Bauprojekt im Kreis Gütersloh nach 30 Jahren vom Tisch? „Unsinnig, daran festzuhalten“

Rheda-Wiedenbrück. Wer denkt, dass der seit mehr als 30 Jahren geplante Südringschluss nach dem Spruch des Verwaltungsgerichts (VG) Minden nun vom Tisch ist, der irrt. Wie das Urteil zu lesen ist, wie es mit dem Bauprojekt weitergehen soll und was aus der vom Rat beschlossenen Bürgerbefragung wird - da gehen die Meinungen auseinander. Das Urteil Das Verwaltungsgericht Minden hat am 16. Januar den Planfeststellungsbeschluss der Bezirksregierung Detmold vom 10. Oktober 2023 für den Neubau des Ringschlusses Südring aufgehoben. Das VG gab damit der Klage einer Anwohnerin statt. Der Planfeststellungsbeschluss sei rechtswidrig, weil er auf Antrag der Stadt ergangen sei, teilt das VG mit. Die Stadt aber sei für das geplante Projekt nicht zuständig. Fälschlicherweise sei der Südringschluss als Gemeindestraße geplant worden, tatsächlich aber sei das eine Kreisstraße, für die somit der Kreis Gütersloh als Straßenbaulastträger zuständig sei. Die falsche Klassifizierung der geplanten Straße sei ein &bdquo;so grundlegender Planungsfehler“, dass er nicht in einem ergänzenden Verfahren behoben werden könne. Das VG teilt mit, dass es &bdquo;ohne rechtlichen Belang“ sei, in welche Straßenkategorie der &bdquo;unzuständige Vorhabenträger“, also die Stadt, den Südringschluss einordne. Die Haltung der Stadt Die Stadtverwaltung sieht das anders. Sie informiert auf Anfrage, &bdquo;dass die im Urteil geäußerte Auffassung des Verwaltungsgerichts Minden derzeit nicht geteilt wird“. Die Stadt wolle die Begründung des Urteils prüfen, so es schriftlich vorliege. &bdquo;Für Rechtsklarheit könnte hier das Führen der Angelegenheit in die nächste Instanz beim Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen sorgen“, heißt es aus der Pressestelle des Bürgermeisters. Klar ist, dass durch die Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses &bdquo;derzeit kein Baurecht besteht, um den Südring überhaupt umsetzen zu können“, so die Stadt. Bis zu einer anderslautenden gerichtlichen Feststellung könne die Stadt Rheda-Wiedenbrück selbst im Moment &bdquo;nicht über den Straßenbau entscheiden“. Die Bürgerbefragung Das Urteil wirkt sich auf die Bürgerbefragung aus, bei der die Rheda-Wiedenbrücker sich ab 20. Februar schriftlich zu dem Bauprojekt äußern sollten. Nun laufe die Frage &bdquo;Sind Sie grundsätzlich dafür, dass der Neubau des Ringschlusses Südring in Rheda-Wiedenbrück weiterverfolgt wird?“ zunächst ins Leere, heißt es aus dem Rathaus. Die SPD geht aber davon aus, dass der Ratsbeschluss zur Bürgerbefragung &bdquo;formal aufgehoben werden muss“, so Fraktionsvorsitzender Dirk Kursim. Darum müsse das Thema im Kommunalparlament auf die Tagesordnung. Der Rat kommt regulär wieder am 31. März zusammen. Dann dürfte die Tagesordnung lang sein. Verabschiedet werden soll etwa der Haushalt 2025 und es könnte um das Bürgerbegehren gegen die zentrale Unterbringungseinrichtung für Geflüchtete gehen. Sondersitzung des Rates Eine Sondersitzung des Rates für eine politische Aussprache über das VG-Urteil findet die CDU sinnvoll. Sie möchte dazu alle Informationen erhalten und politisch betrachten, so Uwe Henkenjohann, Fraktionsvorsitzender. Er sei &bdquo;sehr verwundert, dass das Planfeststellungsverfahren diesen Verlauf genommen hat“. Über die Einberufung des Rates solle der Ältestenrat am 3. Februar sprechen. Für &bdquo;dringend geboten“ halten die Bündnisgrünen eine zeitnahe Ratssitzung, so Fraktionsvorsitzender Volker Brüggenjürgen. &bdquo;Dabei sollten die Befürworter dieser Straße endlich den Mut haben, sich von diesen aus der Zeit gefallenden Planungen zu verabschieden“, kündigt er einen entsprechenden Antrag an. Die Notwendigkeit einer Sonderratssitzung sehen Freie-Linke und Move nicht. Die Haltung der Fraktionen Zumal die Wählergemeinschaft Move ihre Haltung zum Südring-Thema durch das VG-Urteil nicht geändert habe, so Fraktionsvorsitzender Martin Hünten. &bdquo;Der Abschluss des Planfeststellungsverfahrens gibt Planungssicherheit für zukünftige Entwicklungen im Zusammenhang mit der Südringtrasse.“ Elemente wie der angedachte Kreisel an der Lippstädter Straße würden den Verkehrsfluss erheblich verbessern. Was umgesetzt werden könne, müsse zu gegebener Zeit entschieden werden, auch je nach Finanz- und Förderkulisse. Am Bau des Südringschlusses hält die FDP politisch fest, &bdquo;weil es ein wichtiges Infrakstrukturvorhaben für unsere Stadt ist und die Chance bietet, Verkehrsströme in der Wiedenbrücker Innenstadt neu zu lenken“, so Fraktionsvorsitzender Patrick Büker. Das VG-Urteil und die rechtlichen und politischen Konsequenzen, die sich daraus ergeben, könne er keinen &bdquo;seriösen Kommentar“ geben, da es noch kein schriftliches Urteil gebe. Erst wenn das vorliege, mitsamt einer rechtlichen Würdigung der Kanzlei, die die Stadt begleitet, &bdquo;werden wir als Fraktion über politische Beschlüsse beraten“, so Büker. Einen Dialog von Stadt, Kreis und Bezirksregierung erwartet Hünten. Sie sollen beraten, &bdquo;welches die nächsten Schritte sind“. Abwarten, wie der Regierungspräsident &bdquo;die entstandene Situation bewertet und mit unserer Verwaltung weitere Details klärt“, will Henkenjohann. Die Freie-Linke lehnt nach wie vor den Südringschluss ab. &bdquo;Wo wir 30 Jahre ohne diese zusätzliche Verbindung ausgekommen sind, brauchen wir diese große Lösung auch jetzt nicht mehr“, so Fraktionsvorsitzender Günter Arlt. Durch das VG-Urteil in ihrer Haltung bestätigt sehen sich die Bündnisgrünen, &bdquo;nach über 35 Jahren Einsatz für den Erhalt dieser ökologisch wertvollen, städtischen Naherholungszone“, so Brüggenjürgen. Bei ihrer Ablehnung des Südringausbaus bleibt die SPD. &bdquo;Wir sehen für das Bauprojekt keine Zukunft“, sagt Kursim. Fragen der Haftung Er wirft eine andere Frage aus. &bdquo;Leider werden wir uns wegen der von Anfang an bestehenden Nicht-Zuständigkeit (der Stadt) gegebenenfalls mit Haftungsfragen beschäftigen müssen.“ Damit meint Kursim ein eventuelles Fehlverhalten von Mitarbeitenden in der Behörde. &bdquo;Am Ende des Tages ist das eine Frage der Eigenschadenversicherung.“ Anfragen hinsichtlich des weiteren formalen Vorgehens und der Prüfung habe Kursim bereits an Bürgermeister Theo Mettenborg gerichtet. &bdquo;Initiative Südring Schluss“ Für die &bdquo;Initiative Südring Schluss“ ist die Bürgerbefragung noch ein Thema. &bdquo;Erst wenn der Rat beschließt, das Projekt nicht weiter zu verfolgen und der Bezirksregierung in Detmold das Signal gibt, nicht in Revision zu gehen, kann man eine Bürgerbefragung absetzen“, teilt sie mit. Die Initiative wünscht sich nun ein klares Statement des Stadtrates. &bdquo;Sollen wir als Stadt trotz der juristischen Situation weiter machen und städtische Gelder in die Hand nehmen oder müssen wir hier einen Schlussstrich ziehen?“, fragt Wolfgang Tietz, Sprecher der Initiative. Die gibt die Antwort selbst. Unter dem Motto &bdquo;Südring? Nein!“ hatte sie für Samstag, 25. Januar, um 11 Uhr in das Lokal &bdquo;Unser Wohnzimmer“ am Doktorplatz eingeladen. Dort wollte sie über die Bürgerbefragung informieren. Nun wird aus der Veranstaltung eine symbolische Beerdigung des Südringschlusses. &bdquo;Wir wollen damit aufmerksam machen, dass der Rat die Südringerweiterung nun ebenfalls politisch beerdigen muss.“

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