Schlussstrich für ehemaliges Bordell in Höxter

Höxter-Lütmarsen. Früher wurde hier fröhlich gefeiert – und manchmal sicherlich auch mehr, mag man den Geschichten glauben, die sich in Höxter erzählt werden. Doch inzwischen ist die ehemalige &bdquo;Oase“ an der Landesstraße 755 ein störender Schandfleck. Seit Jahren versuchen Kreis und Stadt, ihn zu beseitigen. Nun endlich könnte Bewegung in die Sache kommen. Anfang der 1970er-Jahre gegründet, war die &bdquo;Oase“ eine sehr beliebte Tanzbar. Ein Nachtclub, der auch Besucher aus der weiteren Umgebung anlockte. Später verkam das Etablissement, im Obergeschoss richtete der Besitzer einen nicht offiziellen Puff ein, Polizeieinsätze, Gerichtsverhandlungen und mehrere Namensänderungen folgten. 1994 brannte es schließlich. Das Anwesen rottete in der Folge vor sich hin, bis es Ende Mai 2022 durch einen Tornado so schwer beschädigt wurde, dass die Stadt es aus Sicherheitsgründen umgehend einreißen ließ. Insbesondere zum Schutz für Kinder, die die Bauruine möglicherweise zum Spielen genutzt hätten. Nach Bordell-Abriss: Was passiert mit dem Schutt am Rande von Höxter? Amtsgericht Höxter ordnet Zwangsversteigerung an Der Schutthaufen am Ortsausgang Richtung Ovenhausen ist den Verantwortlichen, aber auch den Anwohnern seitdem ein Dorn im Auge. Doch alle Versuche, den Grundstücksbesitzer zu erreichen, um ihn zum Beseitigen des riesigen Müllbergs zu bewegen, seien erfolglos gewesen. Deshalb verfügte das Amtsgericht Höxter jetzt als letztes Mittel die Zwangsversteigerung des kompletten Areals inklusive des Schutthaufens. Ein Verfahren, was übrigens schon vor dem Abriss angestrengt wurde, wie aus einem Gutachten des Höxteraner Architekten und Sachverständigen Andreas Böhl hervorgeht, das im offiziellen Zwangsversteigerungsportal zu finden ist. Schuttberg wird zum Problem Der Gutachter lässt kaum ein gutes Haar an dem Areal, das insgesamt vier teils sehr kleine Grundstücke umfasst und auf dem sich die Natur langsam zurückholt, was ihr einst gehörte. Der bereits stark überwucherte Schutthaufen stelle das größte Problem, denn er sei völlig unsortiert. Er bestehe, so Böhl, überwiegend aus Mauerwerk und Holzbauteilen, aber auch Möbelresten und Badausstattung, Bitumen-Wellpappe und wohl auch einem Öltank. Dass alles getrennt entsorgt werden muss, erhöht den finanziellen Aufwand. &bdquo;Bereits bei einer überschläglichen Kalkulation wird schnell klar, dass die Kosten der Räumung des ehemaligen Gebäudes den Bodenwert des gesamten Grundstücks übersteigen würden“, schreibt der Gutachter in seiner Analyse. Hohe Kosten für die Räumung des Areals Und das untermauert er in dem 27-seitigen Werk auch mit vielen Zahlen: Rund 16.200 Euro sei das zusammengefasst 1.635 Quadratmeter große Areal wert. Der Abriss hingegen, so schätzen zwei regionale Abfallentsorger, die sich den Schandfleck angeschaut haben, würde rund 49.000 Euro kosten – inklusive rund 10.000 Euro für den Sondermüll. Allerdings eine überschlägige und unverbindliche Kalkulation, wie Böhl einräumt. Und weit über ein Jahr alt, denn das Gutachten sich schon seit April vergangenen Jahres fertig. Und der Versteigerungsvermerk steht auch schon seit Ende letzten Jahres im Grundbuch. Termin für Versteigerung steht endlich fest Aber erst jetzt hat das Amtsgericht Höxter einen Zwangsversteigerungstermin festgesetzt – und zwar auf Freitag, 31. Oktober, 9.30 Uhr. Weil die Räumungskosten den Wert bei weitem übersteigen, hat Böhl den symbolischen Verkehrswert auf einen Euro festgelegt. Dennoch geht der Experte nicht davon aus, dass es ein großes Interesse an dem Grundstück gibt. Denn es liegt im Außenbereich und könne deshalb nur landwirtschaftlich genutzt werden. Die Zulässigkeit einer baulichen Nutzung sei ausschließlich für &bdquo;privilegierte“ Vorhaben durch land-, forst- oder gartenbauliche Betriebe sowie Betriebe der Energiewirtschaft möglich. Als Beispiel nennt der Gutachter eine Maschinenhalle. Und selbst das scheint kompliziert, denn eine solche Nutzung müsse wegen der Nähe zur Landesstraße 755 mit dem Landesbetrieb Straßen abgestimmt werden. Für eine Weidenutzung erscheine die Fläche ebenfalls als unbrauchbar, weil die Wiese teilweise geschottert ist. Deshalb sei eine Vermarktung &bdquo;außerordentlich schwierig“. Trotz des symbolischen Kaufpreises. Will die Stadt das ehemalige Bordellgelände kaufen? Und so kommt der Architekt zu dem Schluss: &bdquo;Als wahrscheinlichster Kaufinteressent kommt hier die öffentliche Hand in Person der Stadt Höxter in Frage, die Interesse haben sollte, den ,Schandfleck’ am Ortsausgang/Eingang von Lütmarsen zu bereinigen.