Löhner Schullandschaft im Umbruch: Gesamtschule kämpft um Anerkennung

Löhne. Der Elternwille hat gesiegt: Mit einer zusätzlichen Eingangsklasse reagieren Stadt und Bezirksregierung auf den Anmeldeboom an der Städtischen Realschule. Eine einstimmige Entscheidung zwar – aber auch eine, die andernorts Sorgen schürt. Insbesondere an der Bertolt-Brecht-Gesamtschule, wo im kommenden Schuljahr nun weniger fünfte Klassen gebildet werden können als vorgesehen. Und auch darüber hinaus scheint es um ihren Stellenwert in der Löhner Schullandschaft derzeit nicht gerade gut bestellt. Zu Unrecht, wie Schulleiter Matthias Buske betont. Eigentlich wollte er einen offenen Brief verfassen. Über die Lage der Löhner Schulen, über Probleme und Herausforderungen, über das Drumherum. Und ja, auch über die jüngsten Entwicklungen beim Wechsel auf weiterführende Schulen. &bdquo;Aber ehrlicherweise wusste ich nicht, an wen ich meine Worte richten soll“, sagt Buske. &bdquo;An den Schulträger? Die Eltern? Die Schüler? Die Politik?“ Der Elternwille ist klar Infrage gekommen wären im Prinzip alle diese Adressaten. Schließlich war es der Schulträger, der die zusätzliche Eingangsklasse an der Realschule genehmigte. Es waren Eltern, die sich gegen die Gesamtschule entschieden haben. Es sind Schüler, die in Mennighüffen nun fehlen. Und es war die Politik, die all das erst ermöglicht hat. Lesen Sie auch: Zusätzliche Eingangsklasse an Löhner Realschule - andere Schule verliert eine Klasse Ende März hatte sich der Rat der Stadt Löhne in seltener Einigkeit dafür ausgesprochen, ausnahmsweise eine dritte Eingangsklasse an der Städtischen Realschule zu bilden. Vorausgegangen war ein entsprechender Antrag der Schule, in dem unter anderem auf die hohe Nachfrage verwiesen wurde. Tatsächlich waren an der Realschule stolze 95 Anmeldungen registriert worden, fast 40 mehr als noch im Vorjahr. Und damit zu viel für die vorgesehen zwei Eingangsklassen. &bdquo;Damit kann ich nicht zufrieden sein“ Dass die Bezirksregierung Detmold im April grünes Licht gab, hatte viele Eltern erleichtert. Und auch Matthias Buske spricht von einem &bdquo;berechtigten Elternwillen“. Auch wenn seine Bertolt-Brecht-Gesamtschule im Ergebnis nur auf 83 Anmeldungen kommt. &bdquo;Platz haben wir für 135“, sagt Buske mit Blick auf die von der Stadt festgelegten fünf Eingangsklassen, die jetzt auf voraussichtlich vier zusammenschrumpfen. Zumal die Stadt ursprünglich noch 21 unversorgte Schülerinnen und Schüler in Aussicht gestellt hatte, von denen bislang aber lediglich vier an der BBG gelandet sind. So sehr Buske den Elternwillen aber auch respektiert, so sehr er die Entscheidung nachvollziehen kann – genau so sehr erfüllt sie ihn auch mit einem Gefühl der Sorge, der Hilflosigkeit, auch ein wenig mit Verdruss. &bdquo;Als neuer Schulleiter wünscht man sich natürlich andere Zahlen und kann damit auch nicht zufrieden sein“, sagt er. Und vielleicht hätte er sich auch ein Statement der Stadt für seine Schule gewünscht, ein Bekenntnis, ein Stück der Solidarität in ungemütlichen Zeiten. &bdquo;Als Gesamtschule sind wir schließlich für alle Schülerinnen und Schüler da und jedes Kind kann bei uns prinzipiell alle Abschlüsse bis hin zum Abitur machen“, sagt Buske. Ein System also, von dem die Kinder profitieren – und damit am Ende auch die Stadt. Eine Entscheidung mit Folgen für die Schüler Tatsächlich hatte die Stadtverwaltung in Person von Schuldezernent Matthias Döding vor der Entscheidung durchaus auf Gefahren hingewiesen. &bdquo;Die Bildung einer Oberstufe an der Gesamtschule hängt von ausreichenden Schülerzahlen in der Sekundarstufe I direkt ab“, erklärte Döding den Ratsmitgliedern. Die aber sei auch deshalb wichtig, weil das Gymnasium nicht alle Zehntklässler mit Qualifikationsvermerk aufnehmen könne. Auch interessant: Anmeldeboom in Löhne: Realschule vor Platzproblem Ein Punkt, den Matthias Buske zwar durchaus unterschreibt. Den Kern des Problems aber trifft er nach Ansicht des BBG-Leiters nicht. &bdquo;Es geht hier nicht nur um eine Oberstufe, es geht um das gesamte Schulgefüge“, sagt er. Nicht nur, dass die BBG angesichts immer weniger Kinder mit Realschulempfehlung Gefahr laufe, als Ersatz zur ehemaligen Hauptschule wahrgenommen zu werden. Sie sei auch eine Art Auffangbecken für alle, denen an anderen weiterführenden Schulen kein Erfolg vergönnt ist. &bdquo;Die kommen