
Gütersloh. „Nico“ und „Hansi“ leisten ganze Arbeit. Die Blitzer, denen der Kreis Gütersloh gerne so niedliche Namen gibt, treiben die Zahl der ertappten Verkehrssünder radikal in die Höhe. Dieses Jahr rechnet der Kreis mit 178.000 Fällen, deutlich mehr als früher. Der Anstieg ist derart hoch, dass die Abteilung Straßenverkehr nun um zusätzliches Personal bittet, um all die Bußgelder und Verwarnungen bearbeiten zu können.
Wie die Behörde den Fraktionen im Kreistag darlegt, braucht sie 3,25 zusätzliche Stellen, und zwar dauerhaft. Sie würden im Sachgebiet Ordnungswidrigkeiten arbeiten – zu tun bekämen sie genug: Die Kreispolizei beabsichtige, den Straßenverkehr noch intensiver zu überwachen. „Somit sind weiter steigende Fallzahlen zu erwarten.“
Tatsächlich hält die Polizei es schon länger für nötig, den Überwachungsdruck zu erhöhen. Schon vor gut einem Jahr hatte Landrat Sven-Georg Adenauer „von einer zunehmenden Rücksichtslosigkeit im Straßenverkehr“ berichtet; zum Beispiel registriere die Polizei immer häufiger Raser, die mehr als 50 km/h zu schnell sind.
An Wochenenden soll im Kreis Gütersloh mehr kontrolliert werden
Der Kreis steuerte gegen, rüstete technisch und personell auf. Seit Mitte des Jahres hat er zwei zusätzliche Messbedienstete im Einsatz, außerdem eine Fachkraft für das Auswerten der Fotos sowie eine für das Planen der Einsätze. Das macht sich inzwischen bemerkbar – und im wahrsten Sinne des Wortes bezahlt.
So hat der Kreis für dieses Jahr mit Mehreinnahmen von 670.000 Euro kalkuliert. Im kommenden Jahr geht er gar von einer Steigerung von weiteren 1,63 Millionen Euro (von 7,32 auf 8,95) aus. Die Kosten für die vier Stellen in der Überwachung und die erhofften 3,25 Stellen fürs Verbuchen fallen da vergleichsweise gering ins Gewicht.
Dass die Zahl der Fälle – sprich: der ertappten Raser – weiter ansteigt, davon gehen Polizei und Abteilung Straßenverkehr aus. Mit dem zusätzlichen Überwachungspersonal sei nun vorgesehen, einen Mehrschichtbetrieb zu fahren, verstärkt auch an Wochenenden zu blitzen. Das gehöre zum „neuen Konzept der Verkehrsüberwachung“ dazu.
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Neue Baustellen auf der A2 und der A33
Außerdem wirke sich die Inbetriebnahme einer dritten Semi-Station (teilstationärer Blitzer) aus; sie sei ebenso wie die beiden anderen in der Lage, den Verkehr über mehrere Tage ununterbrochen in beide Richtungen zu überwachen.
Einer dieser „Nicos“ und Hansis“ bewirkte zum Beispiel, dass schon 2022 die Fallzahlen nach oben schossen: Er stand an der Langzeitbaustelle auf der A 33 und ertappte mal eben mehrere zehntausend Raser.
Da in diesem und in den nächsten Jahren weitere Baustellen auf der A 2 und der A 33 anstehen und die Autobahnpolizei bereit angekündigt hat, dort intensiv überwachen zu wollen, werden sich die Zahlen weiter nach oben bewegen: Genug zu tun also für die 3,25 Kräfte.
INFORMATION
Wie beurteilt man medizinisch verordnetes Cannabis?
Eine weitere zusätzliche Stelle will die Abteilung Straßenverkehr für das Prüfen von Fahrerlaubnissen einrichten. Sie führt eine Reihe von Gründen an. Einer davon: das (seit Mai 2014) veränderte Punktesystem. Es führt dazu, dass mehr Verstöße mit Punkten belegt werden, was zu Mahnungen, Verwarnungen und letztlich dem Entzug des Führerscheins führt: Behördenarbeit.
Ein weiterer Grund ist der Führerschein auf Probe: Der Kreis beobachtet bei vielen jungen Fahrern „eine gewisse Tendenz, sich weniger an Ge- und Verbote im Straßenverkehr zu halten“. Oft führt das zum Verlängern der Probezeit und zum Verhängen einer MPU, eines medizinisch-psychologischen Gutachtens: Behördenarbeit auch das.
Ein dritter Grund ist die schwieriger gewordene Einschätzung der Fahreignung: Der Katalog der Krankheitsbilder, festgehalten in Verordnungen des Justizministeriums, ist komplex geworden. Ist jemand zu depressiv zum Autofahren? Ist jemand auf starke Arzneien, vielleicht sogar Medizinalcannabis angewiesen, möchte aber trotzdem fahren? Wie beurteilt man Schlafapnoe, Bluthochdruck, Parkinson? Der Überprüfungs- und Abstimmungsbedarf mit der Abteilung Gesundheit sei intensiv, so der Kreis.