Was der Ukraine-Krieg für die Corona-Pandemie im Kreis Höxter bedeutet

Kreis Höxter. Bis vor Kurzem waren es noch steigende oder fallende Inzidenzwerte, die Hospitalisierungsrate oder die Impfquote. Mittlerweile ist es die aktuelle Entwicklung im Kriegsgebiet in der Ukraine, die die tägliche Berichterstattung bestimmt. Der Fokus hat sich verschoben. Von der einen Krise auf die andere.Dabei ist die eine Krise, die Corona-Pandemie, noch nicht überwunden, während die andere Krise, der Krieg in der Ukraine, nur wenige Tage alt ist und mit dem Beschuss eines Atomkraftwerkes eine neue Stufe erreicht hat. Abgesehen von hunderten Toten und tausenden Menschen, die von Flucht und Vertreibung betroffen sind. Doch wie riskant ist es, dass die Corona-Pandemie angesichts der Entwicklungen in Osteuropa in den Hintergrund tritt? "Im Prinzip ist Corona Normalität", sagt Jens Grothues, Allgemeinmediziner aus Beverungen und ehemaliger Leiter des Impfzentrums des Kreises Höxter. Zwar befinden sich die Inzidenzen auf einem hohen Niveau und steigen derzeit wieder leicht. "Aber die Krankheitslast ist bei der Omikronvariante deutlich niedriger als noch bei der Deltavariante." Vor diesem Hintergrund hält der Mediziner die Öffnungsstrategien für richtig. Es sei nun an der Zeit, das Leben laufen zu lassen, ähnlich wie bereits in anderen europäischen Ländern. Grothues rechnet damit, dass auch künftig das Tragen von Masken und andere Hygienemaßnahmen zum Alltag dazugehören werden. Dabei könnte die Corona-Pandemie hierzulande nun durch den Konflikt in Osteuropa eine neue Dynamik entwickeln. Bereits jetzt organisieren Kommunen, Hilfsorganisationen und Einzelinitiativen die Unterbringung von Geflüchteten aus der Ukraine. Nach Medienberichten sollen sich schon jetzt bereits mehr als eine Million Menschen aus der Ukraine auf der Flucht befinden. Viele von ihnen werden auch in Deutschland Schutz suchen. "Den Impfstoff haben wir" Und an diesem Punkt hat der Krieg in der Ukraine einen erneuten Einfluss auf die Corona-Pandemie. Denn über die Impfquote in der Ukraine gibt es nur unzureichende Daten. So hält das Coronavirus-Resource-Center der US-amerikanischen Johns-Hopkins-University keine Zahlen bereit.Auf einer Weltkarte, auf der die Länder je nach Impfstatus farblich markiert sind, ist die Ukraine grau schraffiert - genauso wie Somalia oder Nordkorea. Die Internetseite ourworldindata.org, ein Projekt der britischen Universität Oxford, indes beziffert die ukrainische Corona-Impfquote mit 35 Prozent. Am Freitag diskutierten die Gesundheitsminister der deutschen Bundesländer über die Impfquote. Laut Medienberichten soll auch hier dem Vernehmen nach eine Quote von 35 Prozent in Betracht gezogen worden sein. Rund 30 Prozent sollen dabei den chinesischen Impfstoff Sinovac erhalten haben, der in der EU allerdings nicht zugelassen ist. Am vergangenen Donnerstag informierte das Gesundheitsministerium des Landes Nordrhein-Westfalen darüber, wie nun aus medizinischer Sicht in Bezug auf die Corona-Pandemie zu verfahren sei. In einer E-Mail, die der NW-Redaktion vorliegt, heißt es, dass davon auszugehen sei, dass der Covid-19-Impfschutz der hier Zuflucht suchenden Flüchtlinge aus der Ukraine "bisweilen unzureichend sein wird." Aufgrund dieser Unsicherheiten formuliert das NRW-Gesundheitsministerium in seiner E-Mail einen entsprechenden Appell: "Bitte verfahren Sie in diesen Fällen pragmatisch und ermöglichen niedrigschwellig Impfungen." Aus Sicht von Jens Grothues kein Problem: "Den Impfstoff haben wir." Der ehemalige Leiter des Höxteraner Impfzentrums beobachtet gleichzeitig, dass die Impfbereitschaft bei der heimischen Bevölkerung nachlässt. "Die Leute sind Impfmüde." Dabei sei mit der nächsten Welle im Herbst zu rechnen. "Corona kommt im September wieder", sagt der Beverunger Allgemeinmediziner. Wahrscheinlich nicht mehr so relevant, wie die vorangegangenen Wellen.Dennoch müssten vulnerable Gruppen nach wie vor geschützt werden. Etwa mit einer erneuten Impfung, ähnlich der Grippe-Impfung, im Spätsommer. "Um gut durch den Winter zu kommen." Von daher sei es sinnvoll, nun dafür eine Kampagne vorzubereiten. Denn, so Grothues: "Corona ist nicht verschwunden. Es ist nur in der Realität angekommen."

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