedreht“, erinnert er sich. Und doch kann Bläsing sich kaum halten, wenn es um das Positive geht, was in der Stadt erreicht wurde. Hallenbad, Freibad, &bdquo;ein Glückstreffer war die Stadthalle“, die Schulen, die ganze Infrastruktur mit den Straßen – &bdquo;auch wenn hier noch einiges zu tun ist“ -, die Dorfentwicklung. Lesen Sie auch: Rohbau für neues Hallenbad in Beverungen ist bald fertig Amt bietet die Chance, Menschen kennenzulernen Ein anderer, der aus dem Beverunger Gremium ausscheidet, ist Roger van Heynsbergen (SPD), der auch 21 Jahre auf dem lokalpolitischen Buckel hat. Ab 2009 war er auch stellvertretender Bürgermeister in der Weserstadt. Genauso wie Detlef Gehle es in Bad Driburg war. Der SPD-Politiker genoss, wie er schreibt, besonders Haus- und Seniorenheimbesuche im Amt. &bdquo;Die Gespräche vor Ort wurden von persönlichen Lebensgeschichten und Schicksalen der Senioren, Angelegenheiten der Gemeinde, der Bundespolitik, bis hin zu den großen Themen der Welt geprägt“, erinnert sich Gehle. &bdquo;Oftmals waren es auch persönliche Geschichten von Kriegserlebnissen der Menschen, deren Körper und Seele von schwerer Arbeit und traumatischen Erlebnissen gezeichnet war“, rekapituliert Gehle die ergreifenden Geschichten. In Bad Driburg sagt außerdem beispielsweise Petra Flemming-Schmidt adieu, seit 2004 im Stadtrat und noch länger in der ÖDP.

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