Frauenberatungsstelle: Gewalt beginnt oft in der Schwangerschaft

Bad Driburg/Kreis Höxter. Es ist kein Geheimnis, dass die Wut einiger Menschen in den vergangenen rund 18 Monaten zugenommen hat. Eine starke Reduzierung der sozialen Kontakte, Kurzarbeit oder gar Arbeitslosigkeit als Folgen der Corona-Pandemie haben es für Paare, die sich eh schon in einer schwierigen Situation befunden haben, nicht leichter gemacht. Das haben auch die Beratungsstellen der Arbeiterwohlfahrt (AWO) im Kreis Höxter registriert. &bdquo;Die Gewalt ist brutaler geworden", sagt Mareike Stöver, Mitarbeiterin der Frauenberatungsstelle. &bdquo;Die Corona-Pandemie hat uns Beraterinnen sowie den Klienten und Klientinnen im vergangenen Jahr einiges abverlangt", so Beate Knievel-Boraucke, Ansprechpartnerin bei der AWO. Während der Krise für Menschen in Notlagen weiterhin erreichbar zu sein, sei immer das wichtigste Anliegen der AWO gewesen – und habe, wenn auch mit einigen Einschränkungen, funktioniert. Sonderfonds für die Bezuschussung von Verhütungsmitteln Und so verzeichnen die Verantwortlichen in ihrem Bericht des vergangenen Jahres 458 Ratsuchende, die die Unterstützung der AWO angenommen haben – das sind 28 Klientinnen mehr als 2019. &bdquo;392 Fälle sind der allgemeinen Schwangerschaftsberatung und 66 Fälle der Konfliktberatung zuzuordnen", sagt Knievel-Boraucke. Dass in der Schwangerschaftskonfliktberatung viele Frauen allein zu den Terminen kamen, sei auffallend, aber kein neues Phänomen. &bdquo;Das spiegelt auch die Schwere der Situation, in der sich die Frauen befinden, wider. Die Unterstützung des Partners ist in vielen Fällen einfach nicht gegeben", so Stöver. Auffällig: Als zweithäufigster Grund für einen erwünschten Schwangerschaftsabbruch seien im Jahr 2020 finanzielle Probleme genannt worden. Die meisten Frauen im Bereich der Konfliktberatung waren zwischen 27 und 34 Jahren alt. Minderjährig waren vier Mädchen. Eine Schwangerschaft war für die meisten Ratsuchenden auch der Erstanlass, um Kontakt zur AWO aufzunehmen. &bdquo;An zweiter Stelle suchten Frauen nach der Geburt eines Kindes Hilfe, gefolgt von der Familienplanungs- beziehungsweise Verhütungsberatung", so Knievel-Boraucke. Die Gesichter der Gewalt Dabei geht es nicht selten auch um Gewalt. &bdquo;Über 30 Prozent der betroffenen Frauen sehen die Anfänge der Partnerschaftsgewalt in der Zeit der Schwangerschaft", erzählt Stöver. Gemeint ist damit Gewalt jeglicher Art: Das kann psychische und/oder körperliche Gewalt sein, finanzielle Gewalt, aber auch soziale Gewalt. Im letzteren Fall werden die Frauen ganz abgeschottet von ihrer Familie und den Freunden, manchmal auch eingesperrt. &bdquo;Corona macht die Situationen der betroffenen Frauen nicht einfacher, weil bei ihren Partnern zusätzliche Wut und Unzufriedenheit auftauchen", so Stöver. Oft suchen Frauen aber auch die Hilfe der AWO, weil sie sich in einer schlechten wirtschaftlichen Situation befinden. Und so erhielten 2020 insgesamt 120 schwangere Frauen durch die Beratungsstelle eine finanzielle Unterstützung über die Bundesstiftung &bdquo;Mutter und Kind". Die durchschnittliche Höhe betrug 507,50 Euro. Zudem stellt der Kreis Höxter einen Sonderfonds für die Bezuschussung von Verhütungsmitteln zur Verfügung. &bdquo;36 bedürftigen Frauen konnten wir daraus im vergangenen Jahr einen 70-prozentigen Zuschuss zu den Kosten ihres Verhütungsmittels gewähren", so Stöver. Und weiter: &bdquo;Unsere Erfahrungen zeigen aber, dass viele Frauen auch den Eigenanteil von 30 Prozent nicht aufbringen können – vor allem bei den Langzeitverhütungsmitteln, wie Spirale oder Verhütungsstäbchen, ist das häufig der Fall". Bei 18 Klientinnen sei die Finanzierung 2020 deshalb über Spenden sichergestellt worden. Hoffen auf dauerhafte persönliche Beratungen Ab diesem Jahr sind die Richtlinien des Familienplanungsfonds des Kreises aber geändert – zur Erleichterung des AWO-Teams. Damit ist ab sofort auch eine 100-prozentige Kostenübernahme der Verhütungsmittel möglich. 8.000 Euro stehen der AWO dafür zur Verfügung. &bdquo;Frauen, die in einem solchen Fall Unterstützung suchen, können in die Beratungsstelle gehen, müssen einen kleinen Antrag stellen und natürlich auch nachweisen, dass sie das nötige Geld selbst nicht haben", so Stöver. Das AWO-Team hofft, dass persönliche Beratungen weiterhin möglich bleiben. Im März 2020 mussten die Mitarbeiterinnen plötzlich auf telefonische oder postalische Beratung zurückgreifen. &bdquo;Oft sind Gespräche aber schwierig, wenn Gestik und Mimik fehlen – vor allem, wenn dann noch Sprachbarrieren auftauchen", sagt Silke Niggemann-Boffer (AWO). Immerhin eine kleine Hilfe in dieser Zeit sei es gewesen, dass Sonderregelungen es ermöglichten, bedürftige schwangere Frauen auch nach telefonischer Beratung mit Mitteln aus der Bundesstiftung zu versorgen.

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