In Löhne wird Umweltschutz den wirtschaftlichen Interessen geopfert

Als die Reichsbahn im Jahr 1939 einen Brunnen auf dem Löhner Geiseberg bohrte, war sie noch auf der Suche nach Wasser für ihre Dampflokomotiven. Knapp neun Jahrzehnte später versorgt die Quelle zwar keine Eisenbahn mehr. Dafür aber einen idyllischen Bach samt Biotop und die Mineralwasserproduktion zweier Unternehmen. Man könnte es eine friedliche Koexistenz von Ökologie und Ökonomie nennen, die rund um das Grundwasser in Bischofshagen gepflegt wird. Oder besser gesagt: gepflegt wurde. Denn mittlerweile wird den wirtschaftlichen Interessen offenbar ein höheres Gewicht eingeräumt. Und der Kreis Herford als federführende Behörde scheint wenig Interesse zu haben, daran etwas zu ändern. Im Gegenteil wird der Röbkebach mehr und mehr aufs Abstellgleis gestellt. Die Hintergründe sind komplex und nicht leicht zu durchschauen. Vereinfacht ausgedrückt aber lässt sich sagen: Je mehr Grundwasser entnommen wird, desto negativer wirkt sich das auf seine Qualität aus. Dass der Kreis eine aus ökologischer Perspektive sparsame Bewirtschaftung verfolgt und sein Grundwasser schützen will, ist also nicht nur legitim, sondern auch nachvollziehbar. Und auch die Ansatzmöglichkeiten sind zugegebenermaßen überschaubar: Entweder schränkt er die Mineralwasserförderung ein – oder eben den Röbkebach. Lesen Sie auch: Vom Klappern der Mühle zum schweigenden Bach .responsive23-5jFpzcIKXnCl2h6J-map-roebkebach-vor-2015 { width: 100%; padding-top: 100%; } @media (max-width: 600px) { .responsive23-5jFpzcIKXnCl2h6J-map-roebkebach-vor-2015 { padding-top: 100%; } } @media (max-width: 360px) { .responsive23-5jFpzcIKXnCl2h6J-map-roebkebach-vor-2015 { padding-top: 142.86%; } } Mehr Wasser für Mineralwasserproduktion als Röbkebach Dass man sich im Kreishaus aber seit vielen Jahren ausschließlich auf das Fließgewässer konzentriert, lässt tief blicken. Dreimal wurde der Ausfluss seit 2015 bereits gedrosselt, schon jetzt fließt nur noch ein Drittel der ursprünglichen Menge durch den Röbkebach. Das Mineralwasser hingegen durfte in dieser Zeit ungehindert sprudeln. Und schon allein das könnte man als Fingerzeig deuten, wohin die Reise auch in Zukunft gehen dürfte. Momentan nämlich steht sogar eine vierte Drosselung des Baches im Raum, danach wäre das Gewässer auf weniger als ein Viertel seiner Ausgangsgröße geschrumpft. Ein weiterer Eingriff in die Natur zugunsten der Mineralwasserproduktion. Bestätigen will der Kreis das aber nicht, im Gegenteil: Er scheint die Vorgänge sogar verschleiern zu wollen. Da verschwinden plötzlich öffentlich einsehbare Dokumente und Daten von der Internetseite, vorliegende Fakten werden bewusst ignoriert, Informationen verweigert. So schweigt man sich im Kreishaus etwa beharrlich zur tatsächlich genehmigten Mineralwasser-Fördermenge beharrlich aus. Erst nach Offenlegung durch eine NW-Recherche ließ er verlauten, die Menge sei zwischen 2006 und 2013 halbiert und seither auch nicht erhöht worden. Was er hingegen nicht preisgibt: Dass gleichwohl fast doppelt so viel Wasser in die Mineralwasserproduktion fließt, wie in den Röbkebach. .responsive23-uMErXwY1i8PI27P8-bar-grouped-vertical-wassermengen-roebkebach { width: 100%; padding-top: 100%; } @media (max-width: 600px) { .responsive23-uMErXwY1i8PI27P8-bar-grouped-vertical-wassermengen-roebkebach { padding-top: 100%; } } @media (max-width: 