Apotheker im Kreis Höxter über Reform: "Das wird zu Schließungen führen"

Kreis Höxter. Den Apotheken in Deutschland fehlen bald Einnahmen in Höhe von 120 Millionen Euro. Grund ist ein erhöhter Rabatt, den die Apotheken den gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV) seit dem 1. Februar für jede Arzneimittelpackung, die sie an Patientinnen und Patienten abgeben, einräumen müssen. Bisher bekamen Krankenkassen von Apotheken für jede verkaufte Packung eines verschreibungspflichtigen Medikaments einen Rabatt von 1,77 Euro. Die Bundesregierung hat den Rabatt nun auf 2 Euro pro Packung erhöht, zunächst auf zwei Jahre befristet, wie es in dem GKV-Finanzstabilisierungsgesetz heißt. Laut einer Sprecherin des Apothekerverbandes Westfalen-Lippe (AVWL) entsteht für die Apotheken daraus ein Defizit von insgesamt 120 Millionen Euro pro Jahr. Für eine einzelne Apotheke bedeutet das im Durchschnitt 6.500 Euro Einnahmen im Jahr weniger. Das hat auch Konsequenzen für die Apotheken im Kreis Höxter. Thomas Rochell, Vorstandsvorsitzender des Apothekerverbandes Westfalen-Lippe und zugleich Vorsitzender der Bezirksgruppe Höxter, schlägt Alarm: &bdquo;Das wird zu weiteren Apothekenschließungen in Westfalen-Lippe führen. Es wird nicht mehr lange dauern, bis wir keine flächendeckende Versorgung mehr haben. Schon jetzt sind auf dem Land die Wege bis zur nächsten Apotheke manchmal lang“, sagt er. In Westfalen-Lippe kommen auf 100.000 Einwohner 22 Apotheken. Im EU-Durchschnitt sind es allerdings 32 Apotheken pro 100.000 Einwohner, das geht aus einer Pressemitteilung des AVWL hervor. Weniger Apotheken Ferner sei in Westfalen-Lippe im 18. Jahr in Folge die Zahl der Apotheken gesunken: &bdquo;Die Apothekerkammer Westfalen-Lippe meldet für das Jahr 2022 einen erneuten Rückgang um 37 Betriebsstätten auf damit nur noch 1.760 Apotheken“, heißt es in der Mitteilung. Auch Philippe Potente, Inhaber der Malteser-Apotheke in Höxter und der City-Apotheke Bad Driburg, zeigt sich besorgt über das neue Gesetz. &bdquo;Verschreibungspflichtige Medikamente machen 75 Prozent unseres Geschäfts aus. Da wird uns bald also ein wesentlicher Anteil an Einnahmen fehlen“, sagt er gegenüber der &bdquo;Neuen Westfälischen“. Er befürchtet, dass das in der ein oder anderen Apotheke zu Personalkürzungen führen könnte, wenn nicht sogar zu Schließungen. Besonders ärgert sich Philippe Potente über den gewählten Zeitpunkt der Gesetzesverabschiedung. &bdquo;Unsere Vergütung wird gekürzt, in einer Zeit, in der alles teurer wird. Auch wir haben mit steigenden Kosten durch die Inflation zu kämpfen“, sagt er. Hinzu kommt, dass auch die Patientenversorgung immer aufwendiger werde. Aufgrund von Arzneimittel-Lieferengpässen und der damit einhergehenden Suche nach alternativen Medikamenten, könne die Bearbeitung eines Rezepts mittlerweile teilweise bis zu 20 Minuten dauern, so der Apotheker. Auf den Geldbeutel der Patienten habe die Kürzung des Apothekenabschlags keine Auswirkungen, dafür sorge die Preisbindung auf Arzneimittel, erklärt Potente. Für Kunden seiner Apotheken könnte sich das neue Gesetz allerdings in anderer Form bemerkbar machen: &bdquo;Wir bieten einige kostenlose Dienstleistungen an, wie zum Beispiel den privaten Botendienst. Wir wollen die natürlich gerne beibehalten und versuchen das auch. Aber wir werden jetzt immer wieder hinterfragen müssen, ob wir das noch können“, sagt er. Am Personal wolle er persönlich keinesfalls sparen, das sei sein &bdquo;größtes Gut“. Hohe Verwaltungskosten Neben der Sorge über die finanzielle Belastung finden die Apotheker das neue Gesetz ungerechtfertigt. Denn der Anteil der Apotheken an den Gesamtausgaben der gesetzlichen Krankenkassen sei seit Jahren rückläufig, wie es in der Pressemitteilung heißt. So habe er im Jahr 2005 noch 2,8 Prozent und im Jahr 2021 nur noch 1,9 Prozent betragen. Damit sei er weniger als halb so hoch wie der Anteil der GKV-Verwaltungsausgaben, die 4,1 Prozent ausmachten. Sowohl Potente als auch Rochell fordern von der Regierung eine Stärkung anstatt einer Schwächung der Wirtschaftlichkeit von Apotheken. &bdquo;Die Politik muss zumindest einen Inflationsausgleich in der Arzneimittelpreisverordnung verankern. Sie muss die Apotheken von zeit- und kostenaufwendigen, unnötigen bürokratischen Auflagen entlasten und vor ungerechtfertigten Regressforderungen der Kassen schützen, die den Apothekenertrag weiter schmälern“, fordert Thomas Rochell. In einer immer älter werdenden Gesellschaft seien immer mehr Menschen auf Arzneimittel, eine gute Beratung und pharmazeutische Dienstleistungen in Wohnortnähe angewiesen, ergänzt er. Das GKV-Finanzstabilisierungsgesetz betrifft neben Apotheken auch andere Bereiche des deutschen Gesundheitssystems. So gibt es auch Kürzungen für die Pharmaindustrie, Ärzte und Krankenhäuser. Die Bundesregierung verabschiedete das Gesetz im Oktober vergangenen Jahres. Ziel sei der Ausgleich des Milliardendefizits der gesetzlichen Versicherungen und damit einhergehend die Verhinderung von Leistungskürzungen und stark steigenden Zusatzbeiträgen der Krankenkassen für Versicherte, hieß es zur Begründung.

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