Mordfall Tino Werner aus Bad Driburg: Spur am Ärmel belastet Beschuldigten

Bad Driburg. Mord ist der schwerste Vorwurf, den das deutsche Strafgesetz kennt. Im Fall eines Schuldspruchs sieht es als Mindeststrafe den lebenslangen Verlust der Freiheit vor, erst nach 15 Jahren kann ein verurteilter Mensch in die Freiheit zurückkehren – wenn nachgewiesen ist, dass er resozialisiert ist und keine Gefahr für die Allgemeinheit darstellt. Michael L. (Name geändert) muss sich seit Anfang November vor der Paderborner Schwurgerichtskammer diesem Vorwurf stellen. Er soll vor 22 Jahren aus Hass auf homosexuelle Menschen und Geldnot den Bad Driburger Tino Werner getötet haben. Dass der Fensterbauer jetzt auf der Anklagebank sitzt, liegt daran, dass mithilfe der weiterentwickelten Technik Spuren seiner DNA auf dem vor mehr als 20 Jahren gesicherten Beweismaterial ausgemacht werden konnten. Und so steht an diesem fünften Verhandlungstag vor allem ein Experte des Landeskriminalamtes (LKA) im Mittelpunkt des Geschehens. Der Diplombiologe beschäftigte sich bereits im November 2003 mit Spuren, die die Mordkommission &bdquo;Morgenstern“ am Tatort, am Leichnam Timo Werners sowie in dessen Opel Astra gesichert hatte. Obschon ihm bis 2006 immer wieder Spuren zum Abgleich vorgelegt wurden, mochte sich damals kein Erfolg einstellen. &bdquo;Es tat sich lange nichts“, sagt der LKA-Mitarbeiter. Was zuletzt geschah: Mordprozess Tino Werner aus Bad Driburg: Ex-Partnerinnen des Angeklagten sagen aus Welche Spur am Leichnam auf den Angeklagten deutete 2022 allerdings sei ihm erstmals der Trainingsanzug, den Tino Werner zur Tatzeit getragen hatte, übergeben worden. Dank neu entwickelter Methoden konnte so nicht nur die DNA des Getöteten festgestellt werden, sondern am rechten Ärmel des Anzugs auch die Spur einer unbekannten Person. Eingestellt in die zentrale Datenbank für DNA-Analyse wurde diese im Frühling 2025 Michael L. zugeordnet. Die Untersuchung weiterer Spuren blieb hingegen erfolglos, weil die gesicherten Zellkonglomerate einfach zu klein und somit nicht auswertbar gewesen seien, so der Experte. 2025 erteilte das Ermittlerteam &bdquo;Cold Case“ dem LKA erneut den Auftrag, einige andere Spuren – vor allem aus dem Auto Werners – mithilfe der weiterentwickelten Methoden zu bewerten. Hätten die Spuren auch anders an Tino Werner kommen können? Tatsächlich ließ sich am Lenkrad des Wagens aufgefundene DNA jener unbekannten Person zuordnen, die der Biologe bereits bei der Untersuchung des Trainingsanzuges ausgemacht hatte. Diese sei aber &bdquo;sehr schlecht“ und lasse sich nur mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit dem Beschuldigten zuordnen, sagt der Experte. Anders sei das bei der Spur, die am Ärmel festgestellt wurde, da gebe es &bdquo;keine gut begründete Zweifel daran, dass hier die DNA-Spuren des Beschuldigten vorliegen“. Lesen Sie auch: Mordfall Tino Werner aus Bad Driburg: Erfand eine Zeugin ein Phantombild? Als der Vorsitzende Richter Eric Schülke fragt, ob denn die DNA auch auf das Bekleidungsstück hätte gelangen können, ohne dass ein direkter Kontakt zwischen dem Angeklagten und Tino Werner stattgefunden hätte, kommt der Experte auf den sogenannten &bdquo;Sekundärtransfer“ zu sprechen. &bdquo;Viele Szenarien sind denkbar“, sagt er und gibt zu bedenken, dass Menschen unterschiedlich stark ihre DNA hinterließen. Er könne eine Sekundärübertragung also auch in diesem Fall nicht ausschließen. Aber diese Spur sei für eine solche Art der Übertragung &bdquo;ungewöhnlich stark“, gibt der Biologe zu bedenken. Urteil im Mordfall Tino Werner wird für Januar erwartet Nichtsdestotrotz ist für das Gericht das Thema DNA noch nicht erledigt. Mehr als 90 der Folien, mit denen die Ermittler vor 22 Jahren Spuren sicherten, sind anscheinend noch nicht untersucht worden. Diese habe man jetzt zur erneuten Beurteilung nach München übersandt, teilt der Vorsitzende Richter mit, während Anklägerin Kathrin Lohmeier dem Mitarbeiter des LKA noch im Gerichtssaal den Auftrag erteilt, mithilfe der neuesten Methoden jetzt auch das Kabel, mit dem Tino Werner gefesselt und stranguliert worden war, erneut auf DNA-Spuren zu untersuchen. Somit dürfte es nicht sehr wahrscheinlich sein, dass die Richter, wie geplant, im Januar ihr Urteil sprechen können – zumal die Verteidiger Tim Hoffmann und Jann Henrik Popkes ankündigen, einige Beweisanträge stellen zu wollen. Dass mit Michael L. ein Mensch auf der Anklagebank sitzt, der &bdquo;Hass auf homosexuelle Menschen“ habe, wie es in der Anklage niedergeschrieben ist, mag nach bisherigem Verlauf der Verhandlung übrigens niemand mehr annehmen. Als Verteidiger Tim Hoffmann einen Antrag stellt, mit dem er beweisen will, dass sein Mandant nicht homophob sei, sagt sogar Staatsanwältin Lohmeier, dass man das als wahr unterstellen könne. Ein Merkmal, das ein Tötungsdelikt als Mord qualifiziert, dürfte damit vom Tisch sein. Weiter geht’s am Mittwoch, 10. Dezember.

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