Herford. Als die digitale Wanduhr mit ihren roten Ziffern Mittwochabend im Sitzungssaal der Sparkasse 20.52 Uhr aufleuchten ließ, waren fast vier Stunden vergangen. Erst dann stand fest, dass nichts fest stand.
Sport-, Schul- und Betriebsausschuss bleiben im Unklaren, ob das Ravensberger Gymnasium nach den festgestellten Brandschutzmängeln in den naturwissenschaftlichen Räumen saniert werden kann, teilweise erneuert oder komplett neu gebaut werden muss. Allein am Standort, darin waren sich Politiker, Verwaltung sowie zahlreich erschienene Elternvertreter, Lehrer und die Schulleitung einig, solle festgehalten werden.
Sportliche Herausforderung
Peter Steinert
Es mutet nach Wettkampf an, den die Beteiligten beim Sporthallenbau am Ravensberger Gymnasium anstrengen. Den Rahmen gibt die Stadt vor, die eine Halle für den Schulsport errichten möchte. Der Vereinssport reagiert in Form der Basketball-Gemeinschaft (BBG). Die spielt bislang nebenan in der Halle des Friedrichs-Gymnasiums. Deren Zuschauerkapazität: 500. Weil diese Kapazität bei einem Wechsel zum Ravensberger um 100 Fans steigen könnte, würden sich Tribünen gut machen. Besonders welche, die ausziehbar sind und die bis zum Spielfeldrand reichen.
Das findet die Schule auch gut, obwohl sie gar keine Zuschauerplätze braucht. Aber mehr Platz erhält. Denn für die nachträglich bewilligte Technik müssen Material- und Geräteräume von der einen zur anderen Seite ziehen, was die Halle insgesamt vergrößert. Und um eine Million Euro verteuert. Inklusive Bodenbelag. Hier aber scheiden sich die Geister.
Die Schule möchte Kunststoff. Der Verein Parkett. Wobei die viertklassige BBG auf Aufstiege hofft, die nur bei entsprechendem (und vorgegebenem) Parkett-Boden zu bewerkstelligen seien. Die Verantwortlichen um Vereins-Geschäftsführer Jürgen Berger träumen gar von 2. Liga und 1.500 Zuschauern. Wie der Brandschutz gesichert und die Infrastruktur bewerkstelligen werden kann, ist unbekannt.
Vielleicht sollten beide Seiten zurückrudern, zur Ursprungsversion. Was dann preislich günstiger wäre. Das eingesparte Geld könnte etwa in das von Bürgermeister Tim Kähler angedachte OWL-Forum am alten Güterbahnhof fließen. Diese Mehrzweckhalle soll für die Nord-Westdeutsche Philharmonie, Theater-Gastspiele oder Konzerte konzipiert werden. Vielleicht lässt sich ein Spielfeld integrieren. Mit Parkett. Und Platz für 1.500 Zuschauer. Das wäre doch mal eine sportliche Herausforderung.
Diskussion um den Fußboden der Turnhalle
Diese Garantie ermöglicht eine Weiterplanung der neuen Turnhalle. „Die wird so oder so an der Hansastraße entstehen, weil sie die Klassenzimmer vor dem Straßenlärm schützt", machte Herfords Beigeordneter Peter Böhm deutlich. Da er bei der Finanzierung auf Mittel des Fördertopfes „Gute Schule" hofft, drängt die Zeit.
Und die drohte ihm zu verrinnen, weil die Ausschussmitglieder keinen gemeinsamen Nenner beim Hallenboden fanden. Linoleum als erste Variante wurde schnell verworfen. Am Kunststoff hielt etwa Schulleiterin Rita Klötzer fest. Während Jürgen Berger als Geschäftsführer der Basketball-Gemeinschaft (BBG) einen Parkett-Fußboden als unverzichtbar ansah.
