Sterben der Stadttauben: Tiere essen in Coronazeit sogar Zigarettenkippen

Herford. Beliebt sind sie nicht gerade. Als "Ratten der Luft", Dreck verursachende Plage und Störenfriede in der Innenstadt beschimpft haben Tauben keinen leichten Stand. Ihre klebrigen Hinterlassenschaften sorgen vor allem rund um das Klingenthal-Modehaus, am Alten Markt aber auch andernorts in der Innenstadt für Ärger. Dabei könne es sich der Mensch mit den Stadttauben nicht so einfach manchen, sagt Karin Gehrke. "Sich über die Tiere aufzuregen beseitigt die Probleme nicht. Man muss den Stadttauben schon helfen, damit es für alle besser wird." Gehrke und weitere Ehrenamtliche haben sich vorgenommen, sich der Stadttauben in der Herforder Innenstadt anzunehmen. Damit wollen sie nicht nur den Tieren, sondern langfristig auch den Menschen helfen, die sich von den Tauben gestört fühlen. "Die Vögel sind auf uns Menschen angewiesen und keine Wildtiere, die sich selbst versorgen können, wie viele Leute glauben", erklärt Janine Schalk. Größtenteils stammten die Vögel von verwilderten Haus- und Brieftauben ab, die aus der Felsentaube gezüchtet worden seien. "Dass die Stadttauben da sind, ist also von Menschen verursacht, deshalb sollten wir uns auch darum kümmern." Aufgefallen ist das Leid der Stadttauben besonders während des Corona-Lockdowns Darauf aufmerksam geworden, dass es den Herforder Stadttauben nicht gut geht, sind Gehrke, Schalk und ihre Mitstreiterinnen vor allem während der Zeit des Corona-Lockdowns. "Wir haben immer mehr geschwächte, kranke und auch verendete Tiere in der Stadt gesehen", so Gehrke. "Da die Menschen nicht mehr in der Innenstadt waren und vor allem dort auch nichts mehr verzehrt werden durfte, sind viele Tiere schlicht verhungert oder haben aus Not Dinge gegessen, die sie besser hätten liegen lassen - wie Zigarettenkippen oder anderen Müll." Dass das Füttern der Tauben in der Innenstadt verboten ist, finden die Tauben-Helferinnen zwar grundsätzlich richtig, da nicht jeder wisse, welches eigentlich das geeignete Futter für die Vögel sei. "Wir würden uns aber wünschen, dass eine Art Stadttaubenprojekt ins Leben gerufen würde und dass dann ausgewählte Menschen, die sich um die Tiere kümmern, diese auch füttern dürften", so Karin Gehrke. Stadttaubenprojekte gebe es bereits in mehreren Städten - zum Beispiel in Bielefeld - und die Erfahrungen damit seien sehr positiv. "Den Tieren wird ein Taubenschlag eingerichtet, sie werden dort gefüttert und es wird auch eine Geburtenkontrolle möglich, da die Tauben dann im Schlag ihre Eier legen und diese durch Gipseier ausgetauscht werden könnten, um eine starke Vermehrung zu unterbinden", erklärt Gehrke weiter. Bekommen die Tiere artgerechtes Futter, wird der klebrige Hungerkot vermieden Ein weiterer positiver Effekt eines Schlages für die Stadttauben: 80 Prozent des Kotes würden im Taubenschlag anfallen und dadurch werde der Dreck in der Innenstadt minimiert. "Außerdem würde es auch nicht mehr der sehr klebrige so genannte Hungerkot anfallen, über den sich viele Menschen aufregen. Bekommen die Tiere artgerechtes Futter, wirkt sich das in dieser Stelle auch positiv aus", ergänzt Tanja Yeung, die sich gerne mit ihren Mitstreiterinnen um die Reinigung und die Fütterung der Herforder Stadttauben kümmern würde. Die Tauben-Schützerinnen haben auch schon einen Vorschlag, wo möglicherweise ein Taubenschlag eingerichtet werden könnte. "Die Räume im Haus über der Citywache am Alten Markt stehen unseres Wissens nach leer. Da bräuchte man nur die Fenster raus nehmen und alles herrichten", sagt Karin Gehrke, die sich mit dem Anliegen, etwas für die Herforder Stadttauben zu tun, auch bereits an Bürgermeister Tim Kähler gewandt hat. Bisher sei da allerdings noch kein positives Signal von der Stadt gekommen. Deshalb wollen die Frauen nun bei nächster Gelegenheit einen Bürgerantrag einreichen. "Da muss etwas getan werden. Diese Tiere sind auf den Menschen angewiesen", meinen sie. "Man muss Tauben ja nicht lieben. Aber Verantwortung übernehmen für eine Situation, die der Mensch im Grunde selbst herbeigeführt hat - das sollte man."

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