Buntes Festwochenende

Nach Tornado: Höxteraner Ortschaft feiert ihr 1.200-jähriges Bestehen

Mit tausenden Besuchern will Lütmarsen sein 1.200-jähriges Bestehen feiern. Die lange Vorbereitung hat sich gelohnt, denn es gibt viel zu erleben.

Die idyllisch gelegene Ortschaft Lütmarsen wurde vor 1.200 Jahren erstmals schriftlich erwähnt. Das will die Ortschaft jetzt mit tausenden Gästen groß feiern. Fotos: Privat | © Privat

15.04.2023 | 15.04.2023, 14:44

Höxter-Lütmarsen. Sie sind merklich stolz auf ihre Geschichte, das spürt man in Lütmarsen an jeder Ecke. Immerhin wurde von hier einst die Verteidigung der großen Corveyer Abtei organisiert. So viel geschichtliche Bedeutung muss gebührend gefeiert werden – auch, um das Tornado-Drama des vergangenen Jahres vergessen zu machen. Zumal die Planungen des mehr als 80-köpfigen Teams für das große Jubiläumsfest zur ersten Erwähnung des Dorfes vor 1.200 Jahren schon lange im Gange waren, bevor der zerstörerische Sturm über die Ortschaft hereinbrach.

Nun aber gilt es. Besucher aus nah und fern werden am 29. und 30. April zu dem Jubiläumsfest erwartet. „Freuen dürfen sich unsere Besucher auf ein Wochenende mit einmaligem Programm“, verspricht Martin Sagel, der 1. Vorsitzende des Heimatverein. „Neben dem großen historischen Markt werden die Besucher viel Altertümliches sehen“, so Sagel weiter. Das gesamte Festgelände wird aufwendig umgestaltet, alles Moderne soll verdeckt sein, um den Besuchern das Eintauchen in eine andere Zeit zu ermöglichen.

Die Vorbereitungen laufen in 29 Arbeitsgruppen schon seit Monaten. So wurden eine große Freilichtbühne, Zugbrücke, Eingangsportal mit Wehrtürmen, viele Verkaufsstände und allerlei mehr erstellt. Lütmarserinnen und Lütmarser haben sich im Vorfeld historische Kleidungsstücke ausgeliehen und machen die Zeitreise noch einmal authentischer.

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Großer historischer Markt

Um 12 Uhr eröffnet an beiden Tagen der große historische Markt. Hier werden allerlei Waren angeboten und vor allem Historisches gezeigt. Neben altem Schmiedehandwerk, einer Seilerei, Spinnerei, Holz- und Drechselarbeiten, Imkerei, historischen Maschinen und vielem mehr wird den Besuchern auch Kulinarisch einiges geboten. Vom geräucherten Fisch bis hin zur Spanferkelbraterei gibt es vieles zu verköstigen.

In alter Bauern- und Arbeiterkluft werden viele Lütmarser auf dem Fest unterwegs sein. - © Privat
In alter Bauern- und Arbeiterkluft werden viele Lütmarser auf dem Fest unterwegs sein. | © Privat

Die kleinen Besucher kommen auch auf ihre Kosten. Ein sehr großes Kinderanimationsprogramm sorgt für abwechslungsreiche Unterhaltung und beinhaltet auch einen Streichelzoo und Ponyreiten.

Der Eintritt ist tagsüber frei. Circa 120 Lütmarser Bürgerinnen und Bürger werden zum Fest historische Kleidungsstücke tragen und so dem Besucher das Eintauchen in längst vergangene Epochen ermöglichen.

Einmaliges Bühnenstück

Ein Bühnenstück, aufgeführt von 30 Lütmarsern und mit echten Ziegen, ist eines der Highlights des Festes. Die Idee dazu hatte der Lütmarser Karl-Josef Kruse. Er hat auf Basis historischer Überlieferungen und Gegebenheiten das Stück als Autor verfasst. Bemerkenswert: An einer Aufführung wird auch Höxters Bürgermeister Daniel Hartmann eine Gastrolle übernehmen. Er spielt, na klar, den Bürgermeister von einst.

Letzte Proben noch ohne Kostüme: Kerstin Köhne (v. l.), Karl-Josef Kruse, Paul Kreimeier und Steffen Kreimeier. - © Privat
Letzte Proben noch ohne Kostüme: Kerstin Köhne (v. l.), Karl-Josef Kruse, Paul Kreimeier und Steffen Kreimeier. | © Privat

Den Schauspieler zur Seite stand der Lütmarser Künstler Günther Niedzballa, der das Bühnenbild entwarf und somit dem Betrachter das Eintauchen in die Zeit vor hunderten von Jahren ermöglicht. Das Stück startet mit der Erzählung um 1618. Zu dieser Zeit war der Gutshof in Lütmarsen der Sitz der Landwehr des Abtes in Corvey. Ein „Zeitgeist“ nimmt die Zuschauer mit in diese Zeit und erzählt über die zum Teil prekären Zustände, die die Kriegswirren den Menschen abverlangte.

In dieser Zeit war es der Abt von Corvey, der den Lütmarsern wohl gesonnen war und sie mit dem Nötigsten versorgte. Später waren es zwei Hauptmänner, die mit der Lütmarser Garnison für die Sicherheit der Stadt und Corvey verantwortlich waren.

