Experte erklärt: Weshalb die Zahl der Unfälle im Kreis Höxter steigt

Herr Tewes, angesichts der vielen schweren Unfälle in diesem Jahr und vor allem in den vergangenen Wochen: Wie erklären Sie sich diese Entwicklung? Gibt es dafür überhaupt Erklärungen? Markus Tewes: Für uns ist die Entwicklung noch nicht greifbar. Wir steuern auf ein Zehn-Jahres-Hoch zu. Das ist auch nicht mit geringerem Verkehr in der Corona-Zeit zu erklären. Wie viele Verkehrstote sind in diesem Jahr bereits zu beklagen? In diesem Jahr sind im Kreis Höxter bislang acht Verkehrstote zu beklagen. Das sind aktuell drei mehr als im gleichen Zeitraum 2021. Im gesamten Jahr 2021 waren es sieben Verkehrstote. Alle tödlichen Verkehrsunfälle in 2022 ereigneten sich auf Straßen außerhalb von Ortschaften. Welches sind die drei häufigsten Unfallursachen? Handelt es sich um ein typisches Phänomen auf dem Lande? Unsere größte Sorge ist überhöhte Geschwindigkeit als eine Hauptunfallursache bei den schweren Unfällen. Die auf den Landstraßen gefahrene Geschwindigkeit, ob im Rahmen der zulässigen Höchstgeschwindigkeit oder darüber, ist der entscheidende Faktor für die Schwere der Unfallfolgen. Es macht einen bedeutenden Unterschied, ob eine Kollision bei 100 Stundenkilometern oder vielleicht sogar mit 130 Kilometer pro Stunde passiert. Wenn man alle Unfälle betrachtet, auch die leichteren, dann stellen wir fest, dass es oft entweder an der erforderlichen Konzentration mangelt oder die Verkehrsteilnehmer abgelenkt sind. Laut Statistik liegen die häufigsten Ursachen bei der Gesamtzahl aller Unfälle in der Reihenfolge Vorfahrt, Abbiegen/Wenden, Geschwindigkeit und Alkohol. Welches sind die drei Orte mit den häufigsten Unfällen? Die häufigsten Unfälle registrieren wir auf der B 64 bei Höxter am Bahnübergang Taubenborn; gefolgt von dem B 64-Tunnel bei Ottbergen, und auf der L 838 bei Beverungen-Haarbrück. Wann spielen Drogen und Alkohol eine Rolle bei den schweren Unfällen? Drogen konnten wir bei sechs, Alkohol bei 26 Unfällen nachweisen. Wer sind die Unfallbeteiligten? Vor allem junge Fahrer? Junge Menschen bis zum vollendeten 24. Lebensjahr waren bisher bei vier tödlichen Verkehrsunfällen beteiligt (2021 insgesamt fünf). 107 waren es bei weiteren Verkehrsunfällen mit Verletzten im Jahr 2022. Können Sie angesichts der vielen Stellen im Kreis überhaupt in Sachen Prävention reagieren? Und ist das nicht frustrierend, dass trotz vieler Maßnahmen immer noch so viele Menschen verunglücken? Wie gehen Sie damit um? Wir analysieren die Unfallsituation laufend und kontrollieren den Verkehr überwiegend dort, wo schwere Unfälle verursacht werden, aber auch dort, wo wir daneben viele Verstöße feststellen. In der Verkehrsunfallprävention konzentrieren wir uns immer mehr auf die besonders betroffenen Alters- und Zielgruppen. Das sind einerseits die jungen Fahrer, zum Beispiel durch das Projekt &bdquo;Crash-Kurs“ und andererseits die Fahrrad- und Pedelecfahrer. Zudem informieren wir die Öffentlichkeit über relevante Themen sowie über flächendeckende Verkehrskontrollen und regelmäßige Schwerpunktkontrollen. Indem wir besonders gravierende Verstöße herausstellen, wollen wir die Aufmerksamkeit auf das Problem lenken. Stichwort Geschwindigkeit: Während der Corona-Zeit hatte man das Gefühl, alle sind ruhiger, fahren runter – und jetzt fahren sie wieder rauf. Und zwar nicht auf 100, sondern auf 130 oder 140. Ist das nur ein Gefühl – oder ist es belegbar, bemerken Sie das auch bei den Tempokontrollen? Das Gefühl bekommt man tatsächlich, wenn man auf den Straßen unterwegs ist. Mit Zahlen belegen lässt sich das nicht. Wir stellen bei unseren Kontrollen im Vergleich zum letzten Jahr deutlich weniger erhebliche Geschwindigkeitsüberschreitungen fest. Aber zuletzt fielen wieder Raser bei Kontrollen auf. Zum Beispiel am Freitag, 11. November, bei einer Kontrolle auf der B 252 bei Willebadessen-Peckelsheim, als ein 36-Jähriger, der zwei Kleinkinder auf der Rücksitzbank hatte, mit 163 Stundenkilometer gemessen wurde. Kurz darauf fiel an gleicher Stelle ein 27-jähriger Mercedesfahrer mit 149 Kilometer pro Stunde auf. Einen Tag später raste ein 54-Jähriger aus Essen mit 170 Stundenkilometer über die B 252 bei Steinheim. Da er die erforderliche Sehhilfe nicht mitführte, war die Fahrt für ihn direkt zu Ende. Ihm wurde die Weiterfahrt untersagt. Für diese Verstöße sind ein Fahrverbot von zwei beziehungsweise einem Monat und ein Bußgeld von mindestens 600 Euro beziehungsweise 320 Euro vorgesehen. Jeder, der am Straßenverkehr teilnimmt, sollte sich der Gefahren bewusst sein und muss seinen Teil zur Verkehrssicherheit beitragen. Daher lautet unsere Bitte: Seien Sie aufmerksam und rücksichtsvoll. Denken Sie an Ihre Angehörigen, die zu Hause auf Sie warten. Nur gemeinsam bekommen wir die Verkehrsunfallzahlen in den Griff.

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