
Bünde/Rödinghausen. Bei der Frage, warum er ein Auge auf seine Herta geworfen hat, muss Erwin Breitensträter nicht überlegen. Er weiß es noch, als sei es gestern gewesen. „Als ich sie so mit ihren langen schwarzen Zöpfen gesehen habe, ist sie mir nicht mehr aus dem Sinn gegangen“, sagt der heute 86-Jährige.
Ungefähr zur Konfirmationszeit seiner zwei Jahre jüngeren Frau sei dies gewesen. Die älteren Jungs hätten sich damals immer an der Tankstelle in Rödinghausen-Schwenningdorf getroffen. „Und da kam Herta mit den anderen Mädchen die Straße hoch“, schwärmt Erwin Breitensträter noch heute.
Bei beiden ist es Liebe auf den ersten Blick. „Ich habe ihn auch gesehen und gedacht, dass das ein netter Junge ist. Unter uns Mädchen haben wir dann getuschelt, dass er gut aussieht“, erinnert sich Herta Breitensträter zurück.
Anbändeln von Jugendlichen geschieht eher heimlich
Doch das Anbändeln von Jugendlichen in den 1950er Jahren geschieht eher heimlich. „An der Neuen Mühle in Rödinghausen war sonntags immer Tanz im Freien. Da haben wir uns nach Spaziergängen getroffen und zusammen getanzt“, erzählt Herta Breitensträter.
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Im Gegensatz zu ihrem Mann, der ein Ur-Rödinghauser ist, hat es die 84-Jährige eher durch Zufall ans Wiehengebirge verschlagen. Als Kriegswaisenkind ist sie als Achtjährige einer Pflegemutter in Schwenningdorf zugewiesen worden.
Als diese mit 58 Jahren stirbt, ist Herta 19 Jahre alt. Nach damaligem Recht ist sie damit noch minderjährig. Eine Zuweisung in eine andere Pflegefamilie in einer anderen Gemeinde droht. Das will der zwei Jahre ältere Erwin unbedingt verhindern.
Das Amt muss der Hochzeit erst zustimmen
Er sagt: „Da wusste ich, dass ich jetzt zuschlagen muss.“ Doch wegen der Minderjährigkeit seiner Braut ist auch die Vermählung nicht so ohne Weiteres machbar. Das Standesamt in Rödinghausen macht das Paar darauf aufmerksam, dass das Amt in Hertas Geburtsort zustimmen muss.
„Da ist er dann mit dem Moped nach Tecklenburg gefahren und hat dort versichert, dass er ein Leben lang für mich sorgen wird“, sagt Herta Breitensträter. Als die bürokratische Hürde aus dem Weg geräumt ist, ist es schließlich so weit: Am 28. August 1959 führt der 21-jährige Erwin Breitensträter seine 19-jährige Braut in der Rödinghauser Bartholomäus-Kirche vor den Traualtar.
Das dort gegebene Eheversprechen werden die beiden nun zu ihrer Eisernen Hochzeit im Rahmen eines Dankgottesdienstes an gleicher Stelle wiederholen. Dass es in 65 Jahren auch mal zu Meinungsverschiedenheiten kommt, streiten beide nicht ab. „Das ist auch heute noch so. In der ganzen Zeit muss man aber gemeinsam bereit sein, kleine und auch dicke Steine zur Seite zu räumen“, sagt Erwin Breitensträter.
Mundharmonika-Trio spielt auch im Bundestag
Aus der Ehe sind zwei Töchter hervorgegangen. Auf die drei Enkel und den Urenkel sind der ehemalige Disponent in der Küchenmöbelindustrie und die ehemalige Handelsvertreterin besonders stolz. Ihren Lebensmittelpunkt haben die beiden seit 2017 von Rödinghausen nach Bünde verlegt.
Im Herzen bleiben sie aber Rödinghauser. Schließlich ist Erwin Breitensträter seit mehr als 60 Jahren Mitglied in der Löschgruppe Rödinghausen und hat auch den Seniorenclub Rödinghausen gegründet. Daraus entstanden ist eine Mundharmonika-Gruppe, die erst im vergangenen Jahr aufgelöst wurde, weil der Akkordeon-Spieler Jürgen gestorben ist.

„Nach Corona haben wir als Trio Konzerte in Kirchen oder Seniorenheimen gegeben. Wir haben auch im Landtag und in der Kuppel des Reichstages gespielt. Und waren auch in der Lokalzeit im Fernsehen“, erzählt Herta Breitensträter. Noch zur Diamantenen Hochzeit vor fünf Jahren hätte die damals noch mitgliederstärkere Gruppe für sie Mundharmonika gespielt.
Dieses Ständchen wird es auf der Feier in diesem Jahr nicht mehr geben. Herta und Erwin Breitensträter sind sich dennoch sicher, dass es ein schönes Fest werden wird. Denn sie haben ja schließlich noch sich und ihre seit Jugendzeiten währende Liebe.