600.000 Euro Luxus-Liner: Dieser Mann fährt den Arminia-Mannschaftsbus

Harsewinkel. &bdquo;Das ist der Platz von Fabian Klos. Eine Reihe dahinter sitzt immer Stefan Ortega." Mit einer Mischung aus Verlegenheit und Stolz zeigt Heinz Bröskamp (57) auf zwei Sitzreihen am hinteren Einstieg des in schwarz-weiß-blau gehaltenen, mit extrem breitem Sitzabstand, aufklappbaren Tischbeinablagen, SAT-Anlage, Sky-Empfang, Kaffeemaschine und allen erdenklichen Annehmlichkeiten und technischen Finessen ausgestatteten Mannschaftsbus von Erstligist Arminia Bielefeld. Weil der Bus Eigentum der Firma Bröskamp ist, steht er außerhalb der Spieltag auf dem Betriebsgelände am Berliner Ring. Rund 500.000 Euro kostet so ein Luxusliner; weitere 100.000 Euro sind für die Innenausstattung fällig. Trainer Neuhaus sitzt ganz vorne Trainer Uwe Neuhaus hat seinen Platz ganz vorne. Arminias Meistermacher kann die baldige Ankunft in der Münchener Allianz-Arena oder dem Signal-Iduna-Park in Dortmund ungestört aus der ersten Reihe verfolgen. Seine beiden Co-Trainer Marco Kostmann und Peter Nemeth sitzen durch den Gang getrennt links neben ihm. Hinter ihnen nimmt in der Regel der Ex Gütersloher Sebastian Hille als zweiter Assistenztrainer Platz. Und wohin kommt die Meisterschale? &bdquo;Die wird sicherlich einen Ehrenplatz im Arminia-Museum bekommen. Sollte sie mitfahren, wird sich auch dafür noch ein Plätzchen finden", lacht der 57-jährige Chef der 70-Mitarbeiter großen Firma Bröskamp Touristik International (BTI). Fester Kooperationspartner seit 2013 Seit 2013 ist Bröskamp fester Kooperationspartner des frisch gebackenen Bundesligisten. Der Aufstieg mit den Arminen war in diesem Jahr nur einer von drei sportlichen Erfolgen, an denen das von Heinz Bröskamps Großvater Heinrich im Jahre 1928 gegründete Unternehmen beteiligt war. Von den insgesamt sieben von Bröskamp gefahrenen Vereinen schafften mit dem frisch gebackenen Drittligisten SC Verl (seit 2008) und dem neuen Handball-Oberligisten TSG Harsewinkel noch zwei weitere den Sprung in die höherKlasse. Die vier weiteren Kooperationspartner – Regionalligist Rot-Weiß Essen (seit Oktober 2019, im umgestylten ausgemusterten Arminia-Bus), Frauen-Zweitligist FSV Gütersloh (seit 2003), Oberligist FC Gütersloh (seit 1995) sowie Handball-Oberligist TSG Altenhagen-Heepen (seit 2017) – sind von den hohen Beförderungsqualitäten des &bdquo;Aufstiegsmachers" dennoch genauso überzeugt wie Miele, Claas oder die vielen Privatleute bei den regelmäßig angebotenen Bustouren quer durch ganz Europa. Schweres Jahr für die Reisebranche Den Firmenanteil am Erfolg der Vereine beziffert Heinz Bröskamp mit sympathischer Demut: &bdquo;Als Busfahrer ist man als Teil des Teams immer nur ein ganz kleiner Teil vom Ganzen. Wenn wir ein klein wenig zum Erfolg beitragen konnten, freut uns das natürlich." Für die Reisebranche sei das Jahr 2020 &bdquo;ein wirklich schweres Jahr." Darum freue man sich über die Aufstiege &bdquo;vielleicht noch ein bisschen mehr." Dies gilt insbesondere für den emotionalen Höhepunkt des sonderbaren Sportjahres 2020. Der bedeutendste Erfolg sei natürlich der Bielefelder Sprung in die Beletage des deutschen Profifußballs. Noch mehr Adrenalinstöße versetzte Heinz Bröskamp allerdings die Rückkehr der TSG Harsewinkel in die Handball-Oberliga. Mit seinen Söhnen Florian und Sven spielt die vierte Generation des Busunternehmens beim Aufsteiger. So es der Dienstplan zulässt, ist Heinz Bröskamp bei allen Heimspielen im &bdquo;Hasenbau" dabei. Bei Auswärtsspielen chauffiert der Vater seine Söhne samt dessen Teamkollegen höchstpersönlich. Angefangen hat alles mit dem FC Gütersloh Angefangen hat das Engagement in und mit Sportvereinen bereits vor 60 Jahren. Großvater Heinrich I und Vater Heinrich II kutschieren bereits den Jugendspieler Heribert Bruchhagen. Den ersten überregional bedeutenden Meistertitel fuhr das Unternehmen 1996 mit dem