Pkw-Fahrerin wird auf ungesichertem Bahnübergang fast von Zug überrollt

Herford. Vier Tage danach kehrt Inge Waldhoff an den Ort zurück, an dem sie einer Katastrophe womöglich nur knapp entgehen konnte: "Ich hatte 1.000 Schutzengel und könnte heute noch weinen", sagt sie. Was war passiert? Waldhoff und ihre Freundin Gudrun Mormann wollten eigentlich Margret Büter besuchen. Die wohnt an einer Abzweigung der Salzufler Straße. Ganz in der Nähe, wo das Rauschen der nahegelegenen A2 zu hören ist und die Gleise sich wie mit dem Lineal gezogen durch die Landschaft ziehen, befindet sich ein Bahnübergang. Seit Beginn dieses Jahres wird der genau wie jener an der Maschstraße und der Brunnenstraße mit Sicherungsposten bewacht. Denn die Technik der Übergänge ist kaputt. Eine automatische Schließung der Schranken ist nicht mehr möglich. Im Schichtdienst sperren die Mitarbeiter den Bahnübergang deshalb mit einem Band ab, wenn ein Zug vorbeifährt. Die Autos müssen dann halten. "Ich habe dann nur noch Vollgas gegeben" Das hat bisher ohne Zwischenfälle reibungslos funktioniert, bis zu jenem Freitag, dem 11. Oktober, sagen die Frauen. Weil Margret Büter an dem Tag nicht Zuhause war, machten sich die beiden Freundinnen unverrichteter Dinge wieder auf den Weg nach Bad Salzuflen, wo sie wohnen. Dabei fuhren sie, so rekonstruieren sie den Vorfall rückblickend, in zwei Autos: Mormann fährt vorne, Waldhoff folgt in ihrem weißen Mercedes. Der orange gekleidete Sicherheitsposten habe den Übergang freigegeben. "Ich war ganz auf den Bahnübergang konzentriert. Der war nunmal frei", berichtet Mormann. Also passiert sie die Gleise in Richtung Polizeihundverein Herford, der aus dieser Richtung rechts liegt. Inge Waldhoff sei mit ihrem weißen Mercedes auf die Gleise gefahren, als sie bemerkt habe, dass sich von links ein weißer Zug dem Bahnübergang näherte. Waldhoff sagt, sie habe schnell geschaltet: "Ich habe dann nur noch Vollgas gegeben." Gleichzeitig habe der ICE abgebremst, sonst wäre es zu einer Kollision gekommen, berichtet sie. "Die Druckwelle des vorbeifahrenden Zugs habe ich noch gespürt", erklärt Waldhoff. Bahnübergangsposten hätte sich für den Vorfall entschuldigt Freundin Gudrun Mormann hat den Vorfall so beobachtet: "Ich habe den Zug im Rückspiegel gesehen und dachte, dass mindestens das Kennzeichen weggerissen wurde - so eng war es." Doch ihre Freundin bleibt unverletzt, und auch das Auto wird nicht beschädigt. Als sich die beiden gesammelt hätten, seien sie zurück auf die andere Seite des Bahnübergangs. Laut eigener Aussage sprechen sie mit dem Bahnübergangsposten, der die Gleise freigegeben hätte. Der entschuldigte sich daraufhin für den Vorfall, sagen die Frauen, "der Lokführer hätte den Zug nicht gemeldet". Die Deutsche Bahn hingegen schreibt, dass eine Frau sich erst am Abend bei einem Bahnübergangsposten beschwert hätte. Dieser hätte sich entschuldigt, ohne um den genauen Hergang zu wissen. Beschwerde ist bei der Bahn eingegangen Ein weiterer kritischer Punkt: Waldhoff sagt, der Zug sei weiß gewesen, ein ICE, mutmaßt sie. Die Deutsche Bahn kann das jedoch nicht bestätigen. &bdquo;Aufgrund der Sperrungen im Zusammenhang mit den Brückenbauarbeiten in Bielefeld ist es ausgeschlossen, dass ein ICE am vergangenen Freitag,11. Oktober, den Bahnübergang passiert hat." Eine Sprecherin erklärt jedoch schriftlich: &bdquo;Tatsächlich hat ein Bahnübergangsposten eine Beschwerde am 11. Oktober bei dem Fahrdienstleiter vermerkt. Hier hat eine Straßenverkehrsteilnehmerin beklagt, der Bahnübergang sei zu spät gesichert worden." Weiterhin heißt es jedoch, dass zu keinem Zeitpunkt eine Gefahr bestanden hätte. Zudem seien die Bahnübergänge mit einem Andreaskreuz gekennzeichnet, wodurch dem Schienenverkehr Vorrang eingeräumt werde: &bdquo;Es ist also lebenswichtig, am Andreaskreuz aufmerksam zu sein. Bei Bahnübergängen muss sich der Straßenverkehrsteilnehmer vor dem Überqueren des Bahnübergangs Übersicht auf die Bahnstrecke verschaffen." Inge Waldhoff gibt sich damit nicht zufrieden. Sie hält die Situation am Bahnübergang für &bdquo;unverantwortlich". Der Deutschen Bahn will sie ihren Fall noch einmal in einem Schreiben schildern: &bdquo;Das ist doch kein Zustand dort."

Meistgelesen