Unternehmer-Urgestein aus Herford feiert Geburtstag: So gelang Wemhöners Weg an die Weltspitze

Herford. &bdquo;Kunst regt mich an, über den Tellerrand zu schauen“, sagte Heiner Wemhöner Anfang des Jahres 2025 beim Marta-Neujahrsempfang. Es ist ein Satz, der auf den ersten Blick recht unscheinbar daherkommt, beim zweiten aber verdeutlicht, wie es Wemhöner geschafft hat, das Familienunternehmen &bdquo;Wemhöner Surface Technologies“, an dessen Spitze er jahrzehntelang stand, zum Weltmarktführer zu machen. Nun feiert das Unternehmer-Urgestein seinen 75. Geburtstag. Welche Verdienste, welche Hürden und welche besonderen Wegmarken hinter ihm liegen, zeigt ein Blick in die Firmengeschichte. Vor nunmehr einem Jahrhundert schlugen die Hämmer in einer bescheidenen Schmiede am Hasenbrink den Takt der harten Arbeit. 100 Jahre später ist aus dem Ein-Mann-Betrieb der Weltmarktführer &bdquo;Wemhöner Surface Technologies“ geworden. Die NW hat 100 Fakten zum Unternehmen und ihren wichtigsten Entscheidern zusammengetragen. 100 Fakten zu 100 Jahren Wehmhöner 1 Am 1. Mai 1925 gründete der gelernte Schlosser Heinrich Wemhöner (geb. 1902) in Herford seine eigene Schmiede. 2 Er richtet sie im Wohnhaus der Familie ein, am Hasenbrink 8. 3 Seinen Meistertitel hat er da noch nicht. Die Prüfung legt er in Bielefeld erst ein Jahr später ab. 4 Seinen Lebensunterhalt verdient er vor allem mit Reparaturen. 5 Wemhöner ist auch Erfinder: Er entwickelt Maschinen und baut bald erste Serienprodukte. Besonders erfolgreich ist eine Wurstpresse für die Hausschlachtung. 6 Ab 1928 konzentriert sich Heinrich Wemhöner mit seinen Erfindungen auf die im Kreis Herford wachsende Möbelindustrie. 7 Trotz der Weltwirtschaftskrise schafft es der Herforder, seine Firma auszubauen: Von der kleinen Schlosserei zum Fabrikbetrieb, in dem er ab den 1930er-Jahren Maschinen baut. Er exportiert auch ins Ausland. 8 Zu den ersten erfolgreichen Maschinen gehören Handspindelfurnier- und Rahmenverleimpressen. Als erste bedeutende Entwicklung kam die Tellerschleifmaschine auf den Markt. 9 Im Jahr 1931 beträgt der Umsatz des Handwerksunternehmens rund 2.500 Reichsmark. 10 Bis 1938 steigt der Umsatz auf 10.000 Reichsmark. Er beschäftigt zu dieser Zeit bis zu elf Mitarbeiter. Kein Eintritt in die NSDAP 11 Heinrich Wemhöner ist überzeugter Protestant und Mitglied des Christlich-Sozialen Volksdienstes (CSVD), einer bürgerlich protestantischen Partei, die sich in ihren späteren Jahren der NSDAP annähert. Er bleibt seiner Partei treu. 12 Wemhöner arrangiert sich allerdings mit den Nationalsozialisten und tritt in die Deutsche Arbeiterfront ein. Er gilt als &bdquo;politisch zuverlässig“ und erhält deshalb auch wichtige Positionen wie die des Innungsmeisters. 13 Während des Krieges müssen immer mehr Betriebe schließen. Auch der Umsatz von Wemhöner sinkt um gut ein Drittel. 14 Sein Betrieb wird zwangsweise in die Kriegsproduktion integriert: Es werden jetzt Munitionskisten hergestellt. 15 Nach dem Krieg besinnt sich Wemhöner auf seine Anfangsjahre: Er repariert. Zwar fertigt er auch wieder Maschinen, jetzt aber auch für Textilien und landwirtschaftliche Geräte. 16 Eine Zeit lang vertreibt er im Handwerksbetrieb sogar Backware. 