Senioren am Steuer: Wird die Fahrsicherheit demnächst geprüft?

Kreis Höxter. Im vergangenen Jahr verloren auf den Straßen der EU mehr als 20.000 Menschen ihr Leben – die überwiegende Anzahl der Opfer war zu Fuß, mit dem Rad, mit Rollern und mit Motorrädern unterwegs. Die EU-Kommission will daher die Verkehrsvorschriften modernisieren, mehr Verbote ausüben und Prüfvorschriften aktualisieren. Eine Gruppe, die vor allem Konsequenzen dadurch spüren würde, sind die Senioren. Geht es nach der EU, sollen Menschen ab 70 Jahren alle fünf Jahre ihre Fahrtauglichkeit kontrollieren lassen. Ist das überhaupt gerechtfertigt? Die EU hat sich zum Ziel gesetzt, die Zahl der Straßenverkehrstoten bis 2030 zu halbieren. Auch im Kreis Höxter ist die Zahl der Verkehrstoten im vergangenen Jahr gestiegen. Kamen 2021 sieben Menschen auf den Straßen im Kreis Höxter ums Leben, waren es 2022 bereits zehn. Neben der nicht angepassten beziehungsweise überhöhten Geschwindigkeit war vor allem die mangelnde Aufmerksamkeit im Straßenverkehr Ursache für die tödlichen Verkehrsunfälle, heißt es in der Verkehrsstatistik der Kreispolizei Höxter für das vergangene Jahr. Doch: wie 2021 auch, war unter den Verkehrstoten nur ein Mensch über 65 Jahre. Auch die Verunglückten-Häufigkeitszahl für Senioren im Kreis Höxter ist nur leicht gestiegen. Die Verunglückten-Häufigkeitszahl ist eine Relationszahl, welche die Anzahl der verunglückten Personen einer bestimmten Zielgruppe im Verhältnis zu 100.000 Einwohnern der Gruppe darstellt. Die Verunglückten-Häufigkeitszahl für Senioren lag 2022 im Kreis Höxter bei 235, im Land NRW bei 282. Die Anzahl der verunglückten Senioren nahm damit im Vergleich zum Vorjahr um vier zu. Dennoch sind die älteren Verkehrsteilnehmer in der Statistik deutlich unterrepräsentiert. Unfälle mit 78 Senioren &bdquo;Natürlich tauchen Senioren als Unfallverursacher in der Statistik auf, aber man muss das auch in Relation sehen“, sagt Markus Tewes, Leiter der Direktion Verkehr bei der Polizei Höxter, &bdquo;man muss das also nicht problematischer sehen, als es ist.“ Die konkreten Zahlen zeigen, dass im Vergleich die Senioren im Kreis Höxter – immerhin 23,7 Prozent der Bevölkerung im Kreis – deutlich seltener in Unfälle verwickelt sind, als etwa junge Erwachsene. 2022 sind auf den Straßen im Kreis Höxter 4.402 Unfälle mit 614 Verunglückten passiert – darunter waren 78 Senioren, konkret: 52 Leicht- und 25 Schwerverletzte, ein Toter. &bdquo;Junge Erwachsene bereiten da deutlich größere Probleme, sie überschätzen sich, haben noch kaum Erfahrung“, weiß der Polizeihauptkommissar. Das sei bei Senioren anders. Natürlich können ältere Menschen gesundheitliche Beeinträchtigungen haben, sie haben aber auch mehr Lebenserfahrung. &bdquo;Man kann das nicht pauschal sagen“, sagt Tewes. Es gebe noch 80-Jährige, die sich fit halten und gut Auto fahren. Aber eben auch 60 bis 65-Jährige, die es eher lassen sollten. Der Verkehrsexperte setzt dabei aber weniger auf Kontrolle. &bdquo;Eine kurzfristige Untersuchung sagt da vermutlich weniger aus“, schätzt der Leiter der Direktion Verkehr. Stattdessen sei das soziale Umfeld und die Selbsteinschätzung gefordert. &bdquo;Wir