Höxter. Die nächste Hitzewelle dieses Sommers ist da, das bedeutet für die Schwimmmeister in den Freibädern wieder viel Arbeit und ein erhöhtes Maß an Aufmerksamkeit. Doch die Branche leidet unter Fachkräftemangel und Negativschlagzeilen über Randale am Beckenrand. Im NW-Interview spricht der Leiter der Höxteraner Bäderbetriebe und Schwimmmeister Volker Riedl über die Probleme aber auch die schönen Seiten seines Berufs.
Herr Riedl, die Schwimmmeisterbranche leidet unter Fachkräftemangel. Und in diesen heißen Tagen wird das besonders prekär, wenn es in den Becken richtig voll ist. In Bielefeld und im Kreis Paderborn wurden wegen Personalmangels Bäder geschlossen oder Öffnungszeiten verkürzt. Wie sind Sie in Höxter aufgestellt?
Volker Riedl: Momentan haben wir ja gar keinen Bäderbetrieb. Und wir werden nur eine kurze Freibad-Saison haben. Personell sind wir zurzeit ausreichend aufgestellt. Wir haben zwei Vollzeitkräfte und auch zwei Auszubildende. Im nächsten Jahr brauchen wir aber dringend eine dritte Vollzeitkraft, um die Öffnungszeiten für Frei- und Hallenbad aufrecht erhalten zu können. Wir wollen im nächsten Jahr auch wieder ausbilden. Mal sehen, ob wir junge Leute bekommen.
Warum ist es so schwer, Nachwuchskräfte für den Schwimmmeisterberuf zu finden?
Riedl: Ich glaube der Schichtdienst und die Arbeit an Wochenenden und Feiertagen schrecken viele ab. Die Bezahlung könnte auch besser sein. Manch einer scheut sich vielleicht auch vor der hohen Verantwortung, die man hat. Und den ganzen Tag in der Hitze zu stehen, mag sicherlich auch nicht jeder. Wir hatten aber auch schon Auszubildende, die einfach nicht gut genug schwimmen konnten und daran gescheitert sind. Die 100 Meter muss man mindestes in 1:30 Minute schaffen, um die Prüfung zu bestehen.
Mehr als nur die Schwimmaufsicht
Was sollte getan werden, um den Beruf attraktiver zu machen?
Riedl: Zum einen müsste die Bezahlung besser werden. Für die Verantwortung, die wir tragen, ist das einfach zu wenig. Wir brauchen aber auch bessere Arbeitsbedingungen. Zum Beispiel müsste es Schattenplätze oder Unterstellmöglichkeiten für uns geben, um nicht den ganzen Tag der Sonne ausgesetzt zu sein.
Mit welchen Argumenten würden Sie versuchen, einen jungen Menschen für den Schwimmmeister-Beruf zu begeistern?
Riedl: Es ist ein kreativer Beruf. Wer Spaß hat, mit Menschen zu arbeiten, ist hier richtig. Man kann viel kommunizieren. Es ist ein abwechslungsreicher Beruf. Jeder Tag ist anders. Wir bringen Kindern und Erwachsenen das Schwimmen bei, haben auch viel mit Technik zu tun und sind handwerklich tätig, bei kleineren Reparaturarbeiten oder Wartungsarbeiten zum Beispiel.
Warum sind Sie Schwimmmeister geworden?
Riedl: Das war eher zufällig. Ich wollte eigentlich einen Beruf im Elektrohandwerk ergreifen. Doch da waren die Chancen nicht so toll. Dann las ich eine Zeitungsannonce, in der in Verden ein Ausbildungsplatz für den Schwimmmeisterberuf angeboten wurde. Ich dachte mir, das wär doch was und hab mich beworben. Schließlich war ich ja auch im Schwimmverein aktiv.
"In der Provinz ist es friedlich"
Was fasziniert Sie an Ihrem Beruf?
Riedl: Der Umgang mit Menschen. Und mit der Technik, zum Beispiel bei der Wasseraufbereitung. Die Leute sehen mich nur am Beckenrand stehen. Die andere Arbeit sieht keiner. Eine Stunde vor der Badöffnung sind Vorbereitungsarbeiten notwendig, eine Stunde nach der Schließung stehen Nacharbeiten an. Am schönsten ist es aber, am Beckenrand zu stehen. Da hat man den direkten Kontakt zu den Badegästen.
Und was stört Sie am meisten?
Riedl: Der Verwaltungskram. Darauf könnte ich verzichten. Geht aber nicht. Als Bäderbetriebsleiter kommt man daran nun mal nicht vorbei.
Im Ernstfall auch Lebensretter
In letzter Zeit gibt es in einigen Städten öfter Probleme mit aggressiven Badegästen. Machen Sie auch die Erfahrung, dass vor allem jüngere Besucher zunehmend respektloser werden?
Riedl: Nein. Hier in der Provinz ist noch alles friedlich. Ich habe in den 32 Jahren meiner Schwimmmeistertätigkeit nur zweimal die Polizei rufen müssen, weil Badegäste aggressiv waren und sich geweigert haben, das Bad zu verlassen. Allerdings muss man heute mehr seine Anordnungen begründen. Früher reichte es, zu sagen: Spring nicht vom Beckenrand. Heute wird nach einer Begründung gefragt.
Was war Ihr aufregendstes Erlebnis in Ihrer Tätigkeit?
Riedl: Im Hallenbad musste ich mal ein Kleinkind retten, das vom Nichtschwimmerbereich in den Schwimmerbereich abgetrieben war. Und im Freibad war mal ein Kind von einer Wespe in den Hals gestochen worden und hatte darauf allergisch reagiert. Der Notarzt war aber ganz schnell vor Ort, es ist alles gut ausgegangen. Einmal haben wir auch einen älteren Herrn vom Beckengrund geholt. Der wollte das aber gar nicht. Er wollte bloß ausprobieren, wie lange er unter Wasser die Luft anhalten kann.
Und Ihr schönstes Erlebnis?
Riedl: Schön ist es, kleinen Kindern das Schwimmen beizubringen und ihnen die Angst vor dem Wasser zu nehmen. Ein schönes Erlebnis war es auch, als eine Dame mit 74 Jahren noch das Schwimmen bei mir gelernt hat. Die ist nachher sogar vom Ein-Meter-Brett gesprungen.
Würden Sie diesen Beruf noch einmal ergreifen?
Riedl: Ja. Auf jeden Fall. Für mich gibt es keinen schöneren Beruf.