Entscheidung zum Belag vertagt
Letztlich einigten sich die stimmberechtigten Ausschussmitglieder auf den Bau der Halle inklusive neuer und bis zum Spielfeldrand reichender Tribünenausrichtung. Das macht die Halle um eine Million Euro teurer, so dass brutto knapp 7 Millionen Euro zu Buche stehen werden. Die Entscheidung zum Belag wurde vertagt, weil die Fraktionen weiteren Beratungsbedarf sahen.
Damit kann die Verwaltung den Hallenbau vorantreiben, aber auch im Bestandsgebäude schauen, wie die Substanz ist. Es kann aber auch parallel eruiert werden, ob sich die Gelder für Gutachten, Sanierung, Ersatzbauten in Form von Containern und andere Übergangslösungen überhaupt rechnen.
Nach den Sommerferien gehen Container in Betrieb
Derzeit geplant sind dreigeschossige Container auf einer Freifläche an der Werrestraße gegenüber vom Haupteingang für die derzeit gesperrten Mint-Klassen. Nach den Sommerferien sollen sie in Betrieb genommen werden.
Zeitgleich könnte die Planung für einen Neubau beginnen. „Eine grobe Richtung wird bis zum nächsten Betriebsausschuss in vier Wochen erkennbar sein. Wir sitzen jetzt schon daran", sagte Peter Böhm.
Der Beigeordnete würde gegebenenfalls die Sanierung stoppen, die Mittwochabend Baustatiker Norbert Brauer vom gleichnamigen Ingenieurbüro (Dormagen) vorstellte. Und die aufgrund geöffneter Zwischendecken und dem damit aufgehobenem Brandschutz unumgänglich ist.
Laut Berechnungen des Spezialisten würden bei einem Brand nach 15 Minuten 700 Grad in der Schule erreicht. Nach 30 Minuten wären es schon 850 Grad. Zu viel und zu hoch in zu kurzer Zeit. Wolfgang Rußkamp (CDU): „Nach diesen Ausführungen kann man nur äußerst dankbar sein, dass nichts passiert ist. Wenn wirklich etwas passiert wäre, dann wäre das eine Katastrophe geworden."
„Loch an Loch, hält doch."
Dabei bereite nicht nur der Brandschutz, sondern auch die Tragfähigkeit der Decken Probleme. „Das ist beim Bau nicht dokumentiert worden", sagte Norbert Brauer und verdeutlichte die Problematik mit dem Spruch eines Tragwerks-Technikers: „Loch an Loch, hält doch."
Der Zeitplan des Baustatikers: Im Juni und Juli könnte nach einer Notabstützung ein Probeabbruch folgen. Dieser Baustoff würde dann an der RWTH in Aachen geprüft. „Im April 2020 stünde dann fest, ob die Schule wieder an ihre Räume kommt", sagte Norbert Brauer. Das aber sei nur eine Zielvorstellung. „Falls eine Einzelfallprüfung durchgeführt werden muss, dann verzögert sich das noch einmal um bis zu einem halben Jahr."
Worauf Udo Freyberg (SPD) folgerte: „Wahrscheinlich sind Abriss und Neubau das Beste." Heinz-Günther Scheffer (Liste 2004): „Ich erwarte eine Task-Force. Wir müssen schneller reagieren." Schulleiterin Rita Klötzer: „Dieser Zustand hat eine Verunsicherung ausgelöst, was auch angehende Eltern betrifft. Es ist ganz wichtig, dass wir eine Konstante erreichen. Wir brauchen schnelle Lösungen."
Ausgestanden und entschieden ist am Ravensberger Gymnasium noch lange nichts. Herbert Even (Grüne) sprach die Fehl-Sanierung der Fachräume für Biologie- oder Chemie an: „Das ist ein Schaden in siebenstelliger Höhe. Es geht um die Klärung des Schadenersatzes." Wolfgang Rußkamp: „Es stellt sich die Frage nach der Verantwortung". Doch auch die war bis um 20.52 Uhr nicht beantwortet.