Streit um Weberei-Markenrechte in Gütersloh: Wie geht es mit beliebten Events weiter?

Frau Niemann-Hollatz, im Moment geht es wieder hoch her in Sachen Weberei. Die Bürgerkiez gGmbH hat sich die Rechte an sechs Weberei-Marken gesichert. Sind Sie zuversichtlich, dass es auch zukünftig die &bdquo;Zappelfete“ in der Weberei geben wird und Sie nicht alle Schriftzüge, &bdquo;Die Weberei“ betreffend, entfernen müssen? BIRGIT NIEMANN-HOLLATZ: Wir sind zuversichtlich, dass diese Formate nach wie vor in der Weberei stattfinden können, also an dem Ort, an dem sie auch entwickelt wurden. Ist eine Einigung in Sicht? NIEMANN-HOLLATZ: Nein, eine Einigung gibt es noch nicht. Wir haben der Bürgerkiez-Gesellschaft vor einiger Zeit geschrieben, dass wir gerne eine Bestätigung dafür haben möchten, dass die Formate in den Räumen der Weberei stattfinden können, weil uns das wichtig ist. Darauf haben wir noch keine Antwort erhalten. FELIX KUPFERSCHMIDT: Es ist aber tatsächlich so, dass wir von jungen Menschen gespiegelt bekommen: Diese Marken sind doch alles 80er-Jahre-Zeug. Lasst und doch was Neues machen. Das bestärkt uns darin, auch neu zu denken. Das tun wir auch zeitgleich, da wird es bald nette Überraschungen geben. Herr Kupferschmidt, der Weberei-Förderverein ist mit großem Enthusiasmus gestartet und hat in wenigen Monaten 240 Mitglieder gewonnen. Sind das eher ideelle Unterstützer oder tatsächlich auch Menschen, die mit anpacken möchten? KUPFERSCHMIDT: Es sind mittlerweile 254, um genau zu sein. Es kommen jede Woche ein paar neue hinzu. Und man kann sagen, dass ein Drittel der Leute ziemlich zügig nachfragen, wo sie denn unterstützen können. Wortlose Beitrittserklärungen sind selten. Entweder gab es schon im Vorfeld Gespräche mit uns oder es wird in der Mail mitgeteilt, welche Aufgaben man gerne übernehmen möchte. Wir sind im Moment einer der aktivsten Vereine in Gütersloh. Es ist krass, mit wie viel Begeisterung die Menschen mitmachen wollen. Daran sieht man: Die Leute haben die Weberei im Blut. Lesen Sie dazu: Irritation in Gütersloh: Noch-Betreiber sichert sich bekannte Weberei-Markenrechte Welche Leute sind das? Schau ich mir das Foto von der letzten Versammlung an, sehe ich vor allem Menschen darauf jenseits der Lebensmitte. Sind auch jüngere dabei? KUPFERSCHMIDT: Wir haben auch jüngere Menschen in Gremien und auch im Vorstand vertreten. Das sollen auch keine Alibi-Jugendlichen sein. Gerade im Umfeld von Kultur sind viele junge Leute, die sagen: Ich will etwas machen: Ich will nicht mehr nach Bielefeld fahren müssen, sondern mit dem Fahrrad oder zu Fuß zum Tanzen und Feiern gehen können. NIEMANN-HOLLATZ: Es sind natürlich auch viele ältere Menschen vertreten, die aus großer Emotionalität gegenüber der Weberei eingetreten sind, weil sie etwa dort ihre Ehepartner kennengelernt haben. Gleichzeitig sind aber viele Leute dabei, die sagen: Wir brauchen Räume, in denen wir uns treffen können, wo Gemeinschaft möglich ist. Um aber wirklich die Jüngeren erreichen zu können, muss es noch konkreter werden. So können wir im Moment aber noch nicht auftreten. Ende Januar verlässt die Bürgerkiez gGmbH die Weberei. Wann werden Sie starten? NIEMANN-HOLLATZ: Wir sind ja schon damit gestartet, dass die Raumvermietungen weitergehen können. Was wir noch nicht wissen, ist, wie die Weberei aussehen wird, wenn wir sie uns Anfang Februar ansehen werden. Ist dann alles leer geräumt? Welche Baumaßnahmen müssen durchgeführt werden? Wir wissen, dass die Küche und die