Der Gutshof war in dieser Zeit zu einer burgähnlichen Festung mit Wallanlage und Wassergräben ausgebaut. Teile dessen finden sich auch in dem Bühnenbild und den Kulissen und Requisiten wieder. Das Bühnenbild zeigt das große, stattliche Gutshaus um das Jahr 1.700 eingerahmt von malerischer Landschaft und den typischen Geländemarken wie dem Heiligenberg und dem Bismarkturm. Dargeboten wird das rund 60-minütige Schauspiel von rund 30 Laienschauspielern aus Lütmarsen. Sie proben die Szenen seit Wochen unter der Regie von Anja Multhaup.

Liebesgeschichte darf nicht fehlen

Ziel ist es, die Zuschauer in die Welt der Ahnen mitzunehmen und die Geschichte des Ortes erlebbar zu machen. Eigens historische Kostüme wurden angefertigt und beschafft. So ist die Lütmarser Landwehr in militärischem Outfit und die Schulklasse von einst in der damals gebräuchlichen Kluft zu bestaunen. Auch die Requisiten sind zum Teil historischen Ursprungs. Die Geschichte setzt sich fort mit der Liebeserzählung zwischen der Johanna Charlotte Heistermann von Ziehlberg und dem stark in die Jahre gekommenen Hilmar Leopod von Mansberg.

Sie beide hatten nur einen Wunsch: Dass ihre Familie durch die Geburt eines männlichen Nachkommens fortbesteht. Das Stück erzählt an dieser Stelle auf unterhaltsame Art, welche Herausforderungen das Paar meistern musste. Ob am Ende ein Nachfolger der von Mannsbergs das Licht der Welt erblickte oder die Geschichte eine ganz andere Wendung nahm, dürfen die Zuschauer mit Spannung erwarten.

Die Lütmarser freuen sich auf dieses einmalige Highlight. Es wird sowohl am Samstag, 29. April, als auch Sonntag, 30. April jeweils um 15.30 Uhr aufgeführt.

Festschrift schon in zweiter Auflage

Im Vorfeld gab es auch eine 100-seitige Festschrift die bereits in der ersten Auflage vergriffen ist – zum Fest wird es eine zweite Auflage geben. In ihr sind neben Anekdoten auch historische Zeichnungen und Fotos der letzten 130 Jahre zu sehen. Bemerkenswert sind auch die insgesamt rund 1.000 alten Fotos die Thorsten Bahr aus der Dorfgemeinschaft erhalten hat. Gezeigt werden die Besten daraus in einem abgedunkelten Raum. Besucher können hier rätseln welches denn wohl das älteste Haus des Ortes ist oder wo bis in den späten 60er Jahre die Tankstelle war.

Großes Team im Hintergrund

Neben den 80 Helfern in insgesamt 29 Teams hat der Heimatverein Lütmarsen unter der Leitung von Martin Sagel die Fäden zusammengehalten und das Projekt kontinuierlich entwickelt. „Es war uns von Anfang an klar, dass nicht die Feierlichkeiten allein, sondern auch die Vorbereitung auf das Fest die Dorfgemeinschaft noch lebendiger macht“, erklärt Sagel. Auch zahlreiche Sponsoren halfen mit Sach- und finanziellen Spenden.

Zwischen den neu gebauten Wehrtürmen: Mitglieder des Orga-Teams von Heiner Husemann (v. l.), Kira Mönnekes, Karl-Josef Kruse, Martin Sagel, Thorsten Bahr, Kirsten Voß, Mark Sonderer, Katharina Beverungen, Wilfried Markus, Annika Husemann, Jannik Sonderer, Nele Sage und Stefan Steiner. - © Privat
Zwischen den neu gebauten Wehrtürmen: Mitglieder des Orga-Teams von Heiner Husemann (v. l.), Kira Mönnekes, Karl-Josef Kruse, Martin Sagel, Thorsten Bahr, Kirsten Voß, Mark Sonderer, Katharina Beverungen, Wilfried Markus, Annika Husemann, Jannik Sonderer, Nele Sage und Stefan Steiner. | © Privat

Besonders dankt die Dorfgemeinschaft der Familie Weinholz, die ihren neu errichteten Gewerbebau der Dorfgemeinschaft als Festhalle für die Feierlichkeiten zur Verfügung stellt. Auch haben alle Anwohner des Gutshofes bereitwillig mitgezogen und das Vorhaben von Anfang an unterstützt.

Festakt vorgezogen

Der Festakt zur Gedenksteinenthüllung „1.200 Jahre Lütmarsen“ und das Aufstellen des Maibaum am Kindergarten findet schon am heutigen Samstag, 15. April, ab 15 Uhr statt. Hier werden neben Ansprachen und Beiträgen der Lütmarser Vereine der vom Lütmarser Künstler Günther Niedzballa gestaltete Gedenkstein enthüllt. Für das leibliche Wohl ist gesorgt.

INFORMATION


Das Programm auf einen Blick

Samstag, 15. April

15 Uhr: Aufstellen des Maibaums mit Gedenksteinenthüllung am Kindergarten

Samstag, 29. April

12 Uhr: Eröffnung des großen historischen Marktes´

15.30 Uhr: Bühnenstück „Lütmarsen im Wandel der Zeit“´

19 Uhr: Livemusik mit „Sixpack“

22 Uhr Partymusik mit DJ

Sonntag, 30. April

9 Uhr: Treffen auf dem Gutshof zur Kranzniederlegung

10 Uhr: Ökumenischer Gottesdienst

?10.30 Uhr: Frühschoppen mit den Ovenhäuser Musikanten

12 Uhr: Eröffnung des großen historischen Marktes

15.30 Uhr: Bühnenstück „Lütmarsen im Wandel der Zeit“

?20 Uhr: Tanz in den Mai mit „Dolce Vita“