Baumdebatte in Bünde: Alte Linden in Gefahr - ist eine Fällung notwendig?

Bünde. Der Herbst in Bünde war auffallend warm. Damit wird die zunehmende Erderwärmung für jeden spürbar. UN-Berichte enthüllen, dass beim Klimaschutz keine Trendwende zu erkennen ist. Selbst die klimaschädlichen Treibhausgase sind im Jahr 2023 in der Atmosphäre angestiegen. Die derzeitigen Klimaschutzmaßnahmen sind unzureichend. Daher ist eine intensivierte Eindämmung für das Überleben der Menschen auf der Erde essenziell. Hierbei spielen auch Gemeinden eine wichtige Rolle, indem sie durch eigene Initiativen den Klimaschutz fördern können. Um dies zu erreichen, engagieren sich Friedhelm Diebrok (Vorsitzender), Siegfried Thüte (Mitglied) und Klaudia Plooij (Sprecherin) der NABU-Kreisgruppe Herford aktiv für den Klimaschutz. Ihr Einsatz gilt aktuell drei großen Linden, die zwischen 60 und 70 Jahre alt sind. Baumfällung trotz ökologischer Bedeutung Diese Bäume stehen an der Bohnenstraße in Bünde vor einem Spielplatz. Der Verkehrsausschuss wurde am 5. September darüber in Kenntnis gesetzt, dass diese Bäume nun gefällt werden sollen. Ein Schreiben des NABU verdeutlicht die Bedeutung der Bäume am Beispiel einer 70 Jahre alten Buche. Eine solche Buche erreiche durchschnittlich eine Höhe von 20 Metern und habe einen Kronendurchmesser von circa zwölf Metern. Sie verfüge über mehr als 600.000 Blätter und könne täglich bis zu 18 Kilogramm Kohlendioxid umwandeln. &bdquo;Der Baum ist ein Lebensraum für Tiere und Insekten“, fügt Diebrok mündlich hinzu. Plooij erläutert weiter: &bdquo;Das Blattwerk nimmt auch Staub und Feuchtigkeit auf.“ Die konkrete Bedeutung lässt sich anhand eines Schreibens des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU) verdeutlichen: Im Jahr 2020, so heißt es dort, verbrauche ein Pkw durchschnittlich 233 Gramm CO2 pro gefahrenem Kilometer. Umgerechnet ließe sich mit einem Baum also die CO2-Emission von etwa 77 Kilometern Fahrtstrecke ausgleichen. Als Ersatz für die drei Linden teilt Doris Greiner-Rietz, Pressesprecherin der Stadt, mit, dass &bdquo;insgesamt fünf Ersatzpflanzungen vorgenommen werden“. Dies erfolge in Übereinstimmung mit der Baumschutzsatzung, die festlegt, unter welchen Bedingungen Bäume gefällt werden dürfen. NABU übt Kritik an Baumfällung Diebrok kritisiert diese Maßnahme: &bdquo;Um einen gleichwertigen Wert zu schaffen, müsste man rund 2.000 Bäume pflanzen.“ Die Stadt stimmt der Ansicht des NABU zu und erklärt: &bdquo;Dass Jungbäume nicht mit Altbeständen zu vergleichen sind, ist klimatechnisch gesehen kein Geheimnis.“ Die jungen Bäume würden daher vorerst keinen klimarelevanten Ausgleich bieten. Der Vorsitzende bemängelt die Entscheidung der Stadt: &bdquo;Die Bäume werden nicht gefällt, weil sie zu alt oder krank sind. Sie befinden sich lediglich im Weg der Straßensanierung.“ Mit dieser Annahme liegt Diebrok offenbar richtig. Greiner-Rietz schreibt: &bdquo;Bei der Straßensanierung werden die Wurzeln der Linden durch die anstehenden Tiefbauarbeiten (...) so weit in Mitleidenschaft gezogen, dass ein Erhalt der Bäume nicht möglich ist.