Modeunternehmen Gerry Weber im Kreis Gütersloh ist erneut insolvent

Halle. Die Gerry Weber International GmbH hat beim Amtsgericht Bielefeld Antrag auf Insolvenz in Eigenverwaltung gestellt. Wie am Dienstagmorgen (11. März) auf dem Online-Portal für Insolvenzbekanntmachungen veröffentlicht wurde, hat das Gericht die Insolvenz für den gestrigen Montag (10. März), 12.10 Uhr, angeordnet. Zum vorläufigen Sachwalter ist der Rechtsanwalt Professor Lucas F. Flöther bestellt worden. Schon seit mehreren Jahren macht der weltweit agierende Haller Modekonzern Gerry Weber die schwerste Krise seit seiner Gründung im Jahr 1973 durch: Produkte, Immobilien, Sponsoring – vieles fiel der ersten Insolvenz, die im Januar 2019 angemeldet wurde, nach und nach zum Opfer. Nach der Umwandlung von einer AG in eine GmbH, dem Verkauf der Firmenzentrale am Haller Stammsitz sowie weiterem Personalabbau im April 2024 sollte Gerry Weber unter den neuen Geschäftsführern Arnd Buchardt sowie Torsten Waack van Wasen den Erfolgsfaden wieder aufnehmen. Jetzt der neuerliche Tiefschlag für das Team: Gerry Weber ist durch erneute Zahlungsunfähigkeit akut gefährdet. Bislang betrifft das Insolvenzverfahren nur die Holding - Anschlussinsolvenzen von Tochtergesellschaften der GWI würden derzeit geprüft, heißt es in einer ersten Mitteilung des Unternehmens. &bdquo;Ziel des Verfahrens ist die Fortführung des Damenmodeherstellers mit Strukturen, die an das aktuelle Marktumfeld angepasst sind. Gerry Weber sei zuletzt mit einem &bdquo;rückläufigen Fachhandel“ konfrontiert gewesen, was zu &bdquo;genereller Zurückhaltung in der Vororder“ und hier einem deutlichen Rückgang der Mengen für das dritte Quartal 2025 im Vergleich zum Vorjahr geführt habe. Gerry Weber bleibe von der geänderten Einkaufspolitik des Fachhandels nicht verschont. Zahlungsfähigkeit des Haller Modeherstellers erneut gefährdet Die Verkaufszahlen im eigenen Retail seien im Jahresvergleich zwar konstant geblieben. Doch kamen im Februar finanzielle Probleme eines Vertriebspartners hinzu, die zu Zahlungsverzögerungen oder -ausfällen führen könnten. Unter dem Strich ist die Zahlungsfähigkeit des Modeherstellers damit wieder gefährdet. &bdquo;Das operative Geschäft wird während des Verfahrens ohne Einschränkungen fortgesetzt“ schreiben die Verantwortlichen - insbesondere werde die Belieferung des Großhandels weiter erfolgen. &bdquo;Die Finanzinvestoren der Gerry Weber International werden eine Fortführungslösung finanziell unterstützen.“ Auch die wesentlichen operativen Geschäftspartner von Gerry Weber hätten Unterstützung für den Prozess zugesagt. Zur Begleitung des Verfahrens wurde der branchenerfahrene Sanierer Christian Gerloff (Gerloff Liebler Rechtsanwälte) in die Geschäftsführung berufen, der mit seinem Team bereits namhafte Modeunternehmen wie ESCADA und Adler-Modemärkte erfolgreich durch die Insolvenz begleitet hat und Gerry Weber auch aus früheren Verfahren kennt. Sanierer macht sich auf die Suche nach Investoren für Gerry Weber Und Gerloff kündigt in der Mitteilung gleich erhebliche Veränderungen an: &bdquo;Um eine solche Kumulation von unerwarteten Krisenfaktoren finanziell zu kompensieren, hat das Unternehmen noch nicht genug Speck angesetzt. Das anhaltend schwache Konsumklima in Deutschland und anderen Teilen Europas führt dazu, dass wir Strategie und Strukturen des Unternehmens nochmals werden anpassen müssen.“ Geplant sei unter anderem, zügig einen &bdquo;strukturierten Investorenprozess“ zu starten, um eine nachhaltige Finanzierung des Geschäfts sicherzustellen. Es müssen also neue Geldgeber her. &bdquo;Wichtig ist, dass der Investorenprozess straff geführt wird, um schnellstmöglich Klarheit für Kunden, Mitarbeiter und Geschäftspartner zu schaffen, auch mit Blick auf die kommende Orderrunde im April/Mai“ wird Gerloff dazu weiter zitiert. &bdquo;Gerry Weber ist nach wie vor eine der bekannten deutschen Mode- und Lifestylemarken, die für Investoren mit entsprechendem BranchenKnow-how attraktiv ist.“ Neuerliche Insolvenz von Gerry Weber mit Folgen für Ravenna-Park Das erste Mal meldete Gerry Weber - damals noch eine Aktiengesellschaft - am 25. Januar 2019 Insolvenz an. Seinerzeit war der damalige CEO Johannes Ehling zuversichtlich, dass das Unternehmen gerettet werden könne. Und tatsächlich: Gläubiger verzichteten auf einen großen Teil ihres Geldes zugunsten von Gerry Weber. Auf diese Weise hatte der in den Monaten zuvor entwickelte Insolvenzplan eine Chance - und das Modeunternehmen konnte vor einer Zerschlagung bewahrt werden. Gerry Weber wagte sich nach Insolvenz zurück an die Börse Trotz Pandemie wagte sich Gerry Weber 2020 sogar zurück an die Börse. 1.251.861 neue Aktien der Gerry Weber International AG wurden von der BaFin für den Börsenhandel gebilligt - ein Projekt, das Ende 2023 allerdings sein neuerliches Ende fand. Schon bis dahin wurde die Geschäftsentwicklung maßgeblich von der Corona-Pandemie, dem Ukraine-Krieg und steigender Inflation beeinflusst - eine beträchtliche Kaufzurückhaltung war die Folge. 2023 verloren mehr als 500 Beschäftigte bei Gerry Weber ihren Arbeitsplatz 2023 geriet Gerry Weber schließlich erneut in Schwierigkeiten, denn nun bekam die Auswirkungen von Konsumflaute, Corona-Pandemie und Ukraine-Krieg auch die Einzelhandelstochter des Unternehmens zu spüren. In der Folge wurde eine erhebliche Verkleinerung des Filialnetzes vorgenommen: Von den 171 eigenen Stores und Outlets der Gerry Weber Retail GmbH wurden 122 geschlossen. Mehr als 500 Beschäftigte, darunter viele in Teilzeit, verloren dadurch ihren Arbeitsplatz. Lesen Sie auch: Unternehmen Gerry Weber im Kreis Gütersloh: Neue Vertriebschefin hilft bei Expansion Die damalige Vorstandsvorsitzende Angelika Schindler-Obenhaus erklärte, dass Gerry Weber zu seinen Wurzeln zurückkehre und den Kurs einer zu ambitionierten Expansion des eigenen Retails - weder marktgerecht noch zukunftsfähig - beende. Das Filialnetz sollte nur noch Standorte umfassen, die bereits profitabel arbeiten und ein hohes Zukunftspotenzial haben. Parallel dazu wurde für die Einzelhandelstochter Gerry Weber Retail GmbH ein Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung eröffnet. Gleichzeitig liefen Verhandlungen mit Investoren und Gläubigergruppen zur Gestaltung eines Restrukturierungsplans. Gerry Weber trennte sich vorzeitig von der Vorstands-Chefin Nach drei Jahren im Unternehmen und zwei Jahren als Vorstandschefin trennte sich der Modekonzern von Angelika Schindler-Obenhaus. Kurz zuvor hatten die Gläubiger dem Restrukturierungsplan zugestimmt. Dabei wurde das Grundkapital auf null gesetzt. Eine erneute Börsennotierung, so verlautete seinerzeit aus dem Unternehmen, sei nicht geplant. Lesen Sie auch: Diese fünf großen Modemarken kommen aus OWL Ihre Nachfolge im Vorstand übernahm der damalige Berater Dirk Reichert, der an der Seite von Finanzvorstand Florian Frank agieren sollte. Beide haben das Unternehmen 2024 verlassen; zu dem Zeitpunkt war die Umwandlung von einer Aktiengesellschaft in eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) erfolgt. Die neue Firmierung lautete fortan Gerry Weber International GmbH. Anfang 2024 verkaufte Gerry Weber schließlich seine Haller Firmenzentrale sowie die benachbarten Immobilien wie die Gerry-Weber-Kita &bdquo;Kids World“. Neue Eigentümerin wurde die Ekol Invest GmbH aus Stuttgart. Gerry Weber erklärte, dass die Entscheidung von den Investmentgesellschaften getroffen wurde, denen das Unternehmen heute gehört: Whitebox Advisors, Robus Captial und JP Morgan Chase. Zum erhofften finanziellen Befreiungsschlag hat auch der Schritt offenbar nicht geführt. Aktuelle News bekommen Sie täglich über den WhatsApp-Kanal der NW Gütersloh

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