
Fahrlehrer und deren Schüler sind genervt. Anlass des Ärgers: Das Straßenverkehrsamt des Kreises Herford in Kirchlengern. Wochenlang mussten Fahranfänger auf die Bearbeitung ihrer Führerscheine warten. Jetzt soll Besserung in Sicht sein, weil Ralf Stölting als Personalchef des Kreises Herford nach massiven und anhaltenden Klagen vier neue Arbeitsplätze geschaffen hat.
Die Kräfte kommen laut Stölting in einem Call-Center zum Einsatz, für das zusätzliche Räumlichkeiten ausgebaut worden sind. Es folge die technische Ausstattung, damit dieses Call-Center zum 1. Juli den Betrieb aufnehmen könne. Dringlichste Aufgabe des Teams: Der Abbau des Rückstaus.
1.000 Führerscheinanträge bis zu einem Vierteljahr beim Straßenverkehrsamt
„Zeitweise haben 1.000 Führerscheinanträge bis zu einem Vierteljahr beim Straßenverkehrsamt gelegen, ohne Bearbeitet zu werden", berichtete Ralf Stölting im jüngsten Kreisausschuss vergangenen Mittwoch. Die anschließende Bearbeitung habe drei bis vier Wochen in Anspruch genommen. Zusätzliche 14 Tage seien durch die Bundesdruckerei angefallen.
Neben den Fahrschulen standen auch Berufskraftfahrer oder andere Führerscheinbesitzer im Bearbeitungsstau. Wie etwa ein Hausarzt aus Hiddenhausen, der erst Wochen nach seiner Anfrage einen Termin erhielt, um einen internationalen Führerschein zu erhalten (die NW berichtete). Besonders betroffen aber sind die Fahrschulen, die wegen der schleppenden Abfertigung die Zulassungen zur Prüfung für ihre Fahrschüler sammelten und stoßweise in Kirchlengern einreichten. Ralf Stölting: „Die Anträge haben erst einmal auf Halde gelegen."
Seit November 2017 war es in der Führerscheinstelle durch Erkrankungen, Schwangerschaft und erfolgreiche Bewerbungen auf andere Stellen innerhalb der der Kreisverwaltung immer wieder zu personellen Engpässen gekommen. Ende 2018 Jahres hatten alle Fahrschulen des Kreises Herford ein Infoschreiben erhalten. Damals hieß es, dass drei der vier Stellen bei der Führerscheinstelle neu besetzt worden seien und sich diese Mitarbeiter in der Einarbeitungszeit befänden. Deswegen würde die Antragsbearbeitung bis zu drei Monaten dauern.
Im Moment ist es nicht mehr tragbar
Aber nicht nur das Personal, auch die Technik ließ den Frust im Fahrerlager anschwellen. Vergeblich versuchte beispielsweise der Bünder Fahrlehrer Michael Kindervater das Straßenverkehrsamt telefonisch zu erreichen. „Manchmal lasse ich es fünf Minuten durchklingeln, aber dann werde ich weggedrückt." Kindervaters Kollege Marc Höcker sagte vor Wochen der NW: „So wie es im Moment läuft, ist es nicht mehr tragbar."
Im Internet finden sich derzeit ähnliche Belege. Etwa auf einer Google-Plattform, auf der Nutzer Fragen stellen können. „Ist die Führerscheinstelle jemals besetzt? Also arbeitet dort noch jemand? Insgesamt 25 Anrufe innerhalb von 2 Tagen und niemand geht ran?" oder „Ich bin schon seit zwei Stunden in der Leitung, nix passiert, nur warten wurde mir gesagt", heißt es dort.
Verdoppelung der Leitungen als Ziel
Die Fragen kennt Ralf Stölting. Der Personalchef des Kreises Herford setzt auf eine neue Telefonanlage als Antwort. Der Auftrag sei an den Anbieter „Ebitel" vergeben. Ziel: Die Verdopplung der Zuleitungen. „Es geht darum, dass die Leistung des Straßenverkehrsamtes verbessert wird", so Ralf Stölting.
In einer am Freitag verbreiteten Stellungnahme des Kreises Herford heißt es: „Mit der Wirksamkeit aller ergriffenen Maßnahmen wird es möglich sein, mehr Terminangebote für die Führerscheinstelle online zu stellen, als das in den letzten Monaten der Fall war. Parallel dazu wird sowohl im Straßenverkehrsamt als auch im Kreishaus in Herford jeweils ein Terminal der Bundesdruckerei installiert, an dem es möglich ist, einen Fahrerlaubnisantrag selbst zu erfassen, einschließlich des erforderlichen Lichtbildes. Damit soll eine größere Terminunabhängigkeit bei der Antragstellung angeboten werden."
Bürger als beständiger Bittsteller
Schon vor Jahrzehnten genoss das Straßenverkehrsamt des Kreises Herford einen höchst zweifelhaften Ruf. Von einer Behörde war die Rede, die ihre Bürger eher als Bitt- und weniger als Antragsteller empfing. Wer bei diesem Amt etwas zu erledigen hatte, der brauchte vor allem eines: Zeit. Viel Zeit.Fast scheint es so, als wenn die Bürokraten in Kirchlengern immer noch das Heft des (Nicht-)Handelns in ihren Händen halten. Was bringt es, wenn Landrat Jürgen Müller zum Amtsantritt 2015 erklärt, er wolle das Straßenverkehrsamt technisch aufrüsten, um Wartezeiten zu verringern? Warum kommt es trotzdem und wiederkehrend zu personellen Engpässen? Weshalb ist dieses Amt telefonisch wiederholt und wochenlang nicht erreichbar? Warum haperte es zuletzt bei der Online-Terminvergabe?
Die Behördenleitung in der Herforder Kreisverwaltung versprach Ende vergangen Jahres Abhilfe und verwies auf neue Mitarbeiter, die erst noch eingearbeitet werden müssten. Und dann? Und dann dauert es mehr als ein halbes Jahr, bis – nun endlich – zusätzliches Personal eingestellt wird und sich das Problem zum 1. Juli erledigt hat. Haben soll.
Aber, wie heißt es doch so schön: Ist der Ruf erst einmal ruiniert, lebt es sich ganz ungeniert. Das Zitat ist nicht genau zuzuordnen und wird einem Kabarettisten namens Werner Kroll zugeschrieben. Es könnte aber auch von Wilhelm Busch oder Bert Brecht stammen. Alle drei Protagonisten lebten in einer Epoche, als die Menschen wenige Autos hatten. Aber viel mehr Zeit.