Herford

Alle Schüler des Ravensberger Gymnasiums Herford müssen umziehen

Verwaltung schließt kompletten Neubau aus, empfiehlt aber auch keine teilweise Sanierung. Auf alle Schüler und Lehrer kommen übergangsweise erhebliche Veränderungen zu.

Arbeiter eine Vlothoer Baufirma stellen den Zaun zum Bau der Übergangcontainer auf. | © Peter Steinert

Peter Steinert
18.06.2019 | 18.06.2019, 17:11

Herford. Der Bürgermeister will bei Umbau und Erweiterung des Ravensberger Gymnasiums (RGH) Tempo machen. „So schnell wie möglich und so präzise wie nötig" (Tim Kähler) soll ein neuer Fachklassentrakt für naturwissenschaftliche Fächer gebaut und zeitgleich bestehende Klassenräume saniert werden.

Zwei Jahre sind dafür veranschlagt, in denen Lehrer und Schüler (unter anderem zur Meierfeldschule) umziehen müssen. „Mit dieser Variante sparen wir Zeit und haben die Chance im Sommer 2022 fertig zu sein", sagt das Stadtoberhaupt. Kähler verwirft die Sanierung bestehender naturwissenschaftlicher Räume als zweite Variante sowie die Idee eines kompletten Neubaus.

Drei Lösungsansätze

Eine sanierungsbedürftige 1,5-fach-Sporthalle, Raumbedarf von mindestens vier größeren Klassen-Räumen (unter anderem wegen dem Wechsel von G 8 zu G 9), Mensa und Cafeteria sind zu klein und die vorhandenen Verwaltungsräumlichkeiten unterdimensioniert – seit Jahren ist bekannt, dass am RGH Handlungsbedarf besteht. Der Aufwand stieg, weil sich bei der Grundlagenermittlung für Umbau und Erweiterung erhebliche Mängel beim baulichen Brandschutz des Fachklassentraktes offenbarten.

Am Montag stellten Bürgermeister Tim Kähler, Beigeordneter Peter Böhm, Tiefbauamtsleiter Uwe Werner, Martin Krull von der städtischen Immobilienabteilung sowie Ingenieur Rainer Wennemar vom Architekturbüro „Werk (Herzebrock-Clarholz) drei Lösungsansätze vor.

Das Ravensberger Gymnasium - © Peter Steinert
Das Ravensberger Gymnasium | © Peter Steinert

Demnach würde eine Sanierung des Fachklassentraktes mit 18,2 Millionen Euro zu Buche schlagen. „Für die Tragwerksertüchtigung müsste zusätzlich eine siebenstellige Summe hinzu gerechnet werden.

Wann das Gebäude fertig sein soll

Die Höhe richtet sich nach einem Gutachten, das zusätzliche Zeit in Anspruch nimmt", sagt Rainer Wennemar. Peter Böhm ergänzt: „Wobei wir derzeit noch nicht wissen, ob die bestehende Substanz überhaupt sanierungsfähig ist."
Anfang 2023 könnte das gesamte Gebäude fertig gestellt werden – falls das Gutachten nicht weitere Verzögerungen mit sich bringt.

„Jede Verzögerung kostet Geld, was sich schon allein aus den Mieten für die Container ergibt", sagt Böhm.
Diese Container sollen nach den Sommerferien bezugsfertig sein und werden als Ersatz für die gesperrten naturwissenschaftlichen Räume derzeit gegenüber vom Haupteingang der Schule aufgestellt.

Deutlich schneller und zweckmäßiger ist eine zweite – von der Verwaltung priorisierte – Version. Die kostet 23,1 Millionen Euro. Als Fertigstellungstermin nennt Wennemar „Anfang 2022". Die reine Bauzeit beträgt zwei Jahre. Böhm: „Sanierung und Erweiterung des Altbaus und der Neubau der Fachräume laufen parallel."

23,1 Millionen Euro Kosten

Mit dem Abriss des mangelhaften Fachklassentrakts will die Stadt bis zum Sommer des nächsten Jahres warten. Kähler spricht mögliche Regressforderungen an: „Für ein Bewertungsverfahren und einen eventuellen Prozess brauchen wir die notwendigen Beweise. Deswegen muss im Vorfeld eine juristische Expertise erstellt werden."

Ungeachtet dessen, forciert der Bürgermeister die Variante mit dem Teilneubau. Am 26. Juni wird diese Variante im Immobilien- und Abwasser-Betriebsausschuss (IAB) vorgestellt. Sollte ein Beschluss fallen, könnte die Verwaltung weiter planen. Der Rat würde dann in seiner ersten Sitzung nach dem Sommerferien über die Gesamtkosten von 23,1 Millionen Euro zu befinden haben.

Eine dritte Variante wird im IAB als auch im Rat wohl zu vernachlässigen sein: der komplette Neubau des RGH. Dessen Gesamtkosten belaufen sich auf 33,6 Millionen Euro. Die Bauzeit würde 48 Monate dauern. Womit Schüler und Lehrer im Sommer 2024 wieder an ihren angestammten Platz ziehen könnten. Frühestens.

KOMMENTAR DER REDAKTION


Gasgeben am Gymnasium


Herfords SPD-Bürgermeister ist für rasches Handeln bekannt. Jetzt wieder. Beim Ravensberger Gymnasium. Ein Teilneubau für über 23 Millionen Euro soll es sein. Es gibt Ratspolitiker – nicht nur in der CDU – die bei diesem Tempo nicht mithalten wollen. Und es gibt Bürger, die verfolgen diese Schnellschüsse mit Skepsis. Denn oftmals geht das Stadtoberhaupt mit seinen Getreuen im Rathaus ins Risiko. Für das muss letztlich der Bürger herhalten. Denn auch dann, wenn Fördermittel fließen, handelt es sich allemal um Steuermittel.
Es ist zwar ganz schön, wenn der Wall fein hergerichtet wird und die Fußgängerzone mitsamt der Innenstadt in neuem Glanz erstrahlt. Das alles sind die Streusel auf einem Kuchen mit dem städtischen Wappen. Hausmannsküche ist hingegen der Bildungscampus. Auch der aus dem Schnellkochtopf. Was gut ist, weil alternativlos. Allein die Frage nach der Geschwindigkeit ist diskutabel.
Eben diese Frage stellt sich beim Ravensberger Gymnasium nicht. Bau und Betrieb einer solchen Einrichtung sind das ureigene Kerngeschäft einer Kommune.
Sozusagen das Trockenbrot Herfords. Wer hier auf die Bremse tritt oder gegensteuert, der handelt auch. Unverantwortlich.