Röbkebach wird immer kleiner: Löhner Anwohner geben ihren Bach nicht kampflos auf

Löhne. Noch plätschert er durch Löhne-Ort, wenn auch nur gemächlich. Schon bald aber könnte dem Röbkebach der Hahn nahezu abgedreht werden. Nachdem die Wasserzufuhr seit 2015 schon dreimal reduziert worden ist, prüft der Kreis Herford derzeit eine mögliche vierte Drosselung – und zieht damit den Zorn etlicher Anwohner auf sich. Denn neben Biotopen, Gräsern und Bäumen säumen längst auch Trauer, Unverständnis und Sorge die Ufer des Gewässers. An der Straße &bdquo;In der Röbke“ ist er letztmals zu sehen. Im Vorgarten von Hausnummer 17 taucht der Bach für einen kurzen Moment an der Oberfläche auf, wenn auch nur auf 2 Metern Länge in einem Schacht. In Richtung Werre fließt er anschließend nur noch unterirdisch durch ein Rohrsystem. Davor sind es etwa eineinhalb Kilometer, die das Wasser von der Geisebergquelle aus unter freiem Himmel zurücklegt. Mineralwasserkonzerne entnehmen Wasser in Löhne &bdquo;Das hier ist alles, was mir vom Röbkebach geblieben ist“, sagt eine Anwohnerin und deutet auf ein Schutzgitter im Rasen vor ihrem Haus. Zu sehen ist zwar kaum etwas, aus der Tiefe aber hört man es immerhin leise plätschern. Früher sei das einmal anders gewesen. &bdquo;Da lief der Bach hier quer durch unseren Vorgarten, wir konnten im Wasser spielen, haben sogar Flusskrebse gefunden“, erzählt sie mit leuchtenden Augen. Gerne würde sie die Erinnerungen wieder aufleben lassen, den Bach wieder öffnen und erlebbar machen. &bdquo;Aber bei dem bisschen, was da noch durchfließt...“, sagt sie und lässt den Gedanken unvollendet. Lesen Sie auch: Vom Klappern der Mühle zum schweigenden Bach Tatsächlich ist ohnehin klar, was die Anwohnerin meint: Die Wassermenge des Röbkebaches ist längst nicht mehr annähernd die Gleiche, wie zu ihrer Kindheit. Bis 2015 flossen noch 263.000 Kubikmeter jährlich, seither wurde der Ausfluss dreimal auf aktuell rund 96.500 Kubikmeter reduziert. Der Kreis will so das Grundwasser schützen. Zugleich aber dürfen die beiden Löhner Mineralwasserkonzerne Brohler und Refresco Wasser entnehmen. Beide bedienen sich kräftig – und entnehmen mit insgesamt 182.500 Kubikmetern pro Jahr mittlerweile fast doppelt so viel kühles Nass, wie der Röbkebach. Weil das zu viel sein könnte, soll der Bach weiter gedrosselt werden. .responsive23-uMErXwY1i8PI27P8-bar-grouped-vertical-wassermengen-roebkebach { width: 100%; padding-top: 100%; } @media (max-width: 600px) { .responsive23-uMErXwY1i8PI27P8-bar-grouped-vertical-wassermengen-roebkebach { padding-top: 100%; } } @media (max-width: 360px) { .responsive23-uMErXwY1i8PI27P8-bar-grouped-vertical-wassermengen-roebkebach { padding-top: 142.86%; } } Bei Löhnern fließt der Bach direkt durch den Garten &bdquo;Schade“, findet das eine junge Familie, die erst kürzlich ans Pastorenholz gezogen ist. Anders als bei der Vorrednerin fließt der Bach hier oberirdisch durch den Garten. &bdquo;Als wir das gesehen haben, war unsere Kaufentscheidung quasi gefallen“, sagt die Mutter. Auch weil ihre Kinder so von klein auf mit einem Stück Natur aufwachsen könnten. &bdquo;Da tummeln sich im Sommer unzählige Vögel und Insekten, es gibt