Zwei Jahrzehnte Herforder Tafel: So stark ist sie gewachsen

Herford. &bdquo;Die Herforder Tafel ist gedeckt“, schrieb vor 20 Jahren NW-Redakteur Hartmut Brandtmann zur Eröffnung der gleichnamigen Einrichtung. Das frühere Blumengeschäft &bdquo;Cardinal“ an der Mindener Straße 8 war das erste Domizil der Tafel. Hunderttausende Lebensmittel wurden seither verteilt. Und das, obwohl &bdquo;uns damals keiner haben wollte“, wie Initiatorin Barbara Beckmann sich heute gut erinnert. Beckmann war vorher beim Warenkorb der Caritas aktiv. Das Konzept der Tafel fand sie schon damals gut. &bdquo;Ich hatte angeboten, aus dem Warenkorb eine Tafel zu machen. Das wollte man damals aber nicht“, sagt sie. &bdquo;Dabei war der Warenkorb nur für die Klienten der Caritas“, erinnert sich Beckmann zurück. Sie ließ nicht locker, klapperte einen sozialen Träger und eine soziale Einrichtung nach der anderen ab. Vergebens. Also nahm Beckmann es selbst in die Hand, gründete einen Förderverein, suchte Gleichgesinnte. &bdquo;Die Tafel ist super angenommen worden von Kunden und Geschäften. Da hieß es dann: Ein Glück, dass mal jemand kommt.“ Wachstum und Veränderungen seit der Gründung Gestartet war die Tafel im November 2004 mit 25 ehrenamtlichen Helfern sowie 16 Unterstützern im Förderverein. Sie verteilten an zwei Tagen pro Woche Lebensmittel an etwa 25 Kunden. Heute beschäftigt die Tafel fast 120 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und verköstigt derzeit etwa 3.200 Kunden in Herford, Enger, Spenge, Hiddenhausen und Kirchlengern. Wobei ein &bdquo;Kunde“ auch eine Familie sein kann. Die ehrenamtlichen Helfer machen einen Großteil der Mitarbeiter aus, hauptamtlich arbeiten vier. Es gibt einen Minijobber, vier Mitarbeiter im Bundesfreiwilligendienst und acht von der Agentur für Arbeit geförderte Stellen. Die demografische Zusammensetzung der Empfänger hat sich laut Beckmann seit 2015 deutlich verändert. Damals kamen zum ersten Mal viele Geflüchtete zur Tafel, vor allem aus Syrien, unter ihnen viele Frauen und Kinder. Heute sind es auch vermehrt Menschen aus der Ukraine, die aufgrund der aktuellen Krise Schutz in Deutschland suchen. Etwa die Hälfte der Kundinnen und Kunden ist zwischen 19 und 60 Jahre alt, etwa 40 Prozent sind minderjährig. Rund 13 Prozent der Kunden sind älter als 60 Jahre. Viele Familien gehören zu den Kunden Zu den Kunden gehören auch Rentnerinnen und Rentner, die trotz Anspruch häufig aus Scham auf die Beantragung von Grundsicherung verzichten. &bdquo;Viele von ihnen haben in der Vergangenheit in Teilzeit gearbeitet, Angehörige gepflegt oder sind in geringfügigen Beschäftigungsverhältnissen tätig gewesen“, erklärt Beckmann. Zudem wenden sich vermehrt sogenannte Aufstocker an die Tafel – Familienväter, die trotz Vollzeitarbeit auf zusätzliche staatliche Unterstützung angewiesen sind. Ein Unding, findet Beckmann: &bdquo;Wenn man ein Leben lang Mindestlohn verdient, ist man hinterher auf Grundsicherung angewiesen. Wenn man arbeitet, müsste man mehr Geld haben als Hartz IV.“ Diskussion innerhalb der Tafeln über Lebensmittelbeschaffung Fast alle der hiesigen Supermärkte spenden Lebensmittel, die im Handel nicht mehr verkauft werden. Essen vor dem Mülleimer zu retten, ist ein wichtiges Grundprinzip, betont Beckmann. 2025 könnte sich diese Maxime allerdings ändern. Denn innerhalb der Tafeln hat sich bundesweit eine Debatte entsponnen: &bdquo;Der Bundesverband debattiert, ob wir Lebensmittel zukaufen sollen. Denn der Kuchen wird nicht größer – die Kundenzahl aber schon.“ Davon hält Beckmann allerdings nichts: &bdquo;Wir sind der Meinung, wir retten Lebensmittel und geben die weiter. Wenn wir Geld in die Hand nehmen, was sollen wir dann kaufen?“ Lesen Sie auch: Versorgt mehr als 2.000 Menschen: So läuft es bei der Herforder Tafel Dass die Tafel-Mitarbeiter eine Lebensmittelauswahl treffen, hält Beckmann für &bdquo;Bevormundung der Kunden“. Das Geld sollte stattdessen direkt weitergegeben werden und die Klienten können selbst entscheiden, welche Lebensmittel sie kaufen. Solange es Lebensmittel gibt, die übrig sind, sollte die Tafel wie bisher auf diese zurückgreifen. Käme es dazu, dass es keine übrig gebliebenen Lebensmittel mehr gebe, &bdquo;dann ist es gut. Dann haben wir unser Ziel erreicht.“ Denn darum gehe es doch: &bdquo;Dass es keine armen Leute mehr gibt oder aber, dass keine Lebensmittel mehr vernichtet werden.“ Für Beckmann ist jedenfalls klar: &bdquo;Ich mache nicht mehr weiter, wenn zugekauft wird.“ Helfer werden immer gesucht Grundsätzlich gebe es immer reichlich Obst und Gemüse, genau wie Brot und Kartoffeln. Und dann sind da auch noch die Großspender, wie zum Beispiel die &bdquo;Original Wagner Pizza GmbH“. &bdquo;Wagner spendet einen Sattelzug pro Monat an die Tafeln in einem Bundesland.“ Die wiederum müssen dann unter den Tafeln verteilt werden. Auch interessant: Vor diesen Herausforderungen steht die Herforder Tafel Besonders stolz ist Beckmann auf ihr Team: &bdquo;Wir haben ein gutes Arbeitsklima. Das liegt an den Leuten, die hier arbeiten. Alle sind motiviert. Es sind viele Freundschaften entstanden. Und wir bieten zudem eine feste Tagesstruktur.“ Bei der Herforder Tafel sind außerdem Menschen engagiert, die selbst Kunden sind. &bdquo;Viele Tafeln nehmen keine, die selber Anspruch haben. Aber ich möchte es mit den Leuten machen.“ Mittlerweile kämen auch viele Rentner, die ihre Freizeit nutzen wollen, um sich zu engagieren. Ehrenamtliche Helferinnen und Helfer werden immer gesucht. Informationen zur Tafel und wie geholfen werden kann, finden Interessierte unter: www.herforder-tafel.de 📱News direkt aufs Smartphone: Kostenloser WhatsApp-Kanal der NW Kreis Herford Die Idee der Tafel Bei einer Tafel handelt es sich um eine gemeinnützige Einrichtung, die Lebensmittel an Bedürftige verteilt, die sich diese aufgrund finanzieller Engpässe nicht leisten können. Die Tafeln arbeiten ausschließlich mit gespendeten Lebensmitteln von Supermärkten, Bäckereien und anderen Lebensmittelbetrieben. Die Idee ist es, überschüssige Lebensmittel vor der Vernichtung zu bewahren und sie stattdessen an Bedürftige weiterzugeben. Quelle: Bundesverband Deutsche Tafel e.V.

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