17 Mit seiner Flexibilität ist er erfolgreich: Im Mai 1948 kann er 12.300 Reichsmark in einen Anbau investieren. 18 Nach 1949 kehrt Wemhöner zu seinem Kerngeschäft zurück. 19 Er beschäftigt 15 Gesellen und 5 Lehrlinge. 20 Wemhöners ältester Sohn, Heinrich Wemhöner junior, hilft jeden Tag nach der Schule im Betrieb mit. Nach seinem &bdquo;Notabitur“ absolviert er eine Lehre zum Maschinenschlosser. Jüngster Handwerksmeister Deutschlands 21 Als er 1951 sein Meisterzeugnis in den Händen hält, ist er mit 22 Jahren der jüngste Handwerksmeister Deutschlands. 22 Im Jahr 1950 kommt sein Sohn Heinrich zur Welt. Sein Rufname wird zeitlebens Heiner. 23 Heinrich Wemhöner jun. gründet mit der Marshallplanhilfe sein eigenes Unternehmen. 24 Seine drei weiteren Söhne treten den beiden Unternehmen bei, die nach außen wie eines wirken. 25 Ihre Schwester wird Diakonissin. 26 Zwischen 1950 und 1970 steigt das Pro-Kopf-Einkommen: Immer mehr Wohnungen werden gebaut und wollen eingerichtet werden. Die Serienmöbelfertigung entsteht und mit ihr kommt auch die Spanplatte auf. 27 Die Wemhöners erkennen den Trend und richten ihre Betriebe danach aus. 28 1952 stellen sie die erste pneumatische Presse für die industrielle Serienfertigung vor. 29 1955 beschäftigten die Unternehmen 40 Mitarbeiter. Die Exportquote liegt bei 30 Prozent. 30 Die Herforder beliefern mittlerweile Kunden in Italien, Belgien, Norwegen, der Schweiz, den Niederlanden, Israel und Afghanistan. Erstes Patent angemeldet 31 Im Jahre 1960 wurde die Kurztakt-Durchlaufpresse als Patent eingetragen. Sie ersetzt die bis dato übliche Etagenpresse und schafft die Voraussetzung für eine zunehmende Automatisierung. 32 1964 stellt Wemhöner auf der Hannover-Messe die erste vollständig verkettete Maschinenstraße vor. 33 1968 werden die beiden eng verschränkten Unternehmen getrennt in die &bdquo;Wemhöner KG Maschinen und Anlagen für die Holzindustrie“ und &bdquo;Heinrich Wemhöner KG Maschinenfabrik“. 34 Seit 1966 besucht Heinrich Wemhöner regelmäßig die Sowjetunion und will den Markt für sich öffnen. 35 1970 gelingt ihm ein Coup: In Russland sollen 50 Möbelfabriken gebaut werden, Wemhöner erhält den Auftrag in Höhe von 100 Millionen D-Mark. Auch interessant: Zwei Unternehmen aus dem Kreis Herford im exklusiven Club der Weltmarktführer 36 Weil Wemhöner diesen aber nicht allein bewältigen kann, schließt er sich mit weiteren Herstellern zusammen. Gemeinsam kann &bdquo;Teamwood“ den Auftrag erledigen. 37 Die Neue Westfälische schreibt im Oktober 1971: &bdquo;Wie von der Geschäftsleitung zu erfahren war, erzielte die Wemhöner KG 1970 mit 120 Beschäftigten, über 12 Mill. DM (i. V. 9,5) Umsatz und peilt in diesem Jahr 13 Mill. DM an“. 38 Und weiter heißt es: Wemhöner wappne sich für die Zukunft &bdquo;mit dem Bau von drei weiteren Produktionshallen, von denen die erste mit 1.600 qm Nutzfläche in diesen Tagen fertiggestellt wurde. Die anderen beiden Hallen und ein Verwaltungstrakt sollen in naher Zukunft errichtet werden, so daß das Unternehmen dann über ein Mehr von fast 5.000 qm Nutzfläche verfügen wird.