Debatte über Impfpflicht erhitzt auch im Kreis Höxter die Gemüter

Kreis Höxter. Die Pläne für eine allgemeine Impfpflicht nehmen Konturen an. Für die Entscheidung im Bundestag zeichnen sich derzeit drei Anträge ab, die Abgeordnete ohne Fraktionszwang unterstützen können: Eine Impfpflicht für Erwachsene, die von Abgeordneten der Grünen, der SPD und der FDP unterstützt wird. Eine Impfpflicht für Menschen ab 50 oder 60 Jahren sowie ein Antrag gegen eine allgemeine Impfpflicht. Letzterer liegt schon seit Dezember vor und wurde von Mitgliedern der FDP erarbeitet. Doch nicht nur im politschen Berlin wird die Debatte geführt. Auch bei Politikern im Kreis Höxter erhitzt sie die Gemüter. Marion Ewers, FDP "Ich bin innerlich unglaublich zerrissen", sagt Marion Ewers, Vorsitzende des FDP Kreisverbands Höxter. Auch im Kreisvorstand der FDP werde die Debatte geführt. "Wir kommen aber auf keine einhellige Meinung", sagt Ewers. Mit einer allgemeinen Impfpflicht tut man sich einerseits schwer. Schließlich ruht das Selbstverständnis ihrer Partei auf der Freiheit des Einzelnen. Gleichzeitig ist für sie klar, dass der Anteil der Geimpften steigen muss, "um die Pandemie in den Griff zu bekommen." Ewers findet: Aufklärung gab es genug. "Nach ungefähr zwei Jahren Pandemie hat jeder ausreichend Zeit gehabt, sich über alle Kanäle zu informieren." Josef Schlüter, Grüne Josef Schlüter, Kreisvorsitzender der Grünen, hätte sich die Gesamtlage anders gewünscht. Gerade was die Impfbereitschaft der Menschen angeht. "Aber die scheint nicht durchgängig da zu sein." Deswegen spricht er sich klar für eine Impfpflicht aus. Seiner Vorstellung nach sollte sie für alle Erwachsenen gelten - und nicht nur für Menschen eines Alters mit höherem Risiko für schwere Verläufe.Sein Hauptargument für die Impfpflicht: Nach der sehr ansteckenden Omikron-Variante ist vermutlich noch nicht Schluss. "Es ist nicht abzusehen, dass wir mit Corona am Ende sind."Helmut Lensdorf, SPD Deswegen kann auch Helmut Lensdorf, Kreisvorsitzender der SPD, dem Thema Impfpflicht "viel abgewinnen". Für ihn sei wichtig, als Gesellschaft "für den Herbst gerüstet zu sein". Den Moment also, wenn das Infektionsgeschehen nach dem Sommer vermutlich wieder zunimmt und neue Varianten im Umlauf sind. Schlimmstenfalls solche, die noch viel gefährlicher sind als die bisherigen. Deswegen ist es ihm wichtig, keine Zeit zu verlieren. Denn im Sommer, bekanntermaßen der Zeit sinkender Corona-Zahlen, könnte das Thema wieder in die Hinterköpfe rücken. Konkret würde auch Lensdorf eine Pflicht für alle Menschen über 18 Jahren befürworten. Alternativ könne er sich ein Stufenmodell vorstellen. Demnach würde die Pflicht zunächst für Menschen über 60 greifen und dann bei Bedarf nach und nach auch Menschen jüngeren Alters erfassen.Matthias Goeken, CDU Matthias Goeken, der den Kreis Höxter im NRW-Landtag vertritt, hält eine Impfpflicht für wichtig, um zur Normalität zurückzukehren. "Gerade, weil wir nicht wissen, was wir im nächsten Herbst für eine Variante haben." Sollten Beschränkungen wegen einer hohen Impflücke nötig bleiben, fürchtet Goeken vor allem um Einzelhändler, Gastronomen und Gewerbetreibende, die wirtschaftlich leiden. Daneben denkt er an Ungeimpfte und ihre Gefahr für schwere Verläufe.Ihm sei klar: Auch Geboosterte können sich infizieren und das Virus weitergeben. Bei ihm selbst habe am Wochenende ein Selbsttest ausgeschlagen. Deswegen hat er sich in Isolation begeben und wartet auf das Ergebnis eines PCR-Testes. Er selbst habe Erkältungssymptome. "Für die vielen Ungeimpften kann es aber andere Verläufe geben", unterstreicht Goeken. Zu ihrem Schutz spricht sich Goeken für die Impfpflicht aus. "Das ist der einzige Weg, wir können nicht bis zum Herbst warten."Christian Haase, CDU Aus Sicht des heimischen Bundestagsabgeordneten Christian Haase ist die Diskussion "hochemotional und komplex". Die Einführung einer allgemeinen Impfpflicht werfe eine "Vielzahl von ethischen, verfassungsrechtlichen und organisatorischen Fragen auf", erklärt er auf Anfrage. "Schon die beschränkte Impfpflicht ist nicht unumstritten", sagt Haase mit Verweis auf die Impfpflicht in Gesundheitsberufen, die ab Mitte März greift."Sie ist ein Eingriff in das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit und daher nur zulässig, wenn sie in der Abwägung zu anderen Grundrechten und anderen Grundrechtsträgern verhältnismäßig ist." Für Christian Haase ist klar: Die Regierung muss Antworten liefern, warum aus ihrer Sicht die allgemeine Impfpflicht mit den Grundrechten vereinbar ist und wie sie umgesetzt wird. Dass das Thema zur Gewissensfrage erklärt wurde, kritisiert Haase. "Ich sehe in der Debatte keine klassische Gewissensentscheidung wie bei der Sterbehilfe. Jeder Abgeordnete entscheidet nach dem Grundgesetz immer mit seinem Gewissen. An die Bundesregierung habe die CDU-Fraktion Fragen geschickt. Eine Antwort stehe noch aus. "Erst nach Klärung dieser Fragen kann ich eine abgewogene Entscheidung treffen." Auch macht Haase seine Entscheidung abhängig von den weiteren Entwicklungen. "Wenn sich in den nächsten ein bis zwei Monaten abzeichnen sollte, dass eine allgemeine Impfpflicht eine nachhaltige Grundlage zur Überwindung der Pandemie darstellt, könnte das für eine Impfpflicht sprechen. Wenn das Impfen hingegen absehbar nur für wenige Monate helfen sollte, sich aber im Grunde an der aktuellen Situation nichts ändern wird, dann spricht das für mich eher gegen eine Impfpflicht." Und auch wenn eine allgemeine Impfpflicht an der zu kurzen Wirkdauer scheitern sollte, ist für Haase dennoch klar: "Das Impfen ist der Weg aus der Pandemie. Je mehr Menschen in Deutschland sich impfen lassen, desto milder der Pandemieverlauf für uns alle."

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