“ Die Stadt Höxter wurde allerdings vom Zwangsversteigerungstermin des Amtsgerichts überrascht, wie Bürgermeister Daniel Hartmann im Gespräch mit der Neuen Westfälischen erklärte. Natürlich würde jetzt umgehend geprüft, ob eine Ersteigerung durch die Stadt infrage kommt, so Hartmann. &bdquo;Der Schutthaufen ist mir, den Lütmarsern und allen, die daran vorbeifahren müssen, seit langem ein Dorn im Auge. Ich bin froh, wenn jetzt endlich Bewegung in die Sache kommt“, so der Verwaltungschef in einer ersten Reaktion. Gibt es am 31. Oktober tatsächlich mehrere Bieter, könnte der Kaufpreis für die Stadt deutlich höher ausfallen. Mit der Zwangsversteigerung wird wohl das letzte Kapitel des ehemaligen Bordells zu Ende gehen. Gebaut wurde das Hauptgebäude als Wohnhaus um das Jahr 1930. Anfang der 1970er-Jahre machte ein gebürtiger Bosseborner daraus einen Gaststättenbetrieb und eine Tanzbar &bdquo;Oase“, der sich zu einem Nachtclub entwickelte. Tornado in Höxter: Ehemaliges Bordell wird nach Sturmschäden abgerissen Einst sangen hier Juliane Werding und Reinhard Mey Ein Lütmarser Zeitzeuge, der als Jugendlicher selbst die Tanzbar besucht hatte, beschreibt die Atmosphäre im ehemaligen Nachtclub so: &bdquo;Es hatte schon etwas Mystisches. Es war ein dunkler Schuppen mit dunklen Wänden, die mit Bildern wie Palmen und Ähnlichem verziert waren und von Neonlicht angestrahlt wurden“, führte der Zeitzeuge aus. Die deutsche Sängerin Juliane Werding war hier Anfang der 1970er-Jahre zu Gast, doch ihre melancholischen und düsteren Lieder sollen beim feiernden Publikum nicht so gut angekommen sein. Sie wurde ausgepfiffen. Auch Sänger Reinhard Mey gehörte zu den Künstlern, die in der Oase auftraten. Wohl aus Geldnot vermietete der neue, junge Betreiber ab Mitte der 1970er-Jahre die obere Etage des zweistöckigen Gebäudes an Prostituierte. Zwei bis drei Frauen sollen dort ihr Geschäft verrichtet haben – allerdings nicht offiziell. Ältere Männer mit &bdquo;dicker Geldbörse“ hätten sich gerne heimlich nach oben geschlichen, erinnert sich ein Zeitzeuge. Noch heute wird das Anwesen in Höxter deshalb als &bdquo;ehemaliger Puff“ bezeichnet. Brand besiegelt das Ende des Nachtclubs bei Höxter Mit dem Lokal ging es weiter bergab. Die Polizei musste immer wieder anrücken. Drogenkonsum und die wiederholte Verletzung des Jugendschutzgesetzes und sogar Schüsse eines betrunkenen Jägers sollen unter anderem die Anlässe für Polizeieinsätze gewesen sein. Der Name wechselte in der Folge häufiger – der schlechte Ruf blieb. Von &bdquo;Oase“ wandelte sich der Name zu &bdquo;Club Savoy“ und zu &bdquo;Bellami“. Ende der 1980er-Jahre gab der Betreiber den Nachtclub auf und ging nach Holland. Am 10. Mai 1994 brannte es schließlich im hinteren Bereich des Clubs, wo sich ein Wohnwagen und ein Holzstapel befanden. Das Feuer sprang zwar auf das Gebäude über, konnte aber von der Feuerwehr gerettet werden. Allerdings rottete es in der Folge 30 Jahre vor sich hin, wechselte den Besitzer, den weder Gericht noch Gutachter oder Behörden bis heute ausfindig machen konnten. &bdquo;Die Einschreiben wurden als nicht zustellbar zurückgesandt, der Eigentümer hat sich auch auf die Einwurf-Briefe nicht gemeldet“, berichtet Gutachter Böhl. Nun soll er das Anwesen verlieren. .responsive23-jl5O70twwgPnTaWf-map-20251208-bordell-hoexter { width: 100%; padding-top: 100%; } @media (max-width: 600px) { .responsive23-jl5O70twwgPnTaWf-map-20251208-bordell-hoexter { padding-top: 100%; } } @media (max-width: 360px) { .responsive23-jl5O70twwgPnTaWf-map-20251208-bordell-hoexter { padding-top: 142.86%; } }

Meistgelesen