Wie Infektionsfälle an Schulen das Pandemiegeschehen im Kreis Höxter beeinflussen

Kreis Höxter. 199 Menschen im Kreis Höxter sind aktuell mit dem Coronavirus Sars-CoV-2 infiziert - bei 49 Schülerinnen und Schülern fiel der Coronatest positiv aus (Stand 3. September). Rechnerisch heißt das, dass jeder vierte Positivtest aktuell im Kreis Höxter auf einen Schüler oder eine Schülerin zurückzuführen ist. Sind die Schulen also die Treiber der Pandemie im Kreis Höxter? Sind die Hygiene- und Abstandsregeln in den Klassenräumen wirkungslos? Wie gehen die Schulen mit den Tests um - und was halten die Schulleiter von dem Vorstoß der NRW-Schulministerin Yvonne Gebauer, dass künftig nur noch infizierte Schüler in Quarantäne müssen? Eine Übersicht. Zwei Coronafälle gab es zuletzt an der Sekundarschule im Drei-Länder-Eck in Beverungen - mit der Folge, dass etliche Schüler in Quarantäne gingen. "Ein Fall bedeutet, dass rund 30 Schüler in Quarantäne müssen", sagt Schulleiter Klaus Oppermann. Weil Schüler an weiterführenden Schulen in der Regel nicht die ganze Zeit über fest an einem Platz sitzen, sondern mit den Kursen auch die Räume wechseln, wächst für sie, anders etwa als an einer Grundschule, die Zahl der engen Kontaktpersonen. Direkte Sitznachbarinnen und Sitznachbarn vor, hinter, rechts und links der infizierten Person sowie Lehrkräfte und weiteres Schulpersonal, die in engem Kontakt standen, gelten als enge Kontaktpersonen. Für sie gilt, dass sie 14 Tage in Quarantäne müssen. "Für uns ist die Ermittlung dieser Kontaktpersonen ein relativ großer Aufwand. Ich habe hier ganze Packen mit Sitzplänen auf meinem Schreibtisch liegen. Das ist schon ein Aufwand", sagt Oppermann. Ein Aufwand, der sich lohnt? Zumindest müssen nicht mehr die ganzen Klassen in Quarantäne, wie zu Beginn der Pandemie. Schüler sollten nicht Versuchskaninchen sein Diese Regelung weiter zu lockern, sieht Oppermann allerdings skeptisch. Zwar seien Vereinfachungen der Bürokratie im Zusammenhang mit der Erfassung der Kontaktpersonen eine Erleichterung - Oppermann persönlich findet aber, dass die Schüler nicht als Versuchskaninchen herhalten dürften. "Wir müssen unsere Schüler schützen. Dieser Gedanke muss immer vorne stehen", sagt er. Aktuell ist das Prozedere an den Schulen so, dass die Schüler zwei Mal wöchentlich einen Antigen-Schnelltest machen - an den Grundschulen gibt es so genannte Lollitests. Fällt der Test bei einem Schüler positiv aus, begibt der sich zunächst in häusliche Quarantäne, das Gesundheitsamt ordnet dann einen zuverlässigeren PCR-Test an. Fällt der auch positiv aus, beginnt die Kontaktnachverfolgung und mit ihr die Quarantänemaßnahmen der direkten Kontaktpersonen. Matthias Koch, Leiter der Schulen der Brede, sagt, dass die Schüler bei den Schnelltests mittlerweile eine professionelle Routine zeigten - an den Schulen der Brede seien überdies viele Schüler bereits geimpft. Dennoch nähmen die zwei wöchentlichen Test-Termine stets rund eine Viertelstunde Zeit ein - Unterrichtszeit. "Aber alles ist besser als ein Lockdown", sagt Koch. Bislang habe es seit Ferienbeginn an den Schulen der Brede keine Coronafälle gegeben - "ich hoffe, dass uns die hohe Impfquote hilft", sagt der Schulleiter. Eine Warburger Schulleiterin ist überrascht Von einer Impfquote kann an den drei Grundschul-Standorten der Graf-Dodiko-Schule zwar noch nicht die Rede sein - schließlich gibt es für Corona-Impfungen für so junge Kinder von der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) noch