Diebstahl auf dem Friedhof: Das sagen Betroffene und Polizei

Hiddenhausen. Als Frau A. an Allerheiligen das Grab ihrer Mutter auf einem Hiddenhausener Friedhof besucht, ist etwas anders. Drei Edelstahlkugeln fehlen. Weggerollt können sie nicht sein. "Ich hatte sie vorher präpariert", sagt A. "Da war Beton drin. Die können nicht wegrollen." Es ist nicht das erste Mal, dass Grabschmuck verschwindet. Ganz hinten auf dem Friedhof liegt das Grab, das A. regelmäßig besucht. Es gehört ihrer Mutter, die vor einem Jahr verstarb. Bevor die Grabplatte gelegt werden kann, möchte Frau A. das Grab schmücken. Mit einem Granitherz, auf dem Mama steht, in ihrer Handschrift. "Der Steinmetz hat mir davon abgeraten", sagt A. Sie solle lieber warten, bis die Grabplatte liegt - und das Herz dann festkleben. Offenbar hatte er von Diebstählen gehört. "Das war im April, kurz vor Muttertag. Da können das viele gebrauchen", sagt A. "Sobald etwas Modernes liegt, ist es weg" Später werden Blumenvasen vom Grab geklaut, die weniger als zwei Euro kosten. "Erst dachte ich, vielleicht hatte jemand Blumen dabei und keine passende Vase und stellt sie wieder zurück." Auch die zweite Vase verschwindet. "Wenn man's anspricht, hört man auch von anderen Vorfällen", sagt A. "Sobald etwas Modernes liegt, was nicht nach Friedhof aussieht, ist es weg." Gräber und deren Pflege sind für viele Hinterbliebene Teil der Trauerarbeit. Auch für A. "Für mich ist das Grab das wichtigste Mittel, anderen zu zeigen, was ich für meine Mutter empfinde", sagt A. Nun sei die Vase nicht teuer gewesen, und auch die Metallkugeln könnten problemlos ersetzt werden. Den Ersatz hat sie sogar schon Zuhause. Ob sie sie wirklich aufstellen will, weiß sie allerdings noch nicht. Zu groß sei die Sorge, dass sie erneut entwendet würden. "Jeder muss jederzeit zum Grab kommen" Zurzeit bestehe auf den Hiddenhausener Friedhöfen kein Problem mit Diebstahl, sagt Margitta Geisthardt vom Amt für Umwelt. Sie ist zuständig für Bestattungen und Friedhofsangelegenheiten. Allerdings müssten Geschädigte eben auch an sie herantreten und Vorfälle melden. "Machen können wir aber nichts." Vor Jahren seien auf einem Friedhof Metallkugeln gestohlen worden, Buchstaben wurden von den Grabsteinen abgetrennt. "Metalldiebe" nennt Geisthardt die Täter. Von aktuellen Vorfällen wisse sie nichts. Auch A. hat den Diebstahl nicht gemeldet - weil der Schaden so klein sei, dass es ihr unverhältnismäßig vorkam. "Ich habe da keine Lösung", sagt Geisthardt. Den Friedhof zu überwachen oder abzuschließen stehe nicht zur Debatte. "Jeder muss jederzeit zu seiner Grabstätte kommen." Mehr als aufmerksam sein könne man derzeit nicht machen. Insgesamt sei viel Bewegung auf dem Friedhof, die Menschen kennen einander, kommen oft her. Das schrecke schon ab. Eventuell könnte weniger hochwertiger Grabschmuck helfen, Diebstähle zu verhindern, mutmaßt Geisthardt. Die gestohlene Vase von Frau A. hat 1,99 Euro gekostet. Anzeigen zur Prävention Der Polizei ist kein aktuelles Phänomen bekannt, sagt Kreispolizeisprecherin Simone Lah-Schnier. Das Dunkelfeld dürfte jedoch groß sein. Denn viele Betroffene erstatten keine Anzeige - weil der finanzielle Wert so gering ist oder weil sie sich wenig davon versprechen. Offiziell gebe es daher keinen Handlungsbedarf. Zu einer Anzeige rät Lah-Schnier aber ausdrücklich. "Es geht um den ideellen Wert, nicht um den finanziellen." Der Schaden sei trotzdem da. "Gerade wenn es mehrfach vorkommen sollte, selbst wenn es noch so klein ist: Eine Anzeige ist immer sinnvoll." "Wenn gehäuft Vorfälle in einem Bereich auftreten, dann muss etwas getan werden. Dazu müssen wir aber auch diese Informationen haben", sagt Lah-Schnier. Wird wiederholt Grabschmuck entwendet oder werden Grabstätten beschädigt, können etwa zivile Polizisten eingesetzt werden, es können vermehrt Streifenwagen über die Friedhöfe fahren. Die Täter würden dann zwar meist fliehen. "Aber die Herrschaften wissen, dass wir sie auf dem Kieker haben", so Lah-Schnier. So könnten Anzeigen präventiv helfen. Wirklichen Schutz gebe es nicht. Wird etwas entwendet oder beschädigt, sind möglichst viele Details hilfreich. "Viele richten das Grab erst wieder her und kommen dann zu Polizei", sagt Lah-Schnier. Das sei zwar verständlich. Für die Polizeiarbeit aber sei es wichtig, möglichst genau zu erfahren, was vorgefallen ist. Daher empfiehlt sie, die Sachbeschädigung zu dokumentieren - auch mit Fotos. Frau A. zieht ihre eigenen Konsequenzen. "Das heißt dann eben, dass man das Grab nicht mehr so pflegen kann, wie man es eigentlich möchte", sagt A. Über eine Anzeige denkt sie nun doch nach. Vor allem aber hofft sie, dass sich die Täterinnen oder Täter bewusst werden, was die da eigentlich auslösen. "Die Menschen sollen sich zu Herzen nehmen, was das mit den Angehörigen macht", sagt Frau A. "Auch sie sterben irgendwann."

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