Als die Amerikaner nach Enger und Spenge kamen

Enger/Spenge. Am 2. April 1945 hatten Teile der 5. US-Panzerdivision den Pass zwischen Halle und Werther ohne Gegenwehr genommen und über Werther und Jöllenbeck das Gebiet des Landkreises Herford erreicht. Mit Ausnahme der Städte Herford und Vlotho wurde das Kreisgebiet am darauffolgenden Tage von den Amerikanern besetzt. Die heimische Bevölkerung war kriegsmüde. Die Menschen in den Ämtern Enger und Spenge hatten den Krieg zwar weitgehend unbeschadet überstanden, in den letzten Kriegsjahren war aber auch die Region mehrfach Ziel von Bombenangriffen gewesen, die auch einige Todesopfer gefordert hatten. Immer häufiger waren englische Tiefflieger aufgetaucht, die auch Zivilpersonen auf den Feldern oder Straßen angriffen und damit unter der Bevölkerung große Angst verbreiteten. Die eigentliche &bdquo;Eroberung“ der Ämter Enger und Spenge am 3. April vollzog sich allerdings wenig spektakulär, da sich die Truppen der deutschen Wehrmacht bereits abgesetzt hatten, als die amerikanischen Panzerverbände vom Westen her in das Gebiet des Landkreises eindrangen. Kaputter Panzer im Enger Bruch In der Chronik der Schule Westerenger II wird über den weiteren Vormarsch der amerikanischen Truppen am 3. April 1945 von Lenzinghausen nach Enger berichtet: &bdquo;Wenige Tage zuvor waren die spärlichen Reste deutscher Einheiten und Angehörige der Organisation Todt fliehend zu den Weserbergen geeilt. Ein einzelner deutscher Panzer kam mit seiner Besatzung bis zu dem Dreieck, das von der Straße, die das Bruch durchzieht, gebildet wird. Ein Motorschaden konnte nicht ausgebessert werden. So zog die Besatzung ostwärts ab und ließ den Panzer stehen. Die feindliche Vorhut auf der Straße Lenzinghausen-Enger sichtete in der Nähe von Vorwerk-Möller aus den Panzer. Etwa 12 Schüsse eines Feindpanzers wurden abgefeuert, bis sich die Truppe davon überzeugt hatte, daß nur ein Kriegswrack dort unten im Bruche zurückgeblieben war. Das waren die einzigen Schüsse, die in unserer näheren Heimat von der feindlichen Truppe gefeuert wurden.“ Auch die Stadt Enger wurde von amerikanischen Panzertruppen kampflos besetzt. Auf Veranlassung des Volkssturmführers Jürging und gegen die Bedenken des NSDAP-Ortsgruppenleiters Schwabedissen waren die bereits errichteten Panzersperren geöffnet und der Volkssturm aufgelöst worden. Im Vorfeld dieser Entscheidung hatte es heftige Auseinandersetzungen mit Ortsgruppenleiter Schwabedissen gegeben, der sich wegen dieser Entscheidung beim Herforder Kreisleiter rückversichern wollte. Jürging und andere hatten das verhindert, indem sie darauf hingewiesen, dass die Partei keine Befehlsgewalt mehr habe, da der Volkssturm der Wehrmacht unterstehe. Über diese Besprechung wurde ein Protokoll angefertigt, um Jürging abzusichern. Als offene Stadt durfte Enger nun nach internationalem Recht nicht beschossen werden. In den letzten Stunden vor der Besetzung hatte es in den Geschäften Ausverkäufe gegeben, da die Kaufleute befürchteten, dass die einrückenden Amerikaner die vorhandenen Waren beschlagnahmen würden. Die amerikanischen Truppen schlossen auch in Enger das Rathaus und die Post, kappten die vorhandenen Telefonverbindungen und setzten dann ihren Vormarsch fort. Soldaten ziehen in geräumte Häuser ein Erst am 5. April machte ein Nachschubzug in Enger Quartier. Zur Unterbringung der Soldaten mussten mehrere Häuser geräumt werden. Die Evakuierten fanden in der Regel Unterkunft bei Verwandten oder Freunden. Diese Beschlagnahme der Häuser und Wohnungen blieb zum Teil mehrere Jahre bestehen. Eine der ersten Amtshandlungen der amerikanischen Stadtkommandanten im Landkreis Herford war die Verhängung einer Ausgangssperre, die es der Bevölkerung zunächst nur für wenige Stunden täglich gestattete, sich außerhalb ihrer Wohnungen aufzuhalten. Militärpatrouillen kontrollierten die Einhaltung dieser Ausgangsbeschränkungen, die allerdings in den nächsten Tagen und Wochen sukzessive abgeschwächt und schließlich ganz aufgehoben wurden. Zunächst war auch die Benutzung von Fahrrädern und Autos untersagt, um die Mobilität der deutschen Bevölkerung einzuschränken. Die Bevölkerung wurde zudem aufgefordert, Waffen und Munition abzugeben. Die Amerikaner setzten unbelastete Deutsche als neue Bürgermeister ein, mit denen sie zusammenarbeiten konnten. Nur wenige Amtsbürgermeister durften zunächst in ihrem Amt verbleiben. Während sich Wilhelm Frentrup in Spenge unentbehrlich machte, wäre der Amtsbürgermeister des Amtes Enger, Ernst Brune, sicherlich in ein alliiertes Internierungslager gewandert, wenn er vor Ort gewesen wäre. Mehr zum Thema: Als der Krieg im Lübbecker Land zum Alltag wurde Einige Zwangsarbeiter übten Rache Die Amerikaner genehmigten die Aufstellung einer unbewaffneten deutschen Sicherheitspolizei, deren Mitglieder durch weiße Armbinden gekennzeichnet wurden. Die Sicherheitspolizei sollte unter anderem mithelfen, den willkürlichen Requirierungen durch ehemalige Zwangsarbeiter entgegenzuwirken, die seit 1940 beziehungsweise 1941 in der Landwirtschaft und in den Industriebetrieben als Arbeitskräfte eingesetzt worden waren. Ernährung und Unterbringung vieler Zwangsarbeiter waren mangelhaft gewesen, sodass sie nach ihrer Befreiung durch die alliierten Truppen versuchten, ihre Situation zu verbessern; zum Teil übten sie auch Rache für zuvor erduldete Schikanen. In Einzelfällen überschritten auch amerikanische Soldaten die Bestimmungen der Besatzungsmacht und beraubten willkürlich Deutsche.

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