Mehr Tote, mehr Verletzte: Lippes Polizei nimmt die Unfälle ins Visier

Kreis Lippe. 10.035 Verkehrsunfälle insgesamt, 1.336 Menschen verletzt, elf sind gestorben - das sind die Kennzahlen der Verkehrsunfallstatistik der Kreispolizeibehörde Lippe für das Jahr 2024. &bdquo;Man darf bei aller Statistik nicht vergessen, dass hinter jedem Verkehrstoten bis zu 100 Schicksale liegen“, betont Polizeidirektor Alexander Fenske. Zusammen mit Thomas Bartelt, Erster Polizeihauptkommissar und Leiter des Verkehrsdienstes, hat er am Montag den Jahresbericht Verkehr für das vergangene Jahr vorgestellt. Verkehrsunfälle Mit 10.035 Verkehrsunfällen gibt es im Vergleich zum Vorjahr einen Anstieg von gut zwei Prozent (2023: 9799). Bei 1.044 Unfällen wurden Menschen (schwer-)verletzt oder getötet (2023: 917). Von 2020 bis 2024 ist die Zahl der Verkehrsunfälle kontinuierlich angestiegen. Doch die Unfallzahlen in den Coronajahren 2020 und 2021 müssten gesondert betrachtet werden - &bdquo;es waren nicht so viele Menschen wie sonst auf den Straßen unterwegs“, wie Bartelt erinnert. Ein weiterer Punkt: Die Anzahl der Fahrzeuge hat von 2023 auf 2024 um etwa 3.000 zugenommen. &bdquo;Das kann auch eine kleine Erklärung für die steigenden Unfallzahlen sein.“ Verunglückte Insgesamt 1.347 Menschen sind auf Lippes Straßen im vergangenen Jahr verunglückt und damit 142 mehr als 2023. Elf Menschen starben, drei davon bei einem schweren Unfall auf der B1 im Februar vergangenen Jahres. Besonders die Zahl der Schwerverletzten stieg stark an auf 231. Im Vorjahr waren es 184 Schwerverletzte auf Lippes Straßen (plus 26 Prozent). Beteiligte Bei dieser Betrachtung werden Unfälle außer Acht gelassen, die lediglich einen (leichten) Sachschaden nach sich zogen, das Fahrzeug weiter fahrbereit war und ohne Einwirkung von Alkohol oder sonstigen berauschenden Mitteln geschahen. An 2740 Unfällen mit mindestens schwerem Sachschaden waren Pkw beteiligt (2023: 2.688), an 210 motorisierte Zweiräder, also Moped, Motorrad und Co. (2023: 146), an 323 Fahrräder oder E-Bikes/Pedelecs (2023: 302), an 46 E-Scooter (2023: 26) sowie an 104 Fußgänger (2023: 111). Ein Fußgänger wurde laut Statistik getötet, bei Unfällen mit E-Scootern kam bislang niemand zu Tode. Gefühlt steige die Anzahl an E-Bikes, Pedelecs und E-Scootern auf den Straßen ebenfalls an, was die vermehrten Unfälle erklären könne. Eine konkrete Zahl wie bei den Autozulassungen gebe es allerdings nicht, erklärt Bartelt. Aufgrund der gestiegenen Anzahl der Unfälle mit Beteiligung motorisierter Zweiräder - und zwar sowohl in Lippe, als auch NRW-weit - stehen sie in diesem Jahr im Fokus, erklärt er. Strategisches Ziel 2025: Gewährleistung der sicheren Teilnahme von Zweiradfahrern im Straßenverkehr. Ursachen Die Ursachen für Verkehrsunfälle sind vielfältig (siehe Grafik). Die häufigsten Unfallursachen sind Vorfahrt, Abbiegen, eine falsche Straßenbenutzung (also das Fahren entgegen der Fahrtrichtung, widerrechtlich auf dem Gehweg oder Ähnliches), Geschwindigkeit sowie der Einfluss von Alkohol und Drogen. Zugenommen im Vergleich zum Vorjahr hat der Einfluss von Alkohol und Drogen, (riskantem) Überholen, falscher Straßenbenutzung