immer etwas zu entdecken und unsere Tochter spielt mit ihren Freunden im Wasser“, schwärmt die junge Frau. Der aufgebaute Pool verkomme dabei glatt zur Nebensache. Was beide Anwohner eint, ist die Sorge vor einem weiteren Rückgang des Gewässers. Dann nämlich wären plötzlich viele Vorteile und Erinnerungen passé, fürchten sie. Unwahrscheinlich ist das nicht. Nach Angaben des Kreises wird derzeit geprüft, ob eine weitere Reduzierung der Grundwasserentnahme erforderlich ist. Sollte das so sein, würde der Ausfluss in den Röbkebach aller Voraussicht nach ein viertes Mal gedrosselt werden – auf dann gerade einmal ein Viertel der ursprünglichen Menge. Bei Starkregen gibts Probleme mit diesem Löhner Bach Den meisten Anwohnern &bdquo;In der Röbke“ könnte das im Prinzip egal sein. Hier nämlich verläuft der Bach überwiegend unterirdisch – zumindest noch. Erfahrungen aus der jüngeren Vergangenheit aber haben viele Nachbarn ins Grübeln gebracht. Als Löhne-Ort im August 2024 von Unwetter und Starkregen heimgesucht wurde, liefen gleich mehrere Keller in der Straße voll, auch die Feuerwehr sprach seinerzeit von einem Einsatzschwerpunkt. Das Problem war dabei nicht der Bach selbst, sondern die beengten Rohre, in die das Wasser hineingezwängt wird. Das Wasser hat sich vor den Rohren massiv gestaut: &bdquo;Mit der Folge, dass es natürlich übergelaufen ist“, sagt eine Anwohnerin. Bei der Stadt Löhne ist dieses Problem durchaus bekannt. Bei der Aufarbeitung besagten Starkregens einen Monat später bezeichneten die Stadtwerke die Straße &bdquo;In der Röbke“ als &bdquo;besonders betroffenen Bereich“. Dass ein Rückstau in verrohrten Wasserläufen &bdquo;schadhafte Auswirkungen“ haben können, ist zudem im Handlungskonzept Starkregen explizit vermerkt, wenn auch ohne Erwähnung des Röbkebachs. Eine Offenlegung könnte also durchaus Abhilfe schaffen. &bdquo;Aber solange nicht klar ist, wie viel Wasser hier künftig durchfließt, brauchen wir da auch nicht rangehen“, heißt es von vielen Anwohnern. Erst wurde der Löhner Bach renaturiert, dann gedrosselt Etwas weiter südlich würde sich Christel Habbe über die ein oder andere Schwemme des Baches derweil durchaus freuen. Von ihrem Haus an der Marienstraße hat sie direkten Zugang zu einem langen Abschnitt des Gewässers im Siek zwischen Pastorenholz und Brunnenstraße. Schon seit geraumer Zeit beklagt sie dort den stetigen Rückgang des kühlen Nasses. &bdquo;Dabei stehen wir hier in einem Landschaftsschutzgebiet“, sagt die Löhnerin. &bdquo;Und früher wurde das auch ernst genommen.“ Lesen Sie auch: In Löhne wird Umweltschutz den wirtschaftlichen Interessen geopfert Tatsächlich waren erst vor 18 Jahren hier schwere Bagger angerückt, um das Gewässer zu renaturieren. In einem aufwendigen Prozess wurde die Trasse des Baches neu justiert, Betonbauwerke wurden entfernt, das Bett revitalisiert. &bdquo;Sichtbar und erlebbar“ sei der Röbkebach dadurch geworden, heißt es dazu vom Gewässerentwicklungsprojekt Weser-Werre-Else des Kreises Herford. Mehr noch: Der Bach wurde zielgerichtet so umgestaltet, dass er nach stärkeren Regenfällen über die Ufer treten und die angrenzenden Grünlandflächen zugunsten von Fauna und Flora überschwemmen