
Herford. Lautlos schwebt das Bündel mit den hellgelben Klinkersteinen in die Höhe. Ein Kran zieht das schwere Paket nach oben. Wenig später wird es von Baufachleuten verarbeitet. Das Hauptgebäude des Archäologischen Fensters am Münster (AFaM) bekommt sozusagen sein neues Kleid. Damit verschwindet die optisch sehr wuchtig wirkende Betonkonstruktion des eigentlichen Baukerns aus den Augen der Betrachter. Eine neue, wichtige Etappe beim Bau des AFaM hat begonnen.
„Diese Gestaltung wurde bewusst gewählt, um sich harmonisch in das historische Stadtbild einzufügen und gleichzeitig eine moderne architektonische Wirkung zu erzielen“, sagt die Stadt Herford auf Anfrage zu diesem neuen Ausbauschritt. Es sei beabsichtigt, das gesamte große Gebäude des Archäologischen Fensters von außen mit den gelben Ziegeln zu verkleiden, „einschließlich des Dachs“. Beim benachbarten Gebäude an der Münsterkirche werde hingegen nur die Fassade verklinkert – „das Dach besteht hier aus Zink“.
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Orientierung an historischer Fassadengestaltung
Dieser optische Entwurf „orientiert sich an historischen Fassadengestaltungen“ und sei bereits in der Machbarkeitsstudie von 2016 als gestalterische Linie in die Planungen aufgenommen worden, heißt es von der Stadt Herford dazu weiter. „Die Entscheidung zur Umsetzung fiel mit der Ausschreibung des Realisierungswettbewerbs im Jahr 2018 – auch die Fassadengestaltung war dabei ein zentrales Element.“
Johannes Beer, Vorsitzender des Herforder Geschichtsvereins, ist voll des Lobes über das neue Entwicklungsstadium der Bauarbeiten. „Ich finde das großartig“, sagt Beer im Gespräch mit der Neuen Westfälischen. Die Verwendung dieser hellen Klinker erinnere an Sandstein und sei eine Anlehnung an die historische Bausubstanz, die dort einmal gestanden habe. Das große AFaM-Gebäude sei in seinen Abmessungen und der Dachneigung dem einstigen Original nachempfunden. „Es hat solch ein Gebäude dort gestanden“, sagt Beer. Sein Aussehen sei dem eines Schreines ähnlich.
Für den einen oder anderen Herforder ist es derzeit ein ungewohnter Blick von der Straße „Auf der Freiheit“ Richtung Münster. Denn das künftige AFaM-Gebäude versperrt nun von dieser Seite aus den ungehinderten Blick auf die Münsterkirche. Ein Umstand, den Johannes Beer, selbst mehr als drei Jahrzehnte lang in der Münsterkirche als Pfarrer tätig, sachlich einordnet: „Den freien Blick gibt es erst seit den 1960er-Jahren“, sagt Beer. Für die Münsterkirche sei der freie Blick von der Südseite aus seit jeher wichtig gewesen. Auf der Nordseite sei man immer im Bereich eines Kreuzganges gewesen.
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17.000 Euro von Bürgern für Repliken
Insofern ist für den Vorsitzenden des Geschichtsvereins die jetzige Baumaßnahme zu großen Teilen eine Rückkehr zu historischen Baustrukturen. „Wir wollen die Historie erlebbar machen mit modernen Formen.“ Die Erinnerung an das einstige Kloster an selber Stelle mit Einblicken in Ausgrabungen der historischen Überreste sowie der Ausstellung von Repliken von Gegenständen, die dort bei archäologischen Ausgrabungen gefunden worden seien, seien „etwas, was Herford in einzigartiger Form hat“, so Beer.
Mit dem jüngsten Aufruf, dass Bürgerinnen und Bürger solche Repliken finanzieren könnten, habe man innerhalb weniger Tage bereits 17.000 Euro einwerben können. „Es gibt noch Interessenten und Replikate.“
Auf die Frage, wann die Fassade des großen AFaM-Gebäudes fertig werde, sagt die Stadt: „Aktuell stehen noch die Lieferungen der innen liegenden Stahltreppen an, die im kommenden Monat erfolgen sollen. So lange bleibt die Fassade an zwei Stellen geöffnet, um die Montage zu ermöglichen.“ Eine vollständige Fertigstellung der Fassade sei daher für Mitte Juli vorgesehen.
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Innenausbau des Archäologischen Fensters beginnt im Juli
Das gesamte Projekt sei „in hohem Maße anspruchsvoll, da es die Erschließung und Integration archäologischer Funde in den laufenden Bauprozess mit einbezieht“, erläutert die Pressestelle der Hansestadt. Diese besonderen Anforderungen seien „bereits frühzeitig im Planungsverlauf erkannt und sorgfältig berücksichtigt“ worden. „Dank dieser vorausschauenden Planung verläuft die derzeitige Bauphase planmäßig – das Projekt befindet sich im vorgesehenen Zeitrahmen.“
Die eigentlichen Baumaßnahmen sollen der Stadt zufolge im August abgeschlossen sein. „Der Innenausbau beginnt bereits ab Anfang Juli schrittweise.“ Es werde dabei zu Überschneidungen kommen, etwa bei den Elektroarbeiten, die parallel zum Innenausbau stattfinden.
So steht es um die Finanzen des Archäologischen Fensters
Die Finanzierung des Projekts erfolge weiterhin „durch Mittel der Stadt sowie durch Beiträge von Kooperationspartnern und Fördermittelgebern“. Darüber hinaus werde „auf bürgerschaftliches Engagement und ehrenamtliche Unterstützung gesetzt“, so die Stadt. Das Projekt liegt den Angaben zufolge „basierend auf dem Ratsbeschluss – im vorgesehenen finanziellen Rahmen“. In der Presse werde regelmäßig über aktuelle Spendenmöglichkeiten informiert.
Wer sich als Herforderin oder Herforder auf die Eröffnung des AFaM freut, der muss sich auch weiterhin den 23. und 24. August freihalten. Denn an beiden Tagen soll es nach Angaben der Hansestadt eine Einweihungsfeier für das neue Projekt geben, dass einen ganz neuen Einblick in die Stadtgeschichte ermöglichen soll.
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