360px) { .responsive23-uMErXwY1i8PI27P8-bar-grouped-vertical-wassermengen-roebkebach { padding-top: 142.86%; } } 📱News direkt aufs Smartphone: Kostenloser WhatsApp-Kanal der NW Kreis Herford Hält der Kreis Herford den Schaden für den Röbkebach möglichst gering? Doch auch darüber hinaus deutet vieles darauf hin, dass das Gewässer keinen hohen Stellenwert bei der Behörde genießt. So verzichtet der Kreis Herford etwa vor der anvisierten vierten Drosselung auf eine Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) und begründet das mit gesetzlichen Vorschriften, nach denen eine solche nicht nötig sei. Das ist zwar korrekt, galt aber auch schon vor der dritten Eindrosselung. Damals aber hat der Kreis wegen &bdquo;der besonderen örtlichen Verhältnisse“ noch ausdrücklich eine UVP gefordert, um den Schaden möglichst gering zu halten. Tatsächlich aber hat sich seither nicht das Geringste an diesen &bdquo;besonderen örtlichen Verhältnissen“ verändert. Trotzdem will er nach eigenen Angaben lediglich einen Umweltbericht zur Grundlage einer Entscheidung machen. Ein solcher ist zwar Teil einer UVP, kann aber auch gesondert angefertigt werden – und fällt in einigen wesentlichen Punkten deutlich schwächer aus. Während nämlich eine UVP die Beteiligung der Öffentlichkeit fordert, gilt das bei einem Umweltbericht lediglich für die &bdquo;betroffene Öffentlichkeit“. Zudem müssen in einer UVP auch Alternativen ausführlich beschrieben und ihre Nichtberücksichtigung begründet werden. In einem Umweltbericht hingegen müssen diese Alternativen lediglich benannt werden. Das Pikante an der Angelegenheit: Eine solche UVP zu einer möglichen vierten Drosselung wurde nach Angaben der Stadtwerke sogar durchgeführt. Es wäre also ein Leichtes, sie zu berücksichtigen und in die Entscheidung einzubeziehen. Oder, um es mit den selbst gewählten Worten zu sagen: Die besonderen örtlichen Verhältnisse zu beachten und den Schaden möglichst gering zu halten. Auch interessant: &bdquo;Gewollte Intransparenz“: Röbkebach-Dilemma geht in die nächste Runde Mut zur Wahrheit? Fehlanzeige beim Kreis Herford Der Kreis Herford aber beschränkt sich lediglich auf den in der UVP enthaltenen Umweltbericht – und verzichtet dadurch explizit und wissentlich auf eine Unterrichtung der Öffentlichkeit und auf die Prüfung von Alternativen, die es in Form der Mineralwasserbrunnen durchaus gibt. Auch wenn die Stadtwerke auf Einnahmen aus der Brunnenverpachtung verzichten müssten. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt. Wie gesagt: Eine Entscheidung steht noch aus und soll nach Angaben des Kreises im Lauf des Jahres erfolgen. Und sicherlich wäre ein Beschluss pro Mineralwasserproduktion mit Blick auf Gewerbesteuer, Arbeitsplätze und andere Faktoren auch ein Stück weit begründbar. Dann aber sollte man im Kreishaus auch den Mut haben, die Dinge beim Namen zu nennen: Dass man nämlich den wirtschaftlichen Interessen mehr Gewicht einräumt als dem Röbkebach und seinem Nutzen für Fauna und Flora, für Anwohner und Bürger, für die Stadt und ihr Erscheinungsbild. All das nämlich nimmt mit jeder Drosselung des Fließgewässers unweigerlich Schaden, zum Teil wahrscheinlich sogar irreparablen. Mit einer ökologischen Perspektive aber hat das – allen Argumenten zum Trotz – nur noch herzlich wenig zu tun. Im Fall Röbkebach ist der Grundwasserschutz vor diesem Hintergrund nicht mehr als ein Umweltschutz zweiter Klasse.

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