Der Zweite Weltkrieg in Enger und Spenge: Von Fliegeralarm, Brandbombe und Fahrradverbot

Enger/Spenge. Als Ende des Zweiten Weltkrieges wird gemeinhin der 8. Mai 1945 genannt. Das ist aber nur teilweise richtig. Am 8. Mai kapitulierte die deutsche Wehrmacht zwar bedingungslos, hier in der Region war der Krieg aber bereits am Dienstag nach Ostern, daher am 3. April, zu Ende. Denn der Landkreis Herford war an diesem Tag von amerikanischen Panzertruppen erobert und besetzt worden. Die NW beleuchtet, wie der Krieg begann – und wie seine Folgen in Enger und Spenge zu spüren waren. 1939: Vor dem Kriegsbeginn Schon mehrere Tage vor dem Kriegsbeginn am 1. September 1939 konnte die Bevölkerung in Enger und Spenge erkennen, dass die nationalsozialistische Regierung den Krieg offenbar seit Wochen und Monaten vorbereitet hatte. Am 27. August kam aus Minden die Anweisung, unverzüglich die bereits vorgefertigten Ausweiskarten für bezugsscheinpflichtige Lebensmittel an die Bevölkerung auszuteilen. Als am 28. August, einem Montag, in den Tageszeitungen Listen bezugsscheinpflichtiger Lebensmittel und Waren veröffentlicht wurden, war der größte Teil der Bevölkerung bereits im Besitz der Ausweiskarten. In einem Artikel wurde versucht, die Bevölkerung zu beruhigen: &bdquo;Diese Nahrungsmittel und Verbrauchsgüter, die es nunmehr nur auf Bezugsscheine gibt, sind nicht etwa knapp. Denn die Ernährung des deutschen Volkes ist durch die vorhandenen Vorräte vollkommen gesichert. [. . .] Darum ist also nicht irgendein Mangel der Grund für die Einführung der Bezugsscheine, sondern nur der Wille zur Vorsorge. Niemand soll aufgrund seines Geldbeutels [. . .] nun mehr einkaufen, als er gebraucht. Dem Hamstern ist von vornherein ein Riegel vorgeschoben.“ Ebenfalls Ende August 1939, also kurz vor dem 1. September, als der Zweite Weltkrieg mit dem Angriff Deutschlands auf Polen begann, erhielten mehrere Männer aus den Ämtern Enger und Spenge Stellungsbefehle. 1940: Der erste Fliegeralarm Mit Kriegsbeginn mussten auch in Enger und Spenge alle Straßenlampen und Hausfenster verdunkelt werden, damit die Orte nicht Ziel feindlicher Flugzeuge wurden. Im Mai 1940 wurde zum ersten Mal Fliegeralarm gegeben. Die Ämter Enger und Spenge wurden seit dieser Zeit zwar häufig von Bombergeschwadern überflogen, die Angriffe der englischen Flugzeuge richteten sich zunächst noch gegen andere Städte, unter anderem gegen Bielefeld, Herford und Osnabrück. In den Schulen wurden daraufhin die Luftschutzmaßnahmen überprüft. In der &bdquo;Chronik der Bürgerschule Enger“ heißt es dazu: &bdquo;In der neuen Schule sind wir gut daran, da hier das Kellergeschoß im Herbst 1939 durch die Heeresverwaltung vorschriftsmäßig zum Luftschutzraum ausgebaut worden ist. Dagegen ist in der alten Schule kein Luftschutzraum vorhanden. Es werden daher auf dem Hofe der alten Schule durch Gemeindearbeiter sechs Splittergräben ausgeworfen.“ Unmittelbar nach Kriegsbeginn wurde in der Wilhelmschule in Enger – wie bereits im Ersten Weltkrieg – ein Reservelazarett eingerichtet. Die Klassenzimmer mussten sofort geräumt werden. Auf dem Schulhof wurde aus weißen und aus roten Ziegelsteinen ein großes Genfer Kreuz ausgelegt, um das Lazarett vor möglichen Fliegerangriffen zu schützen. In der Turnhalle wurden 3.000 Zentner Roggen gelagert. Bis das Reservelazarett am 31. Oktober wieder aufgehoben wurde, musste der Unterricht unter sehr beengten Verhältnissen in der alten Schule stattfinden. Ein knappes halbes Jahr später, Ende Oktober 1940, konnte die Bevölkerung miterleben, welche Auswirkungen der Krieg auch für die &bdquo;Heimatfront“ hatte. In der &bdquo;Chronik der Bürgerschule Enger“ wurden die Schrecken dieser Nacht festgehalten: &bdquo;Vom 23. zum 24. Oktober erleben wir eine furchtbare Nacht! Die Engländer versuchen mit großem Aufgebot, Bielefeld anzugreifen. Fast während der ganzen Nacht kreisen feindliche Flugzeuge am Himmel. Sie fliegen immer wieder auf Bielefeld an, und immer wieder werden sie durch die Flak zurückgetrieben. Das Geschützfeuer ist sehr heftig. In der Morgenzeit werden in Oldinghausen und Jöllenbeck Bomben abgeworfen. Auf den Hof des Bauern Ellerbrock in Pödinghausen fällt eine Brandbombe, die das Gelände südlich von Enger taghell erleuchtet. Natürlich ist die Engersche Bevölkerung während dieser unruhigen Nacht aufgestanden, um gegebenenfalls die Luftschutzräume aufsuchen zu können.“ Der nächtliche Fliegeralarm begleitete die Menschen nunmehr bis Kriegsende. Die englischen Flugzeuge warfen nicht nur Bomben, sondern auch gefälschte Reichskleiderkarten ab, die nachmittags von Schülern eingesammelt und bei der Amtsverwaltung abgegeben werden mussten. 1941: Rohstoffknappheit Die Rohstoffknappheit wurde im Verlaufe des Krieges immer spürbarer. Wie in der &bdquo;Chronik der Bürgerschule Enger“ festgehalten wurde, war es den Schülern seit Mitte des Jahres 1941 nicht mehr erlaubt, mit dem Fahrrad zu fahren: &bdquo;Da die Fahrradbereifungen sehr knapp sind und viele erwerbstätige Leute, die auf das Fahrrad angewiesen sind, kaum Ersatz für verbrauchte Reifen erhalten können, erregt es Unwillen unter der Bevölkerung, daß noch viele Kinder mit ihren Rädern spazieren fahren. Es wird daher den Kindern von der Schule aus das Radfahren verboten. Die Polizeibeamten sorgen dafür, daß das Verbot auch beachtet wird.“ 1945: Fliegerangriff auf die Kleinbahn Seit dem Jahre 1943 richteten sich die Fliegerangriffe der Alliierten zudem immer stärker auch gegen den heimischen Raum. Ein besonders schwerer Fliegerangriff fand am 16. Februar 1945 auf den mit Tarnfarbe angestrichenen Nachmittagszug der Bielefelder Kreisbahn statt, der sich auf der Fahrt von Enger über Jöllenbeck nach Bielefeld befand. In Pödinghausen auf der Höhe des roten Kottens wurde der Kleinbahnzug von feindlichen Tieffliegern beschossen. Ein Bombentreffer zerstörte den zweiten Wagen des Zugs völlig. 22 Todesopfer und viele Verwundete waren zu beklagen.

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