Als der Sohn der Vizepräsidentin von Ghana in Kirchlengern zu Gast war

Kirchlengern. Die Wand im Wohnzimmer spricht Bände. &bdquo;Dort hängen alle unsere Kinder“, sagt Jan Winsenborg und zeigt auf die vielen Fotos überm Sofa. Gemeint sind die Austauschschüler, die hier in den vergangenen 30 Jahren zu Gast waren. &bdquo;Aus Russland, Ecuador, Thailand, aus Venezuela, aus Argentinien, aus Hongkong“, zählt Winsenborg einige der Länder und Städte auf, aus denen sie für längere Zeit Besuch hatten. &bdquo;Und das da ist Kwabena“, sagt er. &bdquo;Der kam aus Ghana. Seine Mutter ist seit Dienstag Vizepräsidentin.“ Weltoffen waren die Winsenborgs schon immer. Das äußerte sich in den Reisen, die sie als junge Leute unternahmen – und das manifestierte sich etwas später auch in den zwei Kindern, die sie 1984 und 1990 im Osten Deutschlands adoptierten. &bdquo;Antonios leiblicher Vater kam aus Mosambik, den wollte drüben keiner haben“, sagt Jan Winsenborg und schaut dabei vielsagend. Mit eigenen Kindern ließ sich natürlich nicht mehr so viel reisen, also holten sich die Eheleute die Welt ins Haus – in Form von Austauschschülern. &bdquo;Wir fanden das immer sehr interessant und bereichernd. Und wir wollten das auch unseren Kindern so vorleben“, erklärt Winsenborg. &bdquo;Außerdem gab es in unserer Wohngegend damals nicht so viele Kinder“, ergänzt seine Frau. &bdquo;Mit den Gästen hatten unsere Söhne dann auch immer einen Freund.“ Und das auch noch international. Der Gegenbesuch in Afrika Die meisten Schüler seien zehn bis zwölf Monate bei ihnen geblieben, erzählen sie, alle hätten hervorragend Deutsch gelernt und sich problemlos in ihr Umfeld eingefügt. Zu vielen von ihnen hätten sie bis heute Kontakt, einige hätten sie später sogar in ihrer Heimat besucht. Einer davon war Kwabena Opoku-Agyemang aus Ghana, der vor mittlerweile 25 Jahren vorübergehend bei den Winsenborgs daheim war. Der junge Mann aus gutem Hause sei aufs Freiherr-vom-Stein-Gymnasium in Bünde gegangen, habe Sport im Verein getrieben und sich in der Region pudelwohl gefühlt. Jan Winsenborg legt dazu einen NW-Artikel von 2001 auf den Tisch. Das Foto zeigt Kwabena beim Training. Nach knapp einem Jahr sei der damals 16-Jährige wieder abgereist. Später habe er Literaturwissenschaften studiert, teilweise auch in den USA. Mittlerweile habe er einen Doktortitel und arbeite als Dozent an der Universität der ghanaischen Hauptstadt Accra. Zur Fußball-WM 2006 sei er noch mal nach Deutschland und auch nach Kirchlengern gekommen. &bdquo;Und wir selbst waren zweimal bei ihm in Ghana“, erzählt Winsenborg. &bdquo;2009 und 2016 – da hat er geheiratet.“ Damals lernten sie unter zahlreichen anderen Familienmitgliedern auch Kwabenas Mutter kennen: Jane Naana Opoku-Agyemang. &bdquo;Eine nette Frau, aber auch sehr tough“, erzählt Titia Winsenborg. &bdquo;Sie hatte so etwas Selbstbewusstes, so eine gewisse Ausstrahlung – man merkte sofort, dass sie etwas Besonderes darstellte. Viel gesehen haben wir sie nicht, sie war schon damals politisch sehr engagiert, bekleidete wichtige Posten und hatte ständig Termine. Sie legte das Tagesprogramm für uns fest und ein oder zwei Bedienstete kümmerten sich dann um uns.“ Welche Bedeutung sie in Ghana schon vor vielen Jahren hatte, zeigt ein Foto auf Jan Winsenborgs Tablet: Kwabenas Mutter neben US-Präsident Barack Obama. Die Rolle der Frau in Ghana Seit dem 7. Januar, also seit vergangenem Dienstag, ist Jane Naana Opoku-Agyemang für den National Democratic Congress (NDC) Vizepräsidentin ihres Landes. Dass es eine Frau in Ghana so weit bringt, ist durchaus nicht ungewöhnlich: &bdquo;In Ghana galt früher das Matriarchat“, weiß Jan Winsenborg, der sich zu den Ländern, die er bereist, grundsätzlich gut informiert. &bdquo;In einigen entlegenen Regionen in Ghana haben die Frauen bis heute das Sagen.“ Ob er und seine Frau dereinst noch mal nach Afrika reisen, um Kwabena und seine Familie zu besuchen, wissen sie noch nicht. &bdquo;Das Essen dort war mir zu scharf. Ich habe mich fast nur von Erdnüssen und Obst ernährt“, sagt Titia Winsenborg und lacht. Weltoffenheit heißt ja nicht unbedingt, dass man überall alles mögen muss. 📱News direkt aufs Smartphone: Kostenloser WhatsApp-Kanal der NW Kreis Herford

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