Corona bringt Abiturienten um einmalige Lebenserfahrungen

Herford. Einer der schönsten Tage im Leben ist für viele die Abi-Feier: Nach zwölf Jahren Schule, zahlreichen Prüfungen und einer endlosen Lernerei werden sie endlich ins Erwachsenleben entlassen. Doch durch die Corona-Pandemie müssen die Abschlussjahrgänge auf alte Traditionen wie Abschlussfahrten, Abibälle oder Motto-Wochen verzichten. Das geht auch an den Abiturienten nicht spurlos vorbei: "Als alles ins Wasser gefallen ist, hat sich jeder in der Stufe gefragt: Warum gerade wir?", sagt Thekla Koranashvili, Schülerin am Friedrichsgymnasium. Bei keinem Jahrgang sei bisher so viel ausgefallen: "Das hat es noch nie gegeben". Mittlerweile hätten sich aber alle mit der derzeitigen Situation abgefunden: "Für uns ist es jetzt normal", sagt die 18-Jährige. Ähnlich lief es auch an anderen Schulen ab: &bdquo;Am 13. März – dem letzten Schultag vor dem Lockdown - saßen die Schüler teilweise weinend auf den Gängen, weil sie realisiert haben, dass das ihr letzter Schultag war", berichtet Nadine Höner, die kommissarische Schulleiterin des Königin Mathilde Gymnasiums (KMG). &bdquo;Doch mittlerweile haben sie das Tal der Trauer durchschritten und die Situation akzeptiert. Jetzt versuchen sie, das Beste daraus zu machen." Abschluss überall anders geregelt Die Abschlussfeiern fallen bei fast jeder Schule anders aus. Die Zeugnisvergabe von Thekla Koranashvili fand diese Woche in der Münsterkirche statt - mit Abi-Kleid und Anzug, aber auch mit Abstandsregeln. Eine Abi-Feier gab es nicht. "Die Schule hat wirklich das Beste daraus gemacht. Es war ein schöner Abend, aber irgendwie hatte man schon so ein Trostpflaster-Gefühl", sagt sie. Da die ganzen Abi-typischen Traditionen wegfielen, falle der Abschluss mit der Schule schwerer. Sie habe erst nach der Zeugnisvergabe so richtig realisiert, dass es zu Ende geht. "Als ich danach nach Hause kam, war es komisch", sagt die 18-Jährige. Eine Abschlussveranstaltung in irgendeiner Form haben alle von nw.de befragten Schulen möglich gemacht. Die Verabschiedung der Abiturienten des Ravensberger Gymnasiums fand diese Woche im Stadttheater Herford statt. Auch hier geht es nur zeitversetzt in kleineren Gruppen. Dafür dürfen wegen des größeren Veranstaltungsortes die Schüler auch zwei Begleitpersonen mitbringen. &bdquo;Den Haushalten wurden dazu Plätze zugewiesen, in denen sie genügend Abstand zueinander haben", sagt Schulleiterin Rita Klötzer. Die Abiturienten des KMGs sind dabei der einzige Jahrgang, der geschlossen verabschiedet wird. Dafür hätten die Schüler das Geld investiert, das sie eigentlich für den Abiball gesammelt hatten, um den Güterbahnhof Herford anzumieten, so die KMG-Leiterin Höner. &bdquo;Dafür mussten wir ein Hygienekonzept entwickeln. Die Schülerinnen und Schüler durften den Güterbahnhof nur zeitversetzt betreten, mussten bis zum Platz ihren Mundschutz tragen und durften nur zwei Begleitpersonen mitbringen", sagt sie. Die Haushalte saßen dann auf Stuhlinseln voneinander getrennt. Abi-Streich nacholen? Einige Schulen planen sogar schon, manche Feierlichkeiten einfach später stattfinden zu lassen: &bdquo;Es gibt Anfragen aus dem Abijahrgang, ob sie den Abi-Gag vielleicht nach den Ferien nachholen können", sagt KMG-Leiterin Höner. Bei dieser Tradition dürfen die Abiturienten in der Schule ein großes Fest organisieren. Oft wird dazu von den Schülern auch morgens die Schule abgeriegelt. &bdquo;Wenn die Vorgaben des Landes das nach den Ferien zulassen, können sie das gerne noch machen", so Höner. Ob und wie die Absolventen des Friedrichsgymnasiums im Nachgang nochmal eine Abifeier veranstalten wollen, ist noch nicht klar. Durch die neuen Auflagen wären Abifeiern möglich - allerdings ohne Eltern und Lehrer. "Wir müssen gucken, ob wir etwas planen, aber ich könnte mir schon vorstellen, dass wir uns alle noch mal treffen", sagt Thekla Koranashvili. Nach dem Abi sollte jetzt für viele ein Aufenthalt im Ausland anstehen. Manchen fangen stattdessen schon an zu studieren. "Das ist ein bisschen schade, weil jetzt eigentlich der beste Zeitpunkt zum Reisen wäre", sagt die Absolventin und fügt hinzu, "wäre da nicht Corona." Sie selbst wollte nach ihrem Abitur ursprünglich in die USA reisen und hat jetzt umgeplant. Sobald es ginge, wolle sie zu ihrer Verwandtschaft nach Georgien. Diese ganzen kurzfristigen Veränderungen, mit denen die Schüler in dieser ohnehin sehr stressigen Zeit umgehen mussten, hatten aber auch etwas Gutes: "Ich glaube, das Abitur während einer Pandemie abzulegen und zu bestehen, ist eine Sache, auf die man stolz sein kann", sagt die 18-Jährige und fügt hinzu, "wir haben alle etwas in Sachen Krisenmanagement gelernt."

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