“ 39 1971 werden die Brüder Eckhard und Heiner Wemhöner Kommandisten. Neuorientierung im Studium 40 Heiner Wemhöner legt als erster in der Familie das Abitur ab und studiert. Zunächst Wirtschaftsingenieurwesen, was er nach zwei Semestern abbricht. Danach Wirtschaftswissenschaften. 41 In den 1960er Jahren will das Unternehmen wachsen und sucht einen neuen Standort. Fündig wird man am Lehmkuhlenweg. 42 Im März 1974 schreibt die NW, dass Wemhöner &bdquo;für die größte Küchenmöbelfabrik der Welt, die italienische Firma Salvarani in Parma, jetzt die nach eigenen Angaben größte Spanplattenveredelungsanlage Europas im Wert von rund 1 Mill. DM fertig gestellt“ hat. Sie wog 220 Tonnen. 43 Die Schwesterfirma entwickelt sich im Schatten des Unternehmens zunächst gut, muss aber in 1980er-Jahren Konkurs anmelden. 44 Heiner Wemhöner gründet das Folgeunternehmen Wemhöner Fördertechnik und bietet den 65 Mitarbeitern einen Arbeitsplatz an. 45 1983 erwirtschaftet die Wemhöner KG 20 Millionen DM Umsatz, die kleine Schwester 6 Millionen. 46 1985 meldet ein Mitbewerber Konkurs an. Wemhöner übernimmt und saniert den Betrieb in Baden-Württemberg. 47 Die neue Wemhöner Spezialpressen bedient eine neuen Markt: Gummi-, Kunststoff- und die Automobilindustrie. 48 Heinrich Wemhöner steht jetzt an der Spitze der Wemhöner-Gruppe mit Wemhöner Pressen, Fördertechnik, Spezialpressen und France. 49 Die Gruppe hat 250 Mitarbeiter und erwirtschaftet 1985 rund 45 Millionen DM Umsatz. 15 Prozent des Umsatzes aus den USA 50 In den 1980er-Jahren fertigt Wemhöner eine erste Presse für den asiatischen Markt. Nach eigenen Angaben war dieser Auftrag ein Türöffner. 51 Heiner Wemhöner wird 1987 geschäftsführender Gesellschafter bei Wemhöner Pressen. 52 1990 wird die Tochterfirma Wemhoener America gegründet. 53 In den USA werden zu diesem Zeitpunkt 15 Prozent des Geschäfts erwirtschaftet. 54 Im selben Jahr stirbt Firmengründer Heinrich Wemhöner. 55 Anfang der 1990er-Jahren spürt Wemhöner von der Rezession in Deutschland wenig: Das Unternehmen besetzt erfolgreich eine Marktnische. 56 Die Exportrate liegt mittlerweile bei 80 Prozent. 57 25 Prozent der Exporte gehen nach Asien. 58 1994 verzeichnete Wemhöner das bis dahin umsatzstärkste Jahr. 59 Ein Jahr später erhält die Firma einen Großauftrag von mehr als 6 Millionen DM für ein chinesisches Beschichtungswerk. Wichtiger Kunde aus England 60 Das Tochterunternehmen Wemhöner Spezialpressen wirft immer weniger ab und wird 1996 verkauft. 61 Mitte der 1990er-Jahre zieht sich Heinrich Wemhöner jun. immer mehr zurück und überlässt seinen Söhnen das Feld. 62 1998 knackt das Unternehmen eine wichtige Marke: Erstmals erwirtschaftet das Unternehmen 100 Millionen DM. 63 Ein Jahr später sind es schon 130 Millionen DM. 64 240 Mitarbeitende verzeichnet das Unternehme zu diesem Zeitpunkt. 65 Wemhöner Fördertechnik erwirtschaftet als kleine Schwester im selben Jahr einen Umsatz von 35 Millionen DM. 66 160 Mitarbeiter sind dort beschäftigt. 67 Mit Rolls Royce gewinnt das Herforder Unternehmen einen wichtigen Kunden. 68 Im Jahr 2000 feiert das Unternehmen sein 75-jähriges Bestehen. 69 Anlässlich des Jubiläums wird die Wemhöner-Stiftung gegründet, die Fort- und Weiterbildungen von Ingenieuren an zwei Fachhochschulen in Ostwestfalen-Lippe fördert. Neuer Standort in China 70 2004 liefert Wemhöner die schnellste Kurztaktpressen-Anlage der Welt. 71 Der Exportanteil liegt bei 90 Prozent. 