“ Forderung nach mehr Prüfung Zudem hinterfragen Diebrok, Thüte und Plooij, ob visuelle Kontrollen ausreichen, um die von der Stadt festgestellten &bdquo;starken Vorschädigungen“ zu erkennen. &bdquo;Ein Baum sollte nicht gefällt werden, nur weil er einige trockene Äste hat“, sagt die Sprecherin. Lesen Sie auch: 12.000 Bäume in Bünde im Blick Selbst bei einer Standsicherheit von 60 Prozent sei das kein Fällungsgrund. Für eine angemessene Beurteilung des Baumes seien spezielle Bohrungen erforderlich, so Plooij. &bdquo;Wir wissen nicht, ob eine solche Prüfung stattgefunden hat. Tatsache ist, dass den Ausschüssen keine Ergebnisse präsentiert wurden“, erklärt Thüte. Greiner-Rietz gibt zu: &bdquo;Die Stand- und Verkehrssicherheit ist zum aktuellen Zeitpunkt (...) noch gewährleistet.“ Zur Bohrung führt sie aus: &bdquo;Eine Bohrwiderstandsmessung mit einem sogenannten Resistographen musste daher nicht durchgeführt werden; dies geschieht nur bei Verdacht auf Höhlungen, Rissen oder Faulstellen.“ Fällungskosten und Klimakonzept-Fragen offen Siegfried Thüte missbilligt, dass die Entscheidung der Stadt dem eigenen Klimakonzept von 2023 widerspricht. Hier ein Auszug: &bdquo;Zudem soll der Erhalt der positiven Klimawirkung von Stadtbäumen und weiterer Begrünung, insbesondere auch während sommerlicher Trockenperioden und anderer Extremwetterereignisse wie Sturm und Starkregen, gewährleistet werden.“ Auf die Anfrage der Neuen Westfälischen, wie die Fällung im Einklang mit dem Klimakonzept gerechtfertigt werden kann, enthält sich die Stadt Bünde einer Antwort. Ebenso unbeantwortet bleibt die Frage, welche Kosten durch die Neupflanzung entstehen werden. Den drei NABU-Mitgliedern missfällt die Sturheit der Stadt. Sie hätten während der Sitzung des Klimaausschusses Alternativen vorgeschlagen, wie zum Beispiel eine Verengung der Straße, um den Bäumen mehr Raum zu geben. NABU gibt Lösungsvorschläge Dies würde auch den Verkehr beruhigen und somit die Sicherheit für spielende Kinder auf dem Spielplatz erhöhen. &bdquo;Man könnte eine Einbahnstraßenregelung einführen oder die Straße zu einer Anliegerstraße umgestalten“, schlägt die Sprecherin vor. Weiterhin bemängeln die NABU-Mitglieder, dass immer mehr Bäume für neue Bauflächen gefällt werden, so auch bald einige weitere an der Engerstraße. Für das Klima sei es entscheidend, einen Ausgleich zu schaffen. &bdquo;Es fehlt die grüne Lunge zwischen den Häusern“, erläutert Plooij. Die Neue Westfälische hat bei der Stadt nachgefragt, wie viele Bau- und Grünflächenanteile in den letzten drei Jahre in Prozentzahlen geschaffen wurden. Auch dazu gab es keine Antwort. Zudem sehen die NABU-Mitglieder die Maßnahmen der Stadt, sogenannte &bdquo;Klimabäume“ zu pflanzen, kritisch. Klimabäume sind keine Lösung für Bündes Ökosystem Diese Bäume seien laut Stadt extrem trockenheits- und hitzeresistent, robust gegenüber Schädlingen und Krankheiten sowie frosthart bis minus 20 Grad Celsius. Diebrok erklärt, dass diese Klimabäume jedoch nicht heimisch seien, was für viele Insekten einen Nachteil darstelle, da diese nicht auf den Klimabäumen leben könnten. &bdquo;Sterben die Insekten, stirbt der Mensch“, warnt Plooij. Abschließend sind die Mitglieder sich einig. Um mehr Bäume und Grünflächen im Stadtgebiet zu fördern, haben sie eine klare Devise: &bdquo;Wir stellen uns vor die Bäume.“ Lesen Sie auch: Wie einfach sind Bäume zu ersetzen?

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