Deal zwischen zwei Städten?

Kampf gegen Raser: Stadt im Kreis Gütersloh könnte bald eigene Blitzer aufstellen

Unter bestimmten Bedingungen könnte auch Verl demnächst Blitzer wie „Moneypenny“ in Gütersloh aufstellen. Was dahinter steckt und welche Rolle Schloß Holte-Stukenbrock spielt.

Die Stadt Gütersloh betreibt im Kreis Gütersloh neben dem Kreis selbst als einzige Kommune eigene "Blitzer" für die Tempo-Überwachung. | © Andreas Frücht

Roland Thöring
17.06.2024 | 17.06.2024, 19:57

Verl. Seit Jahren werben die Städte und Gemeinden dafür, auf ihren Straßen selbst Geschwindigkeitskontrollen durchführen zu dürfen. Ein besserer Schutz von Fußgängern und Radfahrern und ganz allgemein mehr Verkehrssicherheit: So lautet in der Regel die Argumentation. Ganz nebenbei spült die Möglichkeit, einen eigenen Blitzer betreiben zu dürfen, Geld in die kommunale Kasse.

Das Werben um eine Öffnung der bisherigen Beschränkung in Nordrhein-Westfalen, nach der neben der Polizei nur die Landkreise und Städte mit mehr als 60.000 Einwohnern die Geschwindigkeiten im Straßenverkehr überwachen dürfen, hat nun Erfolg.

Unter bestimmten Bedingungen könnte auch die Stadt Verl demnächst Geräte wie den in Gütersloh so benannten „Moneypenny“ am Straßenrand aufstellen.

Newsletter
Aus dem Kreis Gütersloh
Wöchentliche News direkt aus der Redaktion Gütersloh.

Zwei Städte im Kreis Gütersloh müssten sich zusammenschließen

In einem Schnellbrief hat der Städte- und Gemeindebund Nordrhein-Westfalen mit Datum vom 31. Mai seine Mitgliedskommunen über eine entsprechende Einigung mit der Landesregierung informiert. Danach haben die beiden zuständigen Ministerien für Heimat, Kommunales, Bauen und Digitalisierung sowie des Inneren „die Rechtmäßigkeit interkommunaler Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Geschwindigkeitsüberwachung bestätigt“.

Soll heißen: Schließen sich zwei benachbarte Kommunen zusammen und überschreiten dann mit ihrer gemeinsamen Einwohnerzahl den Schwellenwert von 60.000, dürfen sie künftig auf ihrem Gebiet Geschwindigkeitskontrollen selbst durchführen. Erreichen sie in der Addition 50.000 Einwohner, ist das auf Antrag möglich.

Lesen Sie auch: Hunderttausende Knöllchen - Kreis Gütersloh braucht mehr Personal, um hinterher zu kommen

Nach der Gemeindeordnung NRW gilt eine kreisangehörige Kommune mit mindestens 60.000 Einwohnern als Große kreisangehörige Stadt mit den entsprechenden Rechten. Deshalb kann im Kreis Gütersloh bislang lediglich die Stadt Gütersloh neben dem Kreis selbst „Blitzer“ betreiben. Eine kreisangehörige Gemeinde ist jedoch auch auf Antrag hin entsprechend einzustufen, wenn ihre maßgebliche Einwohnerzahl an drei aufeinanderfolgenden Stichtagen mehr als 50.000 Einwohner beträgt.

Rietberg und Schloß Holte-Stukenbrock wären möglich

Um zumindest diese Hürde zu reißen, bieten sich für die Stadt Verl als Partner einer interkommunalen Zusammenarbeit die Städte Rietberg und Schloß Holte-Stukenbrock an. Mit Letzterer soll es zu diesem Thema bereits im Juli erste Gespräche geben, bestätigt Robin Rieksneuwöhner auf Nachfrage.

Die 60.000er-Grenze verfehlen sie zwar knapp, die geforderten 50.000 Einwohner erreichen die beiden Städte gemeinsam aber locker: Nach den neuesten vorliegenden Zahlen lebten Ende April in Verl mehr als 26.300 Einwohner, Schloß Holte-Stukenbrock kam Anfang des laufenden Monats auf mehr als 27.700.

„Wir werden das in Ruhe mit allen Vor- und Nachteilen abwägen“, sagt der Verler Bürgermeister, dessen Amtsvorgänger Michael Esken seinerzeit in seinen Funktionen beim Städte- und Gemeindebund die Initiative der Kommunen mit angestoßen hatte.

Erste Kontaktaufnahme bereits erfolgt

In aller Ruhe auch deshalb, weil man im Rathaus noch auf einen Erlass des Landesministeriums wartet. Dieser folge klassischerweise auf die Information des Verbandes. Die Stadt habe beim Ministerium offiziell nachgefragt, sagt Rieksneuwöhner. Außerdem müsse geklärt werden, ob mit der Übernahme der Geschwindigkeitsüberwachung noch weitere Aufgaben verbunden sind. „Es muss für die Stadt wirklich einen Mehrwert bieten.“

Gleichwohl hat Verl mit den Nachbarn in Schloß Holte-Stukenbrock umgehend Kontakt aufgenommen. Beide Bürgermeister und die Leiter der für Ordnungen und Sicherheit zuständigen Fachbereiche wollen im kommenden Monat gemeinsam über das Thema sprechen.

Verl will auch mit Gütersloh sprechen - warum?

Rieksneuwöhner kündigt außerdem an, das Gespräch mit der Stadt Gütersloh zu deren Erfahrungen suchen zu wollen. Zwar fließt durch den Betrieb eines oder mehrerer „Blitzer“ Geld in die Stadtkasse: „Das ist aber zugleich mit namhaften Personal- und Materialkosten verbunden“, so Robin Rieksneuwöhner.

Die Stadt Gütersloh übrigens hat mit Verwarn- und Bußgeldern aus der Überwachung des fließenden Verkehrs im vergangenen Jahr 825.000 Euro eingenommen. Im Haushalt des Kreises Gütersloh landeten 2023 sogar 8,3 Millionen Euro. Diese Summe enthält allerdings auch polizeiliche Bußgelder. Von der Polizei eingenommene Verwarngelder kommen dagegen der Landeskasse zugute.