Hilferuf hat gewirkt: Welche Probleme die Tafel hatte

Herford. Mit einem Hilferuf hat sich Barbara Becker Ende August an die NW gewandt. Die ehrenamtlichen Mitarbeiter bei der Herforder Tafel hätten sich so sehr reduziert, dass die Einrichtung auf ziemlich wackeligen Beinen steht, formulierte es Becker. Ohne eine breite ehrenamtliche Basis sei das Angebot der Tafel einfach nicht zu stemmen. Becker: "So extrem war es noch nie." Sechs Wochen später kann die Leiterin wieder lächeln und ist über die Resonanz "echt überrascht". Dafür sorgen Ute Reimers und Christine Damm, aber auch Frank Kulzer und Justus Kmoch sowie etliche weitere Männer und Frauen. Sie alle haben sich auf den NW-Artikel gemeldet und möchten mit ihrer Arbeit bei der Tafel etwas Gutes bewirken. "Es haben sich sehr viele Menschen gemeldet", resümiert Leiterin Becker. Was sie am meisten freut: "20 sind geblieben. Wir haben also pro Tag zwei, bis drei neue Mitarbeiter im Einsatz und wieder eine super Truppe zusammen." Tafel rettet seit 17 Jahren Lebensmittel Lebensmittel retten, die sonst in der Tonne landen würden - das ist der Grundsatz der Tafel. Seit fast 17 Jahren gibt es die Einrichtung schon in Herford, an drei Tagen in der Woche (Dienstag, Donnerstag, Freitag) geben die Ehrenamtlichen und Bundesfreiwilligen Äpfel und Gurken, Käse- oder Wurstscheiben, Brote und Salate für einen symbolischen Preis an die Tafel-Kunden weiter. Etwa 2.500 Menschen, darunter 700 Familien, sind hier registriert. All das stand auf der Kippe. Christine Damm ist eine der Neuen. Die Frau aus Herford war im Urlaub, als der Zeitungsartikel erschien. "Mein Mann hatte die Zeitungen aber aufgehoben." Kurzerhand rief sie nach der Lektüre bei der Tafel an und arbeitet nun seit September mit. Ebenso Ute Reimers aus Hiddenhausen. Sie wollte in ihrem Ruhestand etwas "sinnvolles" machen, das allerdings zeitlich flexibel ist. "Das war mir wichtig. Ich hatte 33 Jahre lang einen ziemlich stressigen Job."Auf die unterschiedlichen Vorlieben wird eingegangen Jetzt kommt sie einmal in der Woche zum Benter Weg, verteilt die Lebensmittel in große, rote Kisten und gibt sie an die Tafel-Kunden weiter. Wegen Corona und den damit einhergehenden Hygienemaßnahmen arbeiten hier alle mit Maske, zwischen den Mitarbeitern und den Kunden stehen Plexiglasscheiben. Ansonsten läuft der Betrieb mittlerweile wieder uneingeschränkt weiter. So manch eine Besonderheit kennt Reimers schon nach kurzer Zeit von den Kunden. "Der eine mag keinen Salat, der andere isst kein Schweinefleisch, der nächste gar kein Fleisch", sagt sie. "Sowas bleibt im Kopf", sagt auch Kollegin Damm, die ebenfalls die meiste Zeit an der Ausgabe arbeitet.Bufdi kennt keine Altersgrenze Damit die Lebensmittel überhaupt an die bedürftigen Kunden weitergegeben werden können, müssen sie von den Supermärkten, Bäckereien oder anderen Händlern abgeholt und am Benter Weg vorsortiert werden. Da kommen Frank Kulzer und Justus Kmoch ins Spiel. Die beiden Männer sind ebenfalls dank des Zeitungsartikels auf die Herforder Tafel aufmerksam geworden und absolvieren hier jetzt ihren Bundesfreiwilligendienst (Bufdi).Eine Altersgrenze kennt die Arbeit für das Allgemeinwohl nicht. Justus Kmoch ist 19 Jahre alt, Kollege Frank Kulzer 58. Während der junge Mann aus Bünde sein Studium nach zwei Semestern unter Corona-Bedingungen abgebrochen hat und sich nun mit Hilfe des Bufdis für seinen weiteren Lebensweg orientieren will, hat Kulzer sein Arbeitsleben bereits hinter sich. Er ist im Vorruhestand: "Ich habe 34 Jahre lang bei einer Krankenkasse gearbeitet." Die nun gewonnene Zeit möchte er sinnvoll nutzen."Artikel brachte die Initialzündung" "Ich hatte es schon länger im Kopf, etwas Gutes zu tun. Der Artikel brachte die Initialzündung", sagt er. An der Arbeit bei der Tafel gefällt es ihm, dass Lebensmittel nicht vernichtet, sondern weitergegeben werden. Und zwar an Menschen, die es bitter nötig haben. Es tue gut, etwas Gutes zu tun, findet der Herforder. Justus Kmoch nickt. Es sei unglaublich, wie viele Lebensmittel hier täglich landen. "Allein mit dem Brot könnte man einen halben Tag lang eine Bäckerei versorgen", sagt der 19-Jährige, dem es nach dem reinen Online-Studium wieder gut tut, mit Menschen zusammen zu arbeiten. Auch Kulzer findet die Verbindung von "neuen sozialen Kontakten und der guten Sache" toll.Der Betrieb läuft dank der vielen, neuen, helfenden Hände erstmal weiter. Tafel-Leiterin Barbara Beckmann hofft, dass das Team lange Zeit so stark bleibt. Einen Hilferuf wie den im August, möchte sie nämlich ungern erneut formulieren müssen.

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