Herford. Im vergangenen Jahr war Dominic Miller zum ersten Mal beim Herforder Musik Kontor zu Gast. Wie damals spielte der Stargitarrist auch diesmal vor ausverkauftem Haus. Seine aktuelle „Absinthe" Tour führt ihn derzeit durch ganz Deutschland, Frankreich und Österreich.
Wer sein Konzert des vergangenen Jahrs noch im Ohr hatte, wurde durch die Musik aus seinem neuen Album überrumpelt. Hier entwickeln sich zeitgleich minimalistische Ansätze mit einem unglaublich dichten musikalischen Gesamtkonzept, spontane Improvisationskunst mit streng durchdachtem, inneren Aufbau. Was wie ein unüberbrückbarer Widerspruch klingt wird aber durch die präzise Dosierung von Absinthe zum musikalischen Wunderland. Miller wird von Sting gerne als seine rechte und linke Hand bezeichnet. Neben seiner Zusammenarbeit mit Sting als Gitarrist, Arrangeur und Komponist hat Dominic Miller aber auch mit Paul Simon, Phil Collins, Donovan und vielen anderen gearbeitet. Seine Wahlheimat Provence hat ihn zu seinem aktuellen Album inspiriert. Hier scheint sich eine Welt von wildem Impressionismus, warmen Sommerstürmen und bewußtseinserweiternden Rauschzuständen zu einem feinfühligen, meditativem Wahnsinnserlebnis zu entwickeln. Wie auch Sting ist Miller eine durchaus dominierende Künstlerpersönlichkeit, die sich aber selbst niemals in den Vordergrund schiebt. Er gibt seinen Mitspielern bereitwillig Raum, um sich zu entfalten und schleicht sich oft selbst ganz diskret in seine einfühlsamen, aber auch virtuosen Soli.

Der junge marokkanische Percussionist Rhani Krija entführt Zuhörer und Mitspieler spielerisch in arabische, afrikanische und indische Klangwelten. Bandoneonspieler Santiago Arias wurde von Miller während einer Tournee in Argentinien entdeckt. Er bereichert das Ensemble mit einem Hauch von nostalgischer Wehmut und rätselhaften Vorahnungen. Bassist Nicolas Fiszman und Keyboarder Mike Lindup sind langjährige Komplizen Millers. Mit beeindruckender Präzision tüfteln sie an ihren Klängen, agieren souverän im Hintergrund und faszinieren mit überaschenden Solos. Während der erste Teil des Abends sich auf von Absinthe inspirierte Musik konzentrierte, waren nach der Pause zahlreiche Referenzen an beliebte Pop-Evergreens zu hören. Neben Sting kamen auch die Beatles, Neil Young und Abba zu Wort. Dabei begnügten sich Miller und seine Mitstreiter jedoch nicht mit einfachen Coverversionen. Mit rätselhaften Vorspielen wurden die Zuhörer gerne aufs Glatteis geführt und vertraute Ohrwürmer wurden zu vielschichtigen Kompositionen weiterentwickelt.

Es gab auch eine Hommage an einen ganz besonderen Superstar. Dominic Miller intonierte am Ende des Abends ein Solo von Johann Sebastian Bach und der ganze Saal schien minutenlang die Luft anzuhalten. Eine Faszination für Altmeister Bach, die man im klassischen Konzertbetrieb nur selten erreicht.