Herford. Ein Eingang zu einem düsteren Wald, lichte Baumkronen, die das Sterben der grünen Riesen voraussagen und Jahresringe, die die Geschichte eines kranken Baumes erzählen. In seiner neuen Ausstellung „Auszeit II“ präsentiert der Herforder Fotokünstler Ralf Bittner zwölf Fotografien, die den Klimawandel und das damit verbundene Waldsterben in OWL zeigen. In den teils dokumentarischen Abbildungen, setzt sich Bittner, der auch für die Neue Westfälische arbeitet, subjektiv mit der Veränderung der heimatlichen Wälder auseinander. Ein Teil dieser Arbeit ist vom 6. Februar bis zum 30. März in der Schaufenstergalerie „Kiosk24“ von Susanne Albrecht zu sehen.
Seit seiner Kindheit hat der Wald eine besondere Bedeutung für den Fotografen und Bildjournalisten Bittner: „In meiner Jugend war ich viel mit den Pfadfindern in der Natur unterwegs und habe dort auch Nächte verbracht. Daher hängen mit dem Wald viele Erinnerungen zusammen. Wie viele andere Menschen habe ich in der Corona-Zeit den Wald für mich wiederentdeckt, aber war erschrocken über seinen jetzigen Zustand.“ Vertrocknete Bäume, der Borkenkäferbefall und Waldbrände haben den Bäumen im Teutoburger Wald, im Wiehengebirge und im ganzen Kreis deutlich zugesetzt. In Gesprächen mit verschiedenen Förstern erfuhr Bittner, dass auch diese zum Teil ratlos sind, wie es in Zukunft weitergehen soll. „Für manche Motive bin ich gezielt zu bestimmten Orten gefahren, andere sind mir durch Zufall begegnet. Ich musste zum Beispiel für einen Termin zum Findling in Vlotho und da ist mir ein künstliches Waldstück aufgefallen, in dem Bäume allein einer einzigen Art in Reih und Glied wachsen, in Monokultur. Und diese Bäume waren jung, dieser Anbaufehler muss daher relativ neu sein“, erklärt der Fotograf.

Eine über den dokumentarischen Aspekt hinaus weisende Ebene
In seinen Bildern hält Bittner diese Momente fest und nutzt zur Verfremdung die Schwarz-Weiß-Fotografie. „Auf den ersten Blick wirken die Bilder wie Dokumentarfotografien, aber durch meine subjektive Sichtweise kommt immer etwas anderes heraus. Alle Bilder haben eine zweite über den dokumentarischen Aspekt hinaus weisende Ebene, sei es nun die Melancholie oder das Zeigen des krisenhaften Istzustandes.“
Die Ausstellung „Auszeit II“ schließt an die Arbeit „Auszeit I“ an, die im ersten Lockdown Anfang 2020 entstanden ist. Als übergreifendes Thema erwähnt Ralf Bittner die zwei Krisen, Waldsterben und Corona, die hier zusammenkommen: „Als thematische Klammer der zwei Fotoreihen steht ein Bild, das einen Blick durch eine Baumreihe vom Homberg auf das Klinikum zeigt, in dem damals gerade die ersten Menschen an und mit Corona verstorben waren. Die Menschen gehen wieder mehr in den Wald, aber sehen nicht, wie krank er ist, weil der historische Horizont fehlt. Nur wer weiß, wie dicht das Blätterdach über dem Boden des Buchenwaldes einmal war, kann sich im lichten Wald nicht so recht freuen.“
Bittner zeigt mit seinen Bildern, dass der Wald Natur und Kultur in einem ist. Ebenso wie die Pandemie die Gesellschaft verändert, verändern die Menschen durch die Industrialisierung den Wald. „Die Ausstellung ist der Auftakt zu den Themen Klimawandel und Kulturwandel für das Jahr 2021 im „Kiosk24“. „Jeder Künstler kann sich bewerben“, betont Galeriebetreiberin Susanne Albrecht. Bis zum 30. März ist „Auszeit II“ im „Kiosk24“, Radewiger Straße 24, zu sehen.