Ab 12 Jahren: Was Kinderärzte von Corona-Impfungen halten

Kreis Höxter. Die Impfungen im Kreis Höxter gegen das Coronavirus schreiten immer weiter voran. Immer mehr Menschen erhalten ihren ersten Piks oder haben bereits ihre vollständige Impfung erhalten – und damit auch ein Stück Normalität zurückgewonnen. Denn für einige Lockerungen ist etwa ein Nachweis der Corona-Schutzimpfung nötig. Doch noch nicht allen Menschen im Kreis Höxter konnte bisher ein Impfangebot gemacht werden. Im Sommer soll es aber auch für Kinder ab zwölf Jahren möglich sein, sich mit Hilfe einer Spritze gegen das Virus zu schützen. Erste Planungen dazu laufen bereits. Mit der Zulassung des Biontech-Impfstoffs wird schon bald gerechnet, in NRW könnte die Impfaktion voraussichtlich im August starten. Doch was sagen Kinderärzte im Kreis Höxter dazu? Halten sie eine Impfung für Kinder für ratsam? &bdquo;Ich bin ein Befürworter der Corona-Impfung – und halte sie auch bei Kindern für sinnvoll", sagt Firooz Ahmadi, Chefarzt der Kinderklinik im St.-Ansgar-Krankenhaus der Katholischen Hospitalvereinigung Weser-Egge. &bdquo;Die Erfahrungen der letzten Monate haben gezeigt, dass Kinder die Erkrankung in der Regel deutlich besser verkraften als Erwachsene. Dennoch sind schwere Covid-19-Verläufe auch bei Kindern bekannt", sagt er. Darüber hinaus könnten Kinder als Überträger des Virus fungieren. "Es werden auch Kinder gegen die Grippe geimpft" Sobald genügend Impfstoff vorhanden ist, sollten auch Kinder unter zwölf Jahren gegen Corona geimpft werden – &bdquo;auch wenn wir auf keine Erfahrungen zurückgreifen können", rät Firooz Ahmadi. &bdquo;In Deutschland werden auch Kinder unter zwölf Jahren gegen die Grippe geimpft", gibt er als Beispiel an. Allerdings sollten Kinder dort geimpft werden, wo sie sich am wohlsten fühlen. &bdquo;Dazu zählt in der Regel der ihnen vertraute Kinderarzt", so der Chefarzt der Kinderklinik. Auch Kinderärztin Dr. Beate Storkebaum, die gemeinsam mit Dr. Katharina Kirchner eine Kinderarzt-Praxis in Höxter leitet, würde die Impfung für Kinder ab zwölf Jahren auf jeden Fall empfehlen, auch wenn es in der Regel bei den 12- bis 18-Jährigen nicht so schwere Krankheitsverläufe bei einer Coronainfektion gebe. &bdquo;Doch vor allem zur Vorbereitung für die späteren Jahre ist es sinnvoll", sagt sie. Außerdem helfen sie dabei, die Pandemie weiter zu bremsen. Aber: &bdquo;Es darf keine Pflicht sein", betont die Ärztin. Eltern sollten individuell entscheiden dürfen, ob sie ihr Kind gegen das Virus impfen lassen oder nicht. "Das Telefon steht nicht mehr still" Doch das Interesse sei jetzt schon da. &bdquo;Das Telefon steht nicht mehr still und es wird jedes Mal schlimmer, wenn eine neue Ankündigung von Gesundheitsminister Jens Spahn kommt", berichtet sie von dem derzeitigen Arbeitsalltag, der neben den Informationen rund um das Coronavirus ganz normal weiterläuft. Die Praxis führe aber zunächst keine Wartelisten für mögliche Kinder, die ab der Zulassung zuerst geimpft werden würden. &bdquo;Wir warten zunächst ab, wann und wie Kinder überhaupt geimpft werden sollen", erklärt sie. Außerdem wolle sie Kindern mit bestimmten Krankheiten priorisiert impfen – ähnlich wie bei den Erwachsenen. &bdquo;Ich kenne meine Patienten", sagt sie und rät daher auch davon ab, Impfaktionen