Sanitäranlagen neu gemacht werden und dass das ein Jahr dauern soll. Dafür hat es auch schon Ausschreibungen seitens der Stadt gegeben. Ringsum gibt es aber noch viel mehr Räume, und die sollen weiter genutzt werden. Wir hoffen, dass das sofort möglich sein wird. Und wenn das nicht sofort möglich ist? NIEMANN-HOLLATZ: Dann sind wir mit dem Fachbereich Kultur der Stadt zusammen bemüht, den Gruppen vorübergehend andere Räume außerhalb der Weberei zur Verfügung zu stellen, damit sie sich treffen können. Wir gehen aber davon aus, dass der Flügel, in dem die Büroräume und Makerspace untergebracht sind, weiter genutzt werden kann. Und das auf der anderen Seite auch das Kesselhaus und hoffentlich irgendwann der große Saal nutzbar sind. KUPFERSCHMIDT: Sie merken schon: Wir können nicht sagen, dass wir am 1. Februar schon die und die Veranstaltungen haben. Wir kalkulieren da höchst flexibel und im engen Austausch mit der Stadt. Das ist das Gute: Wir wollen das Gleiche. Trotzdem arbeiten wir alle mit dem Plan B und suchen für alle Gruppen Alternativmöglichkeiten. Wie stellen Sie sich den Betrieb 2026 in der Weberei vor? KUPFERSCHMIDT: Am 1. Februar werden wir das Gebäude stürmen und schauen, was neben Küche und Sanitär noch gemacht werden muss. Dann erst auch eine Bauplanung gemacht werden. Es ist gut, dass wir dieses erste Jahr haben, um uns zu sammeln, denn vieles ist noch unwägbar. Konkrete Überlegungen und auch Anfragen sind schon da. Wir wollen beispielsweise die Mukke im Kesselhaus weitermachen. Aber wir haben immer im Hinterkopf: Der Raum könnte noch nicht frei sein. Wir planen daher erstmal mit den Gruppen, die zurzeit dort sind. Wir sammeln aber auch Anfragen von Gruppen, die früher in der Weberei waren und aus irgendwelchen Gründen gegangen sind, die uns aber signalisiert haben, wiederkommen zu wollen. Lesen Sie auch: Nach Mietvertrag-Kündigung: In der Gütersloher Weberei geht es trotzdem weiter NIEMANN-HOLLATZ: Und das alles in Zusammenarbeit mit dem städtischen Fachbereich Kultur, denn die Stadt ist Eigentümerin des Gebäudes. Der Fachbereich wird auch die Vermietungen übernehmen, nicht wir. Der Fachbereich Kultur übernimmt also die Betreiberfunktion? KUPFERSCHMIDT: Nein, eher die Vermieterfunktion. Wenn es zum Beispiel gilt, Veranstaltungen zu managen oder wieder abzuschließen, liegt die Verantwortung bei den Organisatoren und bei uns. Das geht insgesamt sehr Hand in Hand. Der Fachbereich Kultur hat gezeigt, dass er improvisieren kann. Die haben viel mit der freien Szene zu tun, die wissen, was Chaos ist. Das wissen wir auch, und wir sind auch, glaube ich, in der Lage, dieses Chaos in den Griff zu bekommen. Welche Rolle spielt die Gastronomie in Ihren Überlegungen? NIEMANN-HOLLATZ: Gastronomie und Kulturzentrum muss man unbedingt zusammen denken. Im kommenden Jahr, wenn die Küche geschlossen ist, arbeiten wir daran, dass zumindest in der warmen Jahreszeit Gastronomie draußen möglich ist. Wir arbeiten auch daran, dass bei Veranstaltungen wie Mukke zumindest Getränke verkauft werden können. Gibt es auch die Idee, die Gastronomie outzusourcen? NIEMANN-HOLLATZ: Auch das kann man und muss man denken. Dafür gibt es auch gute Beispiele, dass das funktioniert. Aber soweit sind wir noch nicht. KUPFERSCHMIDT: Man muss nur aufpassen, dass die Gastro den Betrieb nicht allzu sehr dominiert, sodass die Leute nicht mehr kommen, weil es zu teuer ist. Aber dass die Gastro zur Querfinanzierung des Betriebs genutzt wird, sollte man nicht ausschließen. Sie setzen zunächst auf ehrenamtliche Arbeit. Haben Sie sich auch Gedanken über ein künftiges Betreibermodell gemacht? Eine Genossenschaft vielleicht? NIEMANN-HOLLATZ: Das wird sich entwickeln. Wir haben sehr aktive Mitglieder, die Diskussionen darüber laufen schon. KUPFERSCHMIDT: Wenn wir jetzt zu viele Ideen verraten, schränkt das schon wieder ein. Was man schon sagen kann, ist, dass der Förderverein zum jetzigen Zeitpunkt ein Förderverein bleiben und nicht als Betreiber agieren will. Ungeachtet dessen, wie eine zukünftige Trägerschaft aussieht, hat der Förderverein trotzdem seine Berechtigung als Unterstützer. Jetzt ist es unsere Aufgabe, das Ding mit Stützrädern auf die Bahn zu bringen. Die Weberei ist ein soziokulturelles Zentrum. Für viele klingt das sehr nach 70er-Jahre. Ist Soziokultur noch zeitgemäß? NIEMANN-HOLLATZ: Wir verwenden den Begriff Soziokultur gar nicht mehr, weil er wirklich schon angestaubt ist, und manche Menschen wissen gar nicht, was darunter zu verstehen ist. In unseren Zielen steht, dass die Weberei ein zentraler Ort für Kultur, Gemeinschaft und Demokratieförderung sein soll. Und das ist das Wichtigste: Dass wir ein vielfältiges, buntes Kulturzentrum schaffen, wo vieles möglich ist, wo sich viele Menschen treffen und aktiv werden können. Und das möglichst niedrigschwellig. Die Weberei wird dabei immer auf Fördergelder angewiesen sein, auch auf Unterstützung durch die Stadt. Lesen Sie auch: Gütersloher Weberei-Chef rechnet ab – warum die Kündigung unumgänglich war KUPFERSCHMIDT: Die Weberei soll kein Konsumtempel werden, sondern für alle erschwinglich sein. Das gilt für das gastronomische Angebot ebenso wie für das kulturelle. Es soll nicht nur Mainstream sein, es darf aber auch Mainstream sein. Bertelsmann hat hier sein Sommerfest gefeiert. Warum nicht wieder? Bertelsmann gehört ebenso zur Stadtgesellschaft wie Punks, die ein Punk-Konzert veranstalten wollen. Es geht nicht darum, eine goldene Nase zu verdienen, sondern darum, dass der Laden funktioniert und sich so gut wie möglich trägt. Bürgermeister Matthias Trepper hat sich sehr deutlich zur Weberei bekannt. Bahnt sich da womöglich ein neues Friedensverhältnis zwischen Weberei und Stadt an? NIEMANN-HOLLATZ: Über dieses Bekenntnis waren wir sehr froh. Es gibt viele gute Gespräche mit der Stadt. KUPFERSCHMIDT: Da ist viel mehr als Frieden. Das ist sehr konstruktiv, mit guten Ideen, aus verschiedenen Blickwinkeln in die gleiche Richtung und mit verschiedenen Möglichkeiten. Diese Kombination ist sensationell. Als Verein, als Zivilgesellschaft können wir ganz andere Dinge machen als ein städtischer Fachbereich Kultur. Der kann wiederum Dinge, die wir nicht können. Und wer weiß, wie lange wir die Stadtgesellschaft in ehrenamtlicher Funktion mit integrieren können? Ich kann mir vorstellen, dass das gesund ist, wenn wir das machen. Das ist eine Frage der Strukturierung. Und auch eine kulturelle Frage: Wie gehen wir mit unserer Weberei um? Wenn wir nicht aufpassen, ist die Weberei futsch. NIEMANN-HOLLATZ: Das ist das, was uns antreibt. Es ist noch zu früh zu sagen, wie wir die Weberei wirtschaftlich betreiben können. Unser Ziel ist es zunächst, dass die Weberei nicht zu macht und dass sie auch im Jahr der Sanierung genutzt wird. Denn wenn man nach einem Stillstand neu startet, ist das viel schwieriger, als zu versuchen, den Betrieb aufrechtzuerhalten. Wie die Weberei auf Dauer funktionieren kann, wird sich zeigen.

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