bekommen häufig Anrufe von Familienangehörigen, die sagen, ihre Angehörigen sollten vielleicht lieber nicht mehr selbst fahren“, weiß er. Die Kreispolizei setzte daher auf die Verkehrssicherheitsberatung. Sie wendet sich dabei nach dem Prinzip des lebenslangen Lernens an alle Alters- und Zielgruppen, in erster Linie aber an besonders gefährdete Verkehrsteilnehmende wie Kinder, junge Fahrer und eben Senioren. &bdquo;Durch diese Zielgruppenarbeit soll das Bewusstsein für die eigene Verantwortung im Straßenverkehr geschärft, positive Verhaltensmuster identifiziert und rücksichtsvolles Verhalten gefördert werden“, sagt Tewes. Für Senioren hat es im vergangenen Jahr neun Veranstaltungen zur Verkehrsunfallprävention von der Polizei gegeben, an denen 196 Menschen teilnahmen. Gut angenommen werden unter anderem die Pedelec-Trainings. Selbsteinschätzung: ÖPNV statt Auto Auch die EU setzt auf das Bewusstsein für die eigene Verantwortung und die Selbsteinschätzung. Die Kommission schlägt in ihrem Entwurf vor, dass Autofahrer beim Erwerb des Führerscheins und bei der Erneuerung desselben eine Selbsteinschätzung ausfüllen und einreichen oder eine ärztliche Untersuchung durchführen lassen müssen. In den meisten EU-Staaten gibt es für Autofahrer bereits Vorschriften zu medizinischen Untersuchungen oder Selbsterklärungen in unterschiedlichen Zeitintervallen und ab einem bestimmten Alter. Ab dem 70. Lebensjahr schlägt die EU-Kommission nun für alle Mitgliedstaatten eine Erneuerung alle fünf Jahre vor, die an spezifische Maßnahmen zur Feststellung der Fahrtüchtigkeit gekoppelt sein soll. Die Art der Maßnahme liegt im Ermessen des Mitgliedsstaates. Im Kreis Höxter gibt es bereits die Möglichkeit, sich selbst einzuschätzen und statt Auto mit dem ÖPNV zu fahren. Mit der Aktion &bdquo;Freiwillige Führerscheinrückgabe gegen 60plusAbo“ bietet die Verbundgesellschaft Paderborn/Höxter den Senioren im Hochstift eine Alternative, um auch im Alter weiter mobil zu bleiben. Und das wird angenommen. &bdquo;Im Jahr 2022 haben zehn Personen freiwillig auf die Fahrerlaubnis verzichtet, fast alle wollen dafür das Angebot des sechsmonatigen kostenfreien Abos im öffentlichen Nahverkehr in Anspruch nehmen“, teilt der Kreis Höxter mit Blick auf die Zahlen des Kreises mit. In diesem Jahr waren es ebenfalls bereits zehn Personen, die ihren Führerschein freiwillig abgegeben haben. &bdquo;Alle mit Inanspruchnahme des kostenfreien Abos“, so Kreissprecher Thomas Fuest weiter. Im gesamten Hochstift profitieren aktuell 43 Personen von dem kostenlosen 60plusAbo. &bdquo;Wir sind zufrieden mit den Zahlen und freuen und über jeden weitere Person, die sich für den ÖPNV entscheidet“, sagt Agata Psiuk, Sprecherin der Verbundgesellschaft Paderborn/Höxter (VPH). Von den 43 Personen, haben 35 dieses Jahr ihren Führerschein zurückgegeben. &bdquo;Seit Oktober 2019 sind es etwas mehr als 300 Senioren, die ihren Führerschein gegen das kostenlose Abo getauscht haben“, berichtet Psiuk weiter. Dabei seien die Rückgeber eher älter. &bdquo;Der aktuelle Durchschnitt liegt bei fast 80 Jahren“, informiert die VPH-Sprecherin.

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