kann. &bdquo;Das ist Naturschutz, wie er sein sollte“, sagt Christel Habbe. Schwere Eingriffe im Landschaftsschutzgebiet Allein: Der Effekt verpuffte mit der Drosselung des Baches acht Jahre später. &bdquo;Da tritt nichts mehr über die Ufer“, sagt Habbe. Und auch die Sichtbarkeit habe unter dem Wasserrückgang gelitten. An manchen Tagen sei das Wasser sogar ganz weg. &bdquo;Dann fragt man sich schon, wofür hier so viele Menschen für so viel Geld so viel Arbeit geleistet haben.“ Und auch, worin eigentlich der Landschaftsschutz im eigens ausgezeichneten Gebiet bestehe. .responsive23-5jFpzcIKXnCl2h6J-map-roebkebach-vor-2015 { width: 100%; padding-top: 100%; } @media (max-width: 600px) { .responsive23-5jFpzcIKXnCl2h6J-map-roebkebach-vor-2015 { padding-top: 100%; } } @media (max-width: 360px) { .responsive23-5jFpzcIKXnCl2h6J-map-roebkebach-vor-2015 { padding-top: 142.86%; } } Dabei scheint es gerade der Röbkebach zu sein, der das Areal überhaupt zu einem geschützten Bereich macht. Festgehalten ist das in der Verordnung von 1995 zwar nicht. Auffällig aber ist dennoch, dass das Landschaftsschutzgebiet &bdquo;Ravensberger Hügelland“ eigentlich auf dem Geiseberg endet – und nach Norden lediglich durch einen schmalen Streifen entlang des sichtbaren Teils vom Röbkebach ergänzt wird. Auch im Landschaftsplan Löhne-Kirchlengern ist dieser Bereich als Schutzgebiet festgehalten. Verbunden mit dem Verbot, &bdquo;Fließ- und Stillgewässer einschließlich deren Quellbereiche zu verändern, zu zerstören oder zu beseitigen“. Lediglich Eingriffe zur &bdquo;ökologischen Verbesserung“ oder zur &bdquo;ordnungsgemäßen Unterhaltung“ sind erlaubt. So wie etwa die Renaturierung im Jahr 2007. Die gerechte Verteilung des Wassers An anderer Stelle ist man von einer ordnungsgemäßen Unterhaltung derweil weit entfernt. Zwischen Brunnenstraße und Geisenbergquelle säumen gleich mehrere Teiche den Röbkebach, eingebettet in Wald und Wiesen. In den 1970er Jahren, als noch reichlich Wasser aus der Quelle sprudelte, hatte man den Bach angezapft und Teiche zur Fischzucht angelegt. &bdquo;Das geht mittlerweile schon lange nicht mehr“, sagt Petra Fischer, auf deren Areal sich gleich mehrere dieser Gewässer erstrecken. Auch Pächter der südlicher gelegenen Teiche berichten ähnliches. &bdquo;Den Fischen fehlt es an Sauerstoff, weil zu wenig Wasser fließt“, sagen sie. Nach den ersten Drosselungen habe man sich noch mit Pumpen behelfen können. &bdquo;Aber seit der dritten Reduzierung reicht auch das nicht mehr“, sagt Petra Fischer. Auch interessant: Kampf um ein kleines Paradies Ein knapper Kilometer liegt zwischen ihren Teichen und der Stelle, an der der Röbkebach endgültig unter der Erdoberfläche verschwindet. Tausend Meter voller Sorgen, von Umweltschutz bis Hochwasser, von Lebensqualität bis Fischzucht. Doch so unterschiedlich die Interessen der Anwohner auch sein mögen, so einig sind sie sich auch in einem Punkt: Die Ablehnung einer vierten Drosselung des Röbkebachs zugunsten der Mineralwasserproduktion. &bdquo;Alles, was wir wollen, ist eine gerechte Verteilung des Wassers“, sagen sie. Und damit nicht weniger als einen Einklang von Ökonomie und Ökologie.

Meistgelesen