in Schulen durchzuführen, wie es etwa NRW-Ministerpräsident Armin Laschet vorgeschlagen hat. &bdquo;Wir dürfen nicht vergessen, dass es auch Kinder mit extremer Spritzenangst gibt. Da ist es besser, sie sind in einer ihnen bekannten Praxis. Wir haben hier ein gewisses Handling, wie wir mit diesen Patienten umgehen", erklärt sie. 16-jährige Patienten, die aufgrund einer chronischen Erkrankung schon jetzt geimpft werden können, erhalten von Beate Storkebaum eine Bescheinigung, um sich dann etwa im Impfzentrum impfen zu lassen. &bdquo;Anders ist es momentan nicht möglich, da wir allein für eine Ampulle Biontech in einem kurzen Zeitraum von Stunden sechs Patienten benötigen", erklärt die Kinderärztin. "Kinder dürfen nicht hinten runterfallen" Auch Dr. Gerhard Broer, Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin in Bad Driburg, begrüßt die geplanten Impfungen von Kindern ab zwölf Jahren sehr. &bdquo;Impfungen sind immer noch eine der besten präventiven Maßnahmen, die wir haben", sagt er. Außerdem gehören Impfungen bei Kinderärzten zum Tagesgeschäft, &bdquo;es ist unser täglich Brot, wir kennen unsere Patienten und können sie vertrauensvoll beraten", sagt er. Auch er spricht sich gegen Massenimpfungen etwa in Schulen aus. Die Wirksamkeit des Biontech-Impfstoffes betrage bei Kindern und Jugendlichen bisher nachweislich 100 Prozent. &bdquo;Kinder haben das gleiche Recht, sich damit vor dem Virus zu schützen und frühzeitig zu immunisieren", betont der Mediziner. Denn für ihn gebe es einen wichtigen Hauptgrund für die Impfung ab zwölf Jahren: &bdquo;Kinder dürfen nicht hinten runterfallen." Der Lockdown und die soziale Isolation durch Schulschließungen und Kontaktbeschränkungen mache sich in der psychischen Entwicklung der Kinder bemerkbar. &bdquo;Das haben wir im vergangenen Jahr gesehen. Wir beobachten vermehrt deutliche Auffälligkeiten bei Kindern", warnt der Kinderarzt. Gerade im Alter zwischen 12 und 16 Jahren sei der Kontakt mit Gleichaltrigen wichtig. &bdquo;Es ist die Zeit, in der sie sich von Zuhause lösen", weiß er. Umso wichtiger sei, dass ihre Teilhabe nicht eingeschränkt sei. Außerdem profitieren alle von einer Herdenimmunität. "Ich sehe schwarz, wenn die Priorisierung fällt" Dennoch stehe die individuelle und vor allem freiwillige Entscheidung im Vordergrund. &bdquo;Es geht auch um die individuelle Nutzen-Risiko-Abwägung", sagt er. Der Bad Driburger Kinderarzt stehe demnach einer Impfung von Kindern positiv gegenüber, allerdings nur mit einem zugelassenen Impfstoff mit einer Empfehlung der Ständigen Impfkommission (Stiko). &bdquo;Außerdem sollte der Staat im Falle von Impfschäden haften und Eltern – falls noch nicht geschehen – gleich mitgeimpft werden", fordert er. Dass das Interesse da ist, merke er täglich. Er habe bereits eine Warteliste – auch für Patienten ab 16-Jahren, die unter bestimmten Voraussetzungen bereits jetzt schon eine Impfung gegen das Coronavirus erhalten könnten. &bdquo;Ich habe mich für Impfstoff beworben, allerdings noch keinen erhalten und schon jetzt stehen die Telefone nicht mehr still", sagt er. &bdquo;Und ich sehe jetzt schon ein bisschen schwarz, wenn dann auch noch die Impfpriorisierung fällt", gesteht der Bad Driburger Kinderarzt Gerhard Broer.

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