65 Jahre verheiratet

„Jeden Tag geht es mit einem Kuss ins Bett“ – Bünder Ehepaar feiert Eiserne Hochzeit

Hildegard und Egon Sewing sind in Spradow eine Institution. Seit 1960 ist das Paar verheiratet. Was für ihr langes Liebesglück entscheidend ist.

65 Jahre, eine Ehe: Hildegard und Egon Sewing zeigen ihr Hochzeitsbild. | © Marek Schnelle

Marek Schnelle
14.10.2025 | 14.10.2025, 09:00

Bünde. Begonnen hat alles auf den Straßen von Spradow. Der Zweite Weltkrieg war gerade vorbei, da fing das Leben zweier Zehnjähriger erst richtig an. Die Jugend von Spradow und Bünde fuhr Fahrrad und spielte auf Wegen und Wiesen Fußball. „Damals erzog man sich noch selbst“, beschreibt Egon Sewing die Szenerie.

Irgendwann wurden die Mädchen interessanter und es wurde sich geneckt. So entstand auch Hildegard Sewings erste bewusste Erinnerung an ihren zukünftigen Lebenspartner: „’Krause Haare, krauser Sinn, drinnen steckt die Blödheit drin’ – das hat er damals zu mir gesagt.“ Über die Schule sowie den Mädchenkreis und CVJM blieben beide weiterhin in Kontakt. Manchmal sind sie auch mit dem Bus in Bünder Kinos wie das Capitol gefahren.

Wirklich lieben gelernt hat Hildegard Sewing ihren Egon, als ihre Mutter in Melle im Krankenhaus lag und er sie bei der Rückfahrt am Bünder Bahnhof überraschte. „Das war schon sehr süß, er hatte schließlich kurz vorher noch seinen Tanzkurs im Ennigloher Schützenhof“, erinnert sie die 89-Jährige.

Newsletter
Aus Bünde
Wöchentliche News direkt aus der Redaktion Bünde.

Lesen Sie auch: Eiserne Hochzeit: Liebe auf den ersten Blick dieses Rödinghauser Paares hält bis heute

Es geht um mehr als besondere Momente

Selbst gebaut: Das Gartenhäuschen der Sewings. - © Marek Schnelle
Selbst gebaut: Das Gartenhäuschen der Sewings. | © Marek Schnelle

Beide betonen, dass sie nach 65 Jahren im hohen Alter nicht mehr alles auf den Tag genau wüssten. Dazu gehört auch das offizielle Zusammenkommen als Paar. „Das ist aber auch gar nicht das Entscheidende“, sagt Egon im Einklang mit Hildegard. „Wenn die Liebe stets spürbar ist, fällt es schwer, etwas hervorzuheben“, resümiert seine Frau.

Ein Romantiker war der gelernte Polsterer ohnehin nie. „Und wenn er mal romantische Anstalten macht, frage ich ihn, ob er krank ist. Das wäre nicht mehr mein Egon“, sagt sie lachend. Was beide verbindet, sind die Arbeiten am Haus und gemeinsame Unternehmungen.

Das Haus war der Auslöser für die Eheschließung – nur so war es damals möglich, gemeinsam eine Wohnung zu beziehen. Es sollte das einzige Haus bleiben. Seit 65 Jahren wohnen die Sewings im bereits 1898 errichteten Haus und haben es mit der Zeit immer wieder ausgebaut. In den ersten Jahren hatte das Grundstück keinen Wasseranschluss, das junge Ehepaar musste zum Brunnen gehen. Geheizt wurde mit dem Kohleofen.

Hochzeitstage feiern: Silberhochzeit, Goldene Hochzeit und Co.: Alle Hochzeitsjubiläen im Überblick

Unternehmungen als Schlüssel

„Das Haus und der Garten ist unser großes gemeinsames Werk. In der Regel bauen wir alles selbst“, sagt Egon Sewing. Aber mittlerweile mache sich das Alter bemerkbar: „Früher hatten wir im Garten einen Teich mit 16 Kois – riesige Apparate. Jetzt geht das leider nicht mehr.“ Besonders stolz sind sie bis heute auf das Gartenhäuschen.

Gerne denken die Sewings an die gemeinsamen Reisen zurück. Seien es Amrum als „Stamminsel“ des Paares oder auch diverse Flüge ins Ausland – unterwegs waren beide gerne und häufig. Mit ihrem Engagement in verschiedenen Vereinen habe diese Leidenschaft sehr gut harmoniert, führt Egon Sewing an: „Ich bin Mitglied im Trägerverein des Friedhofes, in der Herrenrunde sowie der Dorfgemeinschaft Spradow und dem Alpenverein. Irgendeine Aktivität stand immer an.“

Manches gehe heute nicht mehr wie früher. Aufs Fahrrad trauen sich die Sewings jetzt nicht mehr. Bis vor Kurzem sei man mit der Dorfgemeinschaft regelmäßig das Münsterland abgefahren. „Umso gerührter sind wir, dass alle immer an uns denken“, merkt der 89-Jährige an.

„Gesucht und gefunden“: Waltraud und Heinrich Stahlhut aus Petershagen feiern Eiserne Hochzeit

In guten wie in schlechten Zeiten

Nach wie vor basteln die Beiden an ihrem eigenen Paradies. Das weiße Tuch ist eine Vorsichtsmaßnahme. "Damit wir nicht dagegenlaufen", sagen sie lachend. - © Marek Schnelle
Nach wie vor basteln die Beiden an ihrem eigenen Paradies. Das weiße Tuch ist eine Vorsichtsmaßnahme. "Damit wir nicht dagegenlaufen", sagen sie lachend. | © Marek Schnelle

Was neben den gemeinsamen Interessen zu einer langen Ehe führt? „Grundprinzipien“, sagt Hildegard Sewing. „Liebende können und sollen sich auch mal streiten, aber es wird nie mit Schimpfe ins Bett gegangen. Kurz vor dem Schlafen gibt es ein Küsschen und fertig.“

Heutzutage würden sich viele Paare weniger als Einheit begreifen: „Da suchen manche wirklich das Salz in der Suppe und sind nicht bereit, sich auf den jeweils anderen einzulassen.“ Dass junge Leute viel mehr vor ihrer Technik hängen, trage dazu bestimmt bei, sind sich beide sicher.

Abseits persönlicher Querelen sei eine Sache immer noch das Wichtigste: die Gesundheit. Insbesondere Hildegard Sewing habe mit ihren rund 20 Operationen schon einiges ertragen müssen – dazu kommt der Brustkrebs. „Ich hatte immer einen guten Draht nach oben“, verrät sie.

Nicht ohne Grund spricht ihr Mann davon, dass es ihnen an sich gut gehe. „Wir haben ein schönes Dach über dem Kopf, uns beide und zumindest akut keine größeren gesundheitlichen Probleme. Das ist viel wert und in unserem Alter weiß Gott nicht alltäglich.“

📱News direkt aufs Smartphone: Kostenloser WhatsApp-Kanal der NW Kreis Herford