
Vlotho. Seit Montag ist das Weser-Gymnasium (WGV) Teil eines Netzwerks von über 3.000 Schulen im gesamten Bundesgebiet, das sich dem Projekt „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage" verschrieben hat. Die darin organisierten Schulen beschäftigen sich mit Themen wie Ausgrenzung, Diskriminierung und Rassismus sowie Vielfalt, Gemeinschaft und Zivilcourage. Prominenter Pate in Vlotho ist der Musiker Joris.
Für Joris gibt es mehrere Gründe, sich zu engagieren. Zum einen ist er als ehemaliger Abiturient des WGV der Schule verbunden. Erst im vergangenen Jahr trat er mit Band zum 150-jährigen Bestehen des Gymnasiums auf. Die Schule ist für ihn auch heute noch „ein Stück kleine Welt", wie er im Gespräch mit der NW betont. „Ihr alle seit dafür verantwortlich, dass in dieser kleinen Welt keine Ausgrenzung passiert", ruft er den Schülern zu.
Joris nennt einen weiteren, persönlichen, Grund, warum er aktiv geworden ist. Er erinnert an einen Festivalauftritt vor drei Jahren im bayrischen Ansbach, als ein Attentäter einen Sprengstoffanschlag verübte.
Das ist Hass!
„Tags zuvor bin ich vor 100.000 Menschen aufgetreten und mir schlug ganz viel Liebe entgegen." Ähnlich sei es in Ansbach vor 5.000 Zuhörern gewesen als er „Herz über Kopf", „Das ist dein Leben" und „Keine ist wie du" sang. „Auch da schlug mir ganz viel Liebe entgegen." Bis es krachte. „Da schlug mir eine Druckwelle entgegen", sagt der Sänger im Pädagogischen Zentrum (PZ). Und es ist mucksmäuschenstill. „Das ist Hass!", schleudert Joris den mehr als 600 Schülern zu.

Wohl auch deswegen zeigt Joris Anfang Oktober Flagge, nachdem im sachsen-anhaltinischen Halle Antisemitismus aufflammt und Menschen sterben. Unter dem Motto „HalleZusammen" wird für Toleranz und ein friedliches Miteinander geworben. Die Veranstalter fordern ein Zeichen gegen Ausgrenzung und Hass.

Zum Abschluss des Konzerts singen Max Giesinger, Michael Schulte und Joris „Imagine" von John Lennon. „Das fällt einem nicht so leicht. Vor allem deswegen, weil neben der Bühne Blumen, Gestecke und Grableuchten zum Andenken der Opfer des Terroranschlag zu sehen sind", sagt Joris der NW.
Schon im Jahr zuvor bewies der Abiturient aus Vlotho Haltung, indem er beim Konzert „Wir-sind-mehr" gegen Rechts in Chemnitz dabei war. „Ich will niemanden dazu bringen, etwas Bestimmtes zu wählen. Wir Künstler haben aber die Möglichkeit, auf der Bühne für Weltoffenheit und Toleranz einzustehen", teilte Joris damals mit.
Wir sollten heute damit anfangen
Und erreichte WGV-Schülerin Kiana Döhr, der die Künstler-Aktion um die Bands „Kraftklub" und „Die Toten Hosen" aufgefallen war. Sie wird zur Initiatorin für „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage" in Vlotho. Ihr habe das Konzert in Chemnitz „noch mehr die Augen geöffnet". Nun wolle sie ein Signal setzen. Im PZ sagt sie: „Es kann nicht von heute auf morgen perfekt werden. Aber wir sollten heute damit anfangen."
Kiana Döhr weiß Vlothos Bürgermeister Rocco Wilken an ihrer Seite, der den direkten Bezug zur Thüringenwahl vom Sonntag findet: „Rassisten, Faschisten und aufkommende Rechte verändern die Sprache. Da ist es wichtig, dass die Schülerinnen und Schüler ein Zeichen setzen."
Denselben Bezug wählt Jörg Neumann, der von der Detmolder Bezirksregierung an die Weser gereist ist: „Eine Feierstunde gegen Rassismus und für Courage? Das sollte doch selbstverständlich sein. Wenn aber solche Gedanken in unsere Parlamente einziehen, dann zeigt Thüringen, dass wir gegen Rassismus und Diskriminierung eintreten müssen."
Joris sagte anlässlich des Konzerts in Chemnitz, dass er selbst schon immer „ein diskussionsbereites Umfeld" gehabt habe. Dazu zähle, gesteht er jetzt gegenüber der NW, sein Freundeskreis, „und letztlich auch das Weser-Gymnasium Vlotho."