dann in der 7., 8. oder 9. Klasse zu uns und müssen auf längst bestehende Klassen aufgeteilt werden“, erklärt Buske. Oft würden dadurch gewachsene Klassenverbände auseinandergerissen und neu zusammengewürfelt. Vermehrt müssten sogar Anfragen Löhner Kinder für die Jahrgänge 8 und 9 aus Kapazitätsgründen abgelehnt werden. Diese müssen dann auf andere Kommunen ausweichen – anstatt von vornherein einen Platz an der Schule einzunehmen. Skeptischer Blick auf die Prognosen &bdquo;Wir sprechen hier von Menschen in der Pubertät und von Schülern, die aufgrund ihrer Erfahrungen oft demotiviert oder schulmüde sind und nicht gerade freiwillig zu uns kommen“, sagt Buske. &bdquo;Das kann die Entwicklung eines Kindes, den Schulfrieden, aber auch die seit der 5. Klasse einstudierte pädagogische Arbeit stark stören.“ Auch deshalb plädiert der Schulleiter dafür, Kinder aller Übergangsempfehlungen bereits ab der 5. Klasse zielgerichtet an der BBG anzumelden. &bdquo;Man darf sein Kind ruhig schon in der 5. Klasse zu uns bringen“, sagt er. Und glaubt man der Löhner Stadtverwaltung, dann wird das in Zukunft auch wieder so sein. &bdquo;Da die Zahl der Übergänger aus den vierten Klassen in den nächsten Jahren auf hohem Niveau verharrt, ist derzeit nicht davon auszugehen, dass die BBG in ihrem Bestand gefährdet ist“, heißt es etwa aus dem Rathaus. Und auch im aktuellen Schulentwicklungsplan gehen die Verantwortlichen bis zum Jahr 2031 von 114 bis 121 Anmeldungen pro Schuljahr an der Gesamtschule aus. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass für die Gesamtschule auch für das kommende Schuljahr 118 Anmeldungen prognostiziert, aktuell aber nur 83 registriert wurden. Auch deshalb genießt Matthias Buske solche Vorhersagen mit Vorsicht. Über die Gründe für die verschobenen Präferenzen kann er zwar nur spekulieren, allerdings spielt die Attraktivität der Schulen in seinen Augen eine durchaus gewichtige Rolle. Und an dieser Stelle kommt auch wieder die Stadt ins Spiel – ebenso, wie der Stellenwert der BBG in der Löhner Schullandschaft. &bdquo;Wir sind keine Resteschule“ &bdquo;Mit unserem pädagogischen Konzept und unseren Angeboten müssen wir uns nicht verstecken“, ist Buske überzeugt. Auch viele Eltern und etliche ehemalige Schüler spiegeln ihm das nach eigenen Worten wider. &bdquo;Aber die Rahmenbedingungen, insbesondere die Infrastruktur, sind gelinde gesagt ausbaufähig und helfen uns nicht, das Image zu verbessern.“ Lesen Sie auch: Schulleiterin verlässt die Löhner Gesamtschule und geht nach Guatemala Schon seit 2018 werde etwa über eine dringend notwendige Sanierung des Gebäudeteils E gesprochen, auch die Sporthalle müsse dringend erneuert werden und der Schulhof gleiche einer Betonwüste. &bdquo;Das alles sind für Eltern Gründe, ihre Kinder hier nicht anzumelden“, sagt Buske. Dass die Städtische Realschule ausgerechnet nach erfolgter Sanierung derart viele Anmeldungen verzeichne, wertet er dabei durchaus als Indiz. &bdquo;Und wenn der optische Eindruck bei uns nicht stimmt, dann werden unsere Inhalte oft gar nicht erst betrachtet.“ Unterm Strich, so sagt Buske, würde er sich für die BBG ein wenig mehr Anerkennung wünschen. &bdquo;Wir sind keine Resteschule“, sagt er bestimmt. Gerne würde er das noch mehr Menschen erzählen, ihnen das Konzept vorstellen, sie von seiner Schule überzeugen. &bdquo;Gebt der Gesamtschule eine Chance“, formuliert er eine Bitte. Und vermutlich richtet sich auch dieser Appell wieder an ein breites Publikum: an den Schulträger ebenso, wie an Eltern und Schüler. Und nicht zuletzt auch an die Politik. BBG will aktiver werden Um für sich zu werben und mehr Menschen von sich zu überzeugen, möchte die Bertolt-Brecht-Gesamtschule laut Matthias Buske künftig eine noch aktivere Rolle einnehmen. Geplant ist unter anderem, den MINT-Tag, bei dem sich seit 2023 Grundschüler in naturwissenschaftlichen Experimenten üben können, auf alle Grundschulen im Stadtgebiet auszuweiten. Zudem möchte die BBG noch enger mit den Löhner Grundschulen kooperieren und Aufklärungsarbeit bei den Schulübergängen betreiben. Zusätzliche Öffentlichkeitsarbeit erhofft sich die Schule auch durch ihren Instagram-Kanal, der im Januar an den Start gegangen ist. Zu finden ist er unter @bbgloehne. 📱News direkt aufs Smartphone: Kostenloser WhatsApp-Kanal der NW Kreis Herford

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