Zweitliga-Aufstieg des FC Gütersloh ein. Die Heidewald-Verantwortlichen suchten vor der Regionalligasaion 1995/1996 einen neuen Vertragspartner in Sachen Reisebegleitung. Seitdem verbinden den damals fast immer höchstpersönlich hinter dem Steuer sitzenden Heinz Bröskamp unzählige Geschichten mit dem FCG. Eine davon bereitet ihm bis heute Gänsehaut. Nach dem 6:3 Sieg in Essen am 8. Oktober 1995 musste der Gütersloher Bus auf dem Rückweg an zahllosen RWE-Fans vorbei. Heinz Bröskamp: &bdquo;Während die Jungs im Bus am Feiern waren, haben die Essener Fans uns applaudiert. Diesen unglaublichen Respekt habe ich bis heute nicht vergessen. Ansonsten sind die Essener Fans schon extrem." Marco Reus, Kevin Großkreutz - er kennt sie alle Unvergessen sind auch unzählige &bdquo;spezielle Typen" (Heinz Bröskamp), egal ob Trainer und Fußballer wie Peter Neururer, Uwe Rapolder, Werner Lorant, Stefan Kunz, Bernard Dietz, Dirk Schuster, Marco Reus, Kevin Großkreutz, Stefan Krämer, Norbert Meier oder die legendäre Partyfraktion des FC Gütersloh um Dirk Konerding, Rob Reekers, Heiko Bonan, Willi Landgraf, Dirk Flock, Dirk van der Ven, Ansgar Brinkmann und Coach Hannes Linßen. Vor allem der &bdquo;weiße Brasilianer" ist unvergessen. Irgendwann erschien das &bdquo;Enfant terrible" verspätet zur Abfahrt. Der Trainer war deshalb auf 180. Heinz Bröskamp: &bdquo;Hannes Linßen rief nur: &bdquo;Mach die Tür zu, Du fährt jetzt ab, Du fährst jetzt ab." Busfahrer Bröskamp tat wie ihm geheißen, ließ für den hinterher sprintenden Brinkmann aber die hintere Tür offen. &bdquo;Ansgar ist reingesprungen, und alle haben sich kaputt gelacht, weil es er wieder einmal geschafft hat. Nur Hannes Linßen hat nichts davon nichts mitbekommen. Der hat sich nur am Spielort gewundert, wo Ansgar plötzlich herkam." "Die Jungs hatten Hunger" Ohnehin sei Linßen im positiven Sinn &bdquo;ein ganz spezieller Trainer. Durch seine Erfahrung kannte er sich überall aus." Als der heute 70-jährige Kulttrainer mit seiner etwas kauzigen Art, der Stehhaar-Frisur und seiner typischen Fistelstimme die viele langen Busreisestunden durch die Stadien der ganze Republik in launiger Runde mit dem mittlerweile zum geflügelten Satz gewordenen Ausspruch &bdquo;Bröskamp-Airlines findet jeden Stau" zusammenfasste, war der Busunternehmer ihm nicht gram. Heinz Bröskamp: &bdquo;Warum auch? Ich weiß ja, wie er es gemeint hat. Damals gab es die Stau-Informationen nur aus dem Radio. Als Orientierung dienten Karte und Hinweisschilder." Oftmals sei damals auch Improvisationsvermögen gefragt gewesen. Als Bröskamp-Airlines nachts auf dem Rückweg vom Spiel bei den Stuttgarter Kickers zwischen Bielefeld und Gütersloh in einer Vollsperrung landete, umkurvte Heinz Bröskamp den langen Stau über eine &bdquo;Behelfsabfahrt", wie er 25 Jahre später lachend zugibt: &bdquo;Die Jungs hatten Hunger, das Essen in der Pizzeria war bestellt. Wir haben halb auf der Autobahn gedreht, sind 100 Meter zurück und über ein Feldweg raus." Zu viel Alkohol? Zu viel Alkohol war dagegen bei Ansgar Brinkmanns Dopingtest in Jena im Spiel. &bdquo;Es dauerte wahnsinnige lange, bis er die Urinprobe abgeben konnte. Wir haben über drei Stunden gewartet. Am Ende hat er Weizenbier getrunken und kam in Schlangenlinien zum Bus getorkelt." All diese kleinen Geschichten sind damals nichts für die Öffentlichkeit gewesen. &bdquo;Als Busfahrer ist man nicht nur Chauffeur, sondern auch Vertrauensperson. Der Bus ist für die Spieler ein Rückzugsort. Wenn sie vom Spiel oder aus der Interview-Zone kommen, brauchen sie einfach eine Ort mit Wohlfühlcharakter. Den bauen wir für sie auf." Alles, was rund um das Team passiert, bleibe darum intern. Pressevertreter dürften den Arminen-Bus deshalb zwar besichtigen, die Kamera muss aber draußen bleiben. Heinz Bröskamp: &bdquo;Während der Touren ist der Bus das Wohnzimmer der Spieler. Das teilt man nicht mit der Öffentlichkeit."

Meistgelesen