sowie Unfälle beim Abbiegen oder aufgrund von Ablenkung. Wobei Thomas Bartelt gerade im Hinblick auf das Thema Ablenkung am Steuer eine große Dunkelziffer vermutet. Obwohl die Anzahl der Verkehrsunfälle, die auf die Geschwindigkeit zurückzuführen sind, abgenommen hat (179; 2023: 206), wurden 148 Menschen hierbei verletzt. Heißt: Die Wahrscheinlichkeit, bei einem Unfall mit überhöhter Geschwindigkeit verletzt zu werden, liegt laut der Polizei Lippe bei 83 Prozent. Unfallflucht Die Anzahl der Unfälle, bei denen sich der Verursacher widerrechtlich entfernt hat, ist im vergangenen Jahr leicht gesunken auf 1917 Fälle insgesamt (2023: 1930). Allerdings: Es gab sechs Unfallfluchten mehr, bei denen Menschen verletzt wurden (89). Zudem gab es einen Fall, bei dem eine Person gestorben ist. Der Verursacher wurde ausfindig gemacht und im März dieses Jahres verurteilt. Damit liegt die Aufklärungsrate bei Unfallflucht mit Getöteten bei 100 Prozent. Wurde ein Mensch verletzt, wurde immerhin gut jeder zweite Fall aufgeklärt (53,93 Prozent; minus 6,17 Prozent). Ein akzeptabler Wert, wenn auch niedriger als im Vorjahr. &bdquo;Je schwerer die Person verletzt ist, desto besser ist die Aufklärungsrate“, betont Thomas Bartelt. Bei Sachschäden liegt sie bei 42,58 Prozent (2023: 41,70 Prozent). Entscheidend bei der Aufklärung seien Beobachtungen und Hinweise von Zeugen. Prävention Für Kinder bietet die Polizei Gehwegtrainings in Kita und Grundschule an, zudem werden die Kleinen in Kontrollen eingebunden oder über die Puppenbühne der Polizei an das Thema Verkehr herangeführt. Ebenso gibt es die Fahrradausbildung an den Grundschulen mit Viertklässlern sowie den Fahrrad-TÜV, erklärt Bartelt. Und auch die Wirksamkeit von Helm und Schutzkleidung werde ihnen demonstriert, Motto: &bdquo;Sicherheit durch Sichtbarkeit“, wie er sagt. Jugendlichen und jungen Erwachsenen wird über das Projekt &bdquo;Crash Kurs NRW“ von Mitgliedern aus Rettungsdienst, Notfallseelsorge und Polizei verdeutlicht, welche Auswirkungen schwere und tödliche Verkehrsunfälle haben. Aber auch für Ältere bietet die Polizei Präventionsmaßnahmen an, etwa ein Pedelec-Training in Praxis und Theorie für Menschen ab 55 Jahren. Dazu wird unter anderem ein Pedelec-Simulator genutzt, auf dem Teilnehmer eine Fahrt mit verschiedenen Situationen erleben - etwa eine Person, die plötzlich von der Seite auf den Weg springt. Der Simulator zeigt an, wie das Pedelec auf eine Handlung des Fahrers regiert und ob dies rechtzeitig war - oder was in dem Moment einen Unfall verhindert hätte. Senioren-Union warnt vor E-Rollern Auch die Senioren-Union in Lippe warnt vor einer &bdquo;stark wachsender Gefahr durch E-Roller“, wie sie mitteilt. Viele führen auf Gehwegen, was insbesondere Senioren, mobilitätseingeschränkte Menschen sowie Eltern mit Kinderwagen gefährde. &bdquo;Wir erleben immer wieder, dass Rollerfahrer mit hoher Geschwindigkeit über Bürgersteige rasen“, sagt Klaus Fiedler, Kreisvorsitzender der Senioren-Union in Lippe. Es brauche klare Regeln und eine Politik, &bdquo;die den Schutz der Menschen ohne Ausnahmen in den Mittelpunkt stellt“.

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