"Wir haben massives Waldsterben hier, die Fichten gehen kaputt"

Warburg/Bielefeld. Der Wald gehört zu Deutschland wie das Bier und die mehr als 500 Brotsorten, die hierzulande gebacken werden. Doch dem grünen Kleinod geht es nicht gut: Der Borkenkäfer und der Klimawandel haben der grünen Lunge, die in Nordrhein-Westfalen eine Fläche von 935.000 Hektar ausmacht, mächtig zugesetzt. &bdquo;Wir haben massives Waldsterben hier, die Fichten gehen kaputt", beschreibt Antonius Tillmann, Vorsitzender des Landwirtschaftlichen Bezirksverbandes Ostwestfalen-Lippe, die Situation ebenso knapp wie ernüchternd. Auch die Buchenbestände leiden unter den seit Jahren zu geringen Niederschlägen. &bdquo;Im Moment wissen wir nicht, welcher Baum den Klimaveränderungen gerecht wird", sagt Tillmann. Der derzeitige Winter sei in Sachen Niederschlag schon wieder &bdquo;eine mittelschwere Katastrophe". Die Gesamtsituation ist insbesondere für die privaten Waldbesitzer eine recht große Herausforderung. "Die Kapitalvernichtung ist groß" Private Waldbesitzer gibt es in Nordrhein-Westfalen so viele wie in sonst keinem anderen Bundesland: Gut 590.000 Hektar Wald, und damit 64 Prozent der gesamten Waldfläche, sind landesweit in privater Hand. Diese privaten Waldbesitzer haben einerseits darunter zu leiden, dass viele Bäume absterben. Sie überschwemmen dann den Holzmarkt und sorgen dafür, dass andererseits die Preise für dieses Naturprodukt immer weiter in den Keller fallen. &bdquo;Die Kapitalvernichtung ist groß", sagt Tillmann. Es fehle Geld für Investitionen in einen zukunftsfesten, artenreichen Wald, der mit den sich wandelnden Klimabedingungen besser zurecht kommt als der aktuelle. Doch es gibt Ansätze, die Situation zu bewältigen. Man habe erste Flächen mit Douglasien, Lärchen und auch Buchen bestückt, um einen Mischwald zu bekommen, berichtet Reinhard Schlüter, Vorsitzender der Forstbetriebsgemeinschaft Nethe Weser in Höxter. &bdquo;Wir hoffen auf einen nicht so trockenen Sommer." Private Waldbestände von bis zu vier Hektar Doch Schlüter sieht die wirtschaftliche Lage der privaten Waldbesitzer durchaus als dramatisch an. Nach seiner Meinung gibt es zu wenig Förderung der öffentlichen Hand, um die plötzlichen Verluste durch die fallenden Holzpreise auszugleichen. &bdquo;Die Bundesbaumprämie ist ein Tropfen auf den heißen Stein, weil sie die Vermögensverluste nicht ausgleicht." Zudem wünscht sich Schlüter hier auch mehr Unterstützung seitens des Landes, sonst &bdquo;kommt der kleine Privatwald unter die Räder". Viele dieser Waldbesitzer hätten einen Waldbestand von bis zu vier Hektar. Sie bräuchten die Unterstützung besonders, da sie mit dem Wald aktuell keine Gewinne mehr erwirtschaften könnten. Der Westfälisch-Lippische Landwirtschaftsverband (WLV) weist zudem darauf hin, dass die Waldbesitzer eine Leistung erbringen, die der Allgemeinheit zugutekommt. &bdquo;Waldbewirtschaftung ist aktiver Klimaschutz. Denn Wälder sind eine bedeutende Kohlenstoffsenke, da in Bäumen und Waldböden große Mengen an Kohlenstoff langfristig gebunden sind." Langfristige Erhaltung des Waldes als Ziel Diese Leistung sei für den Klimaschutz und das Erreichen der gesteckten Klimaschutzziele unverzichtbar. &bdquo;Es fehlt jedoch an einer ausreichenden Honorierung", so der WLV. Daher sei eine Vergütung der Senkenleistung von Wäldern einzuführen, die auch der Einkommensseite in den Betrieben diene. Große Chancen für den Klimaschutz bieten dem WLV zufolge auchsogenannte Bäuerliche Bürger-Windenergiekonzepte mit besonderem Blick auf den Wald. Waldbauern entwickeln und überplanen partnerschaftlich mit der lokalen Kommune mögliche Windenergieflächen. Dies könne insbesondere auch auf Standorten geschehen, die von Dürre und Borkenkäferbefall betroffen seien. Waldbauern könnten auf diese Weise nachhaltige Einkünfte erzielen, so der WLV. Ein Weg, der aber auch Debatten auslöst. Max Gottschalk ist Förster in Warburg und Chef der Forstbetriebsgemeinschaft Diemel Nethe, unter deren Dach 40 private Waldbesitzer zusammengeschlossen sind. Er setzt derweil auf die Anpflanzung neuer Baumarten wie Traubeneiche, Winterlinde oder Vogelkirsche, um die geschädigten Waldflächen resistenter zu machen. Auch eine Baumart wie die aus der Türkei stammende Baum-Hasel werde versuchsweise neu gepflanzt. Der Waldumbau sei &bdquo;eine Herzenssache des Försters", an der er mit großer Freude arbeite. Den Wald in seiner Gänze langfristig zu erhalten sei das Ziel aller Bemühungen.

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