keine Zulassung. Erleichtert ist Birgitt Vonde, Leiterin des katholischen Grundschulverbundes der Hansestadt Warburg, trotzdem. Denn seit Beginn des Schuljahres musste von 410 Kindern im Verbund erst eines wegen einer Infektion zusammen mit drei Sitznachbarinnen und -nachbarn in Quarantäne. Hinzu kamen wenige Fälle, in denen Kinder in Quarantäne mussten, weil sich jemand im familiären Umfeld infiziert hat. "Wir sind überrascht, dass wir noch nicht mehr Fälle haben, dass wir fast zwei Wochen annähernd verschont geblieben sind, trotz steigender Zahlen", sagt Vonde. Doch sie erwartet, dass es noch anders kommt. "Darauf stellen wir uns ein." Denn die Zeit naht, in der der Sportunterricht wegen des Wetters nach drinnen verlegt und Fenster mit Blick auf die Außentemperatur geschlossen werden. Auf Schulministerin Gebauers Vorschlag angesprochen, nur noch nachweislich infizierte Schülerinnen und Schüler in Quarantäne zu schicken, wirkt Vonde hin- und hergerissen, verständig in mehrere Richtungen. "Für Eltern dürfte es eine große Erleichterung sein, nicht mehr von der Infektion eines anderen Kindes betroffen zu sein", sagt Vonde. Denn dass das eigene Kind in Quarantäne muss, dass die Betreuung Zuhause organisiert und der Arbeitsalltag von jetzt auf gleich umgestellt werden muss, weil ein Kind am Nachbartisch positiv getestet wurde - dieses Risiko wäre erstmal passé. Auch für den Schulalltag ist es natürlich schöner, wenn möglichst viele Kinder im Unterricht sind, sagt Vonde, von den pädagogischen Vorteilen für die Kinder selbst ganz abgesehen. "Ich möchte die Entscheidung nicht treffen müssen" Gleichzeitig, sagt die Schulleiterin, sind da Sorge und Ungewissheit wegen der Ansteckungsgefahr. "Wenn nur noch das betroffene Kind in Quarantäne muss, haben sich nicht vielleicht schon andere infiziert?" Vonde wirkt erleichtert, nicht in der Rolle der Schulministerin zu sein. "Ich möchte die Entscheidung nicht treffen müssen." Für sie steht aber fest: Beide Alternativen - Quarantäne nur für das infizierte Kind oder zusätzlich für Sitznachbarn - sind besser, als ganze Klassen nach Hause zu schicken. Eine Klasse habe bereits zweimal in Quarantäne gemusst - wegen verschiedener infizierter Kinder. "Das kann man einer Klasse auch nicht zumuten." Für den Grundschulbereich insgesamt spricht Hubert Gockeln, Sprecher der Schulräte und im Schulamt des Kreises Höxter zuständig für Fragen der Grundschulen, von einer "erfreulich niedrigen Zahl" infizierter Kinder. Seit Beginn des Schuljahres sei in nur 13 von knapp 250 Grundschulklassen im Kreis Höxter ein Kind samt Sitznachbarn in Quarantäne geschickt worden. Das entspreche geschätzt 50 von etwa 5.000 Grundschulkindern. Gockeln vermutet, dass das Freizeitverhalten der jüngeren Kinder ein Grund sein könnte. Im Vergleich zu Jugendlichen in der Pubertät pflegten sie vielleicht noch weniger häufigen und intensiven Umgang mit Gleichaltrigen. Gebauers Vorschlag indes möchte Gockeln nicht kommentieren - wegen seiner Loyalitätspflicht ihr gegenüber. Dafür erneuert der Schulrat sein Plädoyer für den Präsenzunterricht: "Ich bin dafür, alles zu tun, damit der Präsenzunterricht möglich bleibt." Gerade für Erst- und Zweitklässler funktioniere das Lernen über Beziehungen. Neben dem Schulstoff gehe es aber auch um das soziale Lernen: nicht immer der oder die Erste sein zu müssen, mit anderen diskutieren. Dafür brauchen Kinder den direkten Austausch mit Gleichaltrigen, so Gockeln.

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