72 In China sieht Heiner Wemhöner die Möglichkeit, eine Produktion im Ausland aufzubauen. 73 2005 wird eine Tochtergesellschaft in China gegründet. 74 2007 startet dort die Produktion. 75 Zehn chinesische Mitarbeiter lernen in Herford die Produktion und die Maschinen kennen. 76 Im März 2006 stirbt Heinrich Wemhöner junior. 77 Heiner Wemhöner übernimmt allein die Geschäftsführung. 78 2006 erwirtschaftet das Unternehmen 91 Millionen Euro Umsatz. 79 Der Firmen-Name wird in Wemhöner Surface Technologies geändert. Zum Hintergrund: Herforder Unternehmen Wemhöner eröffnet neues Werk in China Enge Verbindung zur Kunst 80 Heiner Wemhöner ist seit der ersten Stunde Förderer des Marta-Museums. Seit 2013 gibt es den Marta-Preis der Wemhöner-Stiftung. 81Wemhöner Fördertechnik meldet Insolvenz an und wird im Jahr 2008 verkauft. Der Standort am Hasenbrink wird 2010 endgültig geschlossen. 82 Die Weltwirtschaftskrise trifft auch den Herforder Maschinenbauer. Erstmals muss Kurzarbeit im Jahr 2009 angemeldet werden. Einige Arbeitsverträge werden nicht verlängert. 83 Ab Januar 2010 erholt sich der Markt langsam. Besonders das China-Geschäft entwickelt sich gut. 84 2010 werden die der Fertigungskapazität im chinesischen Werk verdoppelt. 85 Aus 20 Mitarbeitern in 2007 sind im Jahr 2012 schon 90 geworden. 86 Im März 2014 zieht die erstmals öffentlich gezeigte Kunstsammlung Heiner Wemhöner in Berlin mehrere Tausend Besucher an. Lesen Sie auch: Kunst-Highlight in Herford: Wemhöner’s Sammlung im Marta 87 Für seine Verdienste um die lokale Wirtschaft wird Heiner Wemhöner im selben Jahr mit der Ehrenbürgerschaft der Provinz Jiangsu ausgezeichnet. 88 2015 wurde der Grundstein für ein weiteres Werk in Changzhou gelegt. 89 Das 90-jährige Bestehen seiner Firma in Herford und das 10-jährige Bestehen der Tochterfirma in China feiert Wehmhöner mit 1.000 Gästen im Herforder Güterbahnhof. Vierte Generation übernimmt 90 2017 wird ein Drittel des Umsatzes der Wemhöner-Gruppe in Changzhou erwirtschaftet. 91 180 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind dort mittlerweile für Wemhöner tätig. 92 Auch der Standort in Herford ist erfolgreich: Erstmals wird in der Hansestadt ein Umsatz von 100 Millionen Euro erwirtschaftet. 93 2019 wird ein neues Werk in China gebaut und 2020 eröffnet. 94 In China beschäftigt Wemhöner mittlerweile rund 200 Mitarbeiter, am Standort in Herford 300. 95 2020 erhält das Herforder Unternehmen offiziell den Titel &bdquo;Weltmarktführer“ von der Universität St. Gallen. 96 2021 wird Heiner Wemhöner Ehrenbürger in Herford. 2023 erhält er das Bundesverdienstkreuz am Bande. 97 Im selben Jahr steigt der Umsatz auf 200 Millionen Euro. 98 Heiner Wemhöners Tochter Kathleen steigt zudem ins Unternehmen ein. 99 Sein Sohn Philipp will nach seinem Studium ebenfalls im Familienunternehmen Verantwortung übernehmen. 100 Am Ende eines Jahrhunderts Firmengeschichte steht also die vierte Generation bereit und will das Unternehmen erfolgreich in die nächsten 100 Jahre führen.

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