Diese Konsequenzen hat die Gas-Krise für Löhne

Löhne. In knapp einer Woche müsste das Gas aus Russland wieder geliefert werden. Wenn alles so läuft wie vor dem Angriff von Russland auf die Ukraine, dann enden die jährlichen Wartungsarbeiten an der Pipeline Nordstream 1 am 21. Juli und die Gasleitung geht wieder ans Netz. Das ist nicht sicher. Selbst wenn Russland wieder liefern sollte, kann sich das jederzeit ändern. Auch die Stadtverwaltung und die Stadtwerke stellen sich auf schwierige Monate und harte Zeiten im Winter ein. "Keiner weiß, wie es in den nächsten Monaten weitergeht", sagt Ulrich Niemeyer, Baudezernent und allgemeiner Stellvertreter des Bürgermeisters. Die Stadt plant für den Ernstfall, dass es im Winter zu einer Gasknappheit kommt. "Wir haben eine Liste mit den Gebäuden der Stadt zusammengestellt, die den größten Heizbedarf haben. Neben den Schulgebäuden sind das Sporthallen, die Werretalhalle und die Feuerwehrgebäude", sagt Niemeyer. Da müsse man bei jedem einzelnen Gebäude genau abwägen. Lüften in kalten Klassenräumen Besonders deutlich wird das Dilemma bei den Schulen. Dort war in den letzten beiden Wintern wegen der Corona-Pandemie das Lüften das Mittel der Wahl. "Wenn wir mit einer neuen Virus-Variante wieder Probleme kriegen, dann müssten wir ja eigentlich wieder lüften. Das würde aber dem Sparen von Gas total widersprechen", sagt Niemeyer. Jetzt rächt sich, dass die Löhner Schulen, abgesehen von der frisch sanierten Grundschule Obernbeck, keine Lüftungsanlagen haben. Dass in den Klassenräumen die Temperatur reduziert wird, um Gas zu sparen, steht nach Angaben von Niemeyer auf der Prioritätenliste nicht oben. Sollte jedoch das Gas knapp werden, dann könnte es sehr schnell zur Schließung des Hallenbades kommen. "Das wird dann sicher in allen Kommunen so sein, die Bäder müssen schnell dran glauben." Auch die Werretalhalle macht einen großen Posten beim Gasverbrauch der Stadt aus. "Da wäre bei Veranstaltungen in den Sälen eine Absenkung der Temperaturen denkbar", sagt Niemeyer. "Wenn es hart auf hart kommt, dann würden im Winter die Kulturveranstaltungen ausfallen, weil wir die Säle nicht heizen können." "Das könnte zu Protest führen" Schwierig wäre es nach aktueller Rechtslage, die Temperaturen in den Büros im Rathaus abzusenken. "In der Arbeitsstättenverordnung ist eine Mindesttemperatur von 20 Grad für Tätigkeiten im Sitzen vorgeschrieben", sagt Stadtwerke-Chef Matthias Kreft. Erst, wenn die Verordnung verändert wird, könne man die Temperaturen in Büros entsprechend senken. "Das gilt natürlich für alle Büros", sagt Kreft. Problematisch ist aus seiner Sicht, wenn Unternehmen und Verwaltungen ihre Mitarbeiter zur Nutzung ihrer Homeoffices auffordern, damit in den Betrieben Heizkosten gespart werden können. "Das würde von vielen sicher als ein Abwälzen der Kosten empfunden und könnte zu Protest führen." Kreft hat bei der Stadt auch viele Jahre die Energieberatung für Bürger gemacht. Entsprechend intensiv verfolgt er die Entwicklung auch aus dieser Perspektive. "Energiesparen ohne Komforverlust war immer in Ordnung. Jetzt müssen wir raus aus dieser Komfortzone. Dem wird sich niemand entziehen können", sagt er. Problematisch könne die Fallhöhe für manche Menschen sein. "Es kommt vor, dass Leute sich aufregen, wenn sie um 18 Uhr keine frischen Brötchen mehr kriegen, weil der Ofen schon aus ist. Dass überhaupt mehrfach am Tag Brötchen gebacken werden müssen, zeigt doch, wie verwöhnt wir sind. Wir müssen uns auf das Wesentliche zurückbesinnen." "Das Gas wird nicht wieder so günstig wie vorher" Vor wenigen Jahrzehnten hätten längst nicht alle Häuser Zentralheizungen gehabt, die gute Stube sei aus Kostengründen nur sonntags geheizt worden. Das bedeute nicht, dass man dahin zurückmüsse. "Aber einen Komfortverlust werden wir hinnehmen müssen. Auch wenn der Krieg vorbei ist, wird das Gas nicht wieder so günstig wie vorher." Mit Blick auf die Herausforderungen durch den Klimawandel sei das langfristig eine positive Entwicklung, weil die erneuerbaren Energien in den nächsten Jahren deutlich schneller das Gas ersetzen würden. "Wir bekommen jetzt die Quittung für die völlig verfehlte Energiepolitik der letzten Jahre. Das billige Gas hat die Entwicklung gehemmt." Vor zehn Jahren sei man in Deutschland schon weiter gewesen. Damals gab es noch große Produktionskapazitäten für Photovoltaik und auch die Windkraftindustrie stand deutlich besser da. Die Stadtwerke wollen neue Wege gehen in der Energieversorgung. Es gibt schon lange den Plan, das Nahwärmenetz auszubauen. Noch wird die Wärme im bereits bestehenden Netz durch Gas erzeugt. "Wir prüfen jetzt ein Großwärmepumpenprojekt", sagt Kreft. Damit könne man sich aus der Abhängigkeit vom Gas befreien. Vorerst wird die Abhängigkeit bleiben. Das betrifft auch die Stadt als Gaskunden. "Wir haben 2021 einen Vertrag mit zwei Jahren Laufzeit abgeschlossen. Da haben wir natürlich noch ganz andere Konditionen bekommen, als wir heute kriegen würden", sagt Niemeyer. Klar sei, dass trotz des bestehenden Vertrages auch für die Stadt die Preise massiv steigen würden. Über Konsequenzen werde nachgedacht. "Alle Investitionsprojekte, die noch nicht begonnen sind, stellen wir auf den Prüfstand."

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