FRANKREICH

Nostalgische Bahnfahrt in die Provence

Mit dem "Train des Pignes" von Nizza nach Digne-les-Bains

Der Pinienzapfenzug unterwegs in der Hoch-Provence auf der Fahrt nach Nizza. | © FOTO: FRANCE

25.06.2011 | 09.07.2011, 00:57

Viermal täglich pendelt der "Pinienzapfenzug" von Nizza aus in die Hoch-Provence. Drei Stunden lang kurvt der Schienenbus durch wilde Täler bis nach Digne-les-Bains. Mittags drängen sich Schüler im Bahnhof "Nice CP" an der Rue Alfred Binet. Hausfrauen kommen schwer bepackt mit ihren Einkäufen, dazwischen tummeln sich Touristen. Sie alle warten auf den "Train des Pignes", der von hier aus in die Haute Provence startet.

Was für die Einheimischen nur der Pendlerzug nach Hause ist, gerät besonders für Eisenbahnfans unter den Touristen zu einem außergewöhnlichen Erlebnis: Drei Stunden lang werden sie mit dem blauen Schienenbus auf Tour sein. Schüler und Hausfrauen haben den Zug in den Vororten von Nizza längst verlassen. Kurve um Kurve folgt der Schienenstrang nun über 65 Kilometer dem schluchtenähnlichen Tal des Var-Flusses.

Zwischenstopp in Puget-Théniers, einem verwinkelten Dorf aus dem 13. Jahrhundert. Bergsteiger kennen den Namen, denn auf dem Klettersteig "Les Demoiselles coiffées geht’s mit Seil und Haken zum Gipfel. Unter Anleitung erfahrener Bergführer können sich auch mutige Anfänger in die Felsen wagen. Kondition, Mut und Schwindelfreiheit werden allerdings vorausgesetzt. Die notwendige Ausrüstung können Kletterer im Tourismusbüro ausleihen – im ehemaligen Güterschuppen gleich neben dem winzigen Bahnhof.

Meisterstück des Eisenbahnbaus zwischen Digne und Thorame-Haute

Immer weiter dieselt der Triebwagen bergan. Als Meisterstück des Eisenbahnbaus gilt der Abschnitt zwischen den Stationen Digne und Thorame-Haute wegen seiner zahlreichen Brücken, Kurven, Dämme und Tunnel. Eisenbahnfreaks schwärmen von der Kreiskehre bei le Fugeret, wo die Gleise in einer Schleife von 180 Grad am Berghang entlang geführt werden. 50 Haltepunkte, 16 Stein-Brücken, 15 Eisenbahnviadukte und 25 Tunnel weist die 150 Kilometer lange, einspurige Strecke auf. Die bedeutendste Röhre bei Thorame-Haute bringt es auf eine Länge von 3,4 Kilometern. Sie markiert mit 1.022 Metern über dem Meeresspiegel auch den höchsten Punkt der Verbindung. 1911 fuhren die ersten Dampfzüge zwischen Nizza und dem Badeort Digne-les-Bains, nachdem mehr als 20 Jahre an der Strecke gebaut wurde.

Der Überlieferung nach sollen die Dampfloks statt mit Kohle mit Pinienzapfen befeuert worden sein, die vom Zugpersonal und mitunter von den Reisenden entlang des Schienenstrangs eingesammelt wurden. So soll der Name "Train des Pignes" (Pinienzapfenzug) entstanden sein. Nach drei Stunden rumpelt der Triebwagen in den Bahnhof von Digne-les-Bains. Die Endstation, wo ein halb verfallener Lokschuppen, vor sich hin rostende Abstellgleise und alte Ladekräne an längst vergangene Zeiten der nun 100 Jahre alten Bahnstrecke erinnern.

Doch selbst im Jubiläumsjahr zählt die Verbindung nicht zum alten Eisen – für die Pendler genau so wenig wie für die Touristen. Die Reisenden aus aller Welt sind Eisenbahnfans und Freunde der Frühgeschichte. Letztere reisen eigens in das Thermalbad, um die mit 350 Quadratmetern größte freiliegende Ammonitenplatte Europas zu bestaunen. Fachleute haben 1.500 Versteinerungen von Muscheltieren auf dem Gestein gezählt. Deren Alter wird auf mehr als 200 Millionen Jahre geschätzt.

Infos: Französische Zentrale für Tourismus, 60001 Frankfurt, Tel. (0 69) 97 58 01 36, und im Netz unter www.franceguide.com.

Weitere Internetadressen: www.100anschemindeferdeprovence.fr, www.nicetourism.